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Plastik vermeiden, nicht verdammen

Aktion Die Stadt Kirchheim ruft gemeinsam mit vielen Mitveranstaltern zum Plastikfasten auf. Es geht dabei um einen bewussten Umgang mit dem langlebigen Material – auch um häufiges Wiederverwenden. Von Andreas Volz

Auch in Metzgereien kann mit eigenen Behältern Plastikmüll vermieden werden. Fotos: Carsten Riedl
Auch in Metzgereien kann mit eigenen Behältern Plastikmüll vermieden werden. Fotos: Carsten Riedl
Viel Plastik kann im Alltag eingespart werden.
Viel Plastik kann im Alltag eingespart werden.

In der traditionellen Fastenzeit ruft die Stadt Kirchheim - gemeinsam mit verschiedenen Vereinen, Verbänden und sons­tigen Organisationen - zum „Plastikfasten“ auf. Nicht dass Plas­tik ein Genussmittel mit Suchtgefahr wäre. Aber es lohnt sich, durch bewussten Verzicht alte Gewohnheiten zu hinterfragen. Bei einem Rundgang durch die Stadt kommt Kirchheims Klimaschutzmanagerin Dr. Beate Arman mit Händlern aus unterschiedlichen Branchen ins Gespräch, die alle eines gemeinsam haben: Sie versuchen, den Plastikverbrauch so gering wie möglich zu halten. An allen Stationen zeigt sich aber, dass Plastik manchmal auch Vorteile hat.

Wichtig ist es vor allem, von der Einmalnutzung wegzukommen. Das Problem am Plastik ist, dass es sich um ein sehr langlebiges Material handelt, das in der Natur nicht abgebaut wird. Man muss es deswegen aber nicht komplett verteufeln. „Bei hundertfacher Verwendung ist nicht viel dagegen einzuwenden“, sagt Beate Arman.

In der Schale kann Obst und Gemüse auch ohne Plastiktüte zu den Kunden und in deren eigene Taschen gelangen. Fotos: Carsten Ried
In der Schale kann Obst und Gemüse auch ohne Plastiktüte zu den Kunden und in deren eigene Taschen gelangen. Fotos: Carsten Riedl

Einer der Vorteile von Plastik ist der Preis, wie Alexander Mauz berichtet, Fischhändler auf dem Kirchheimer Wochenmarkt: „Die Plastiktüte kostet einen halben Cent, das Stück Papier zwei Cent. Die Kosten für das Verpackungsmaterial vervierfachen sich also, wenn wir umsteigen.“ Trotzdem verpackt er immer mehr Fisch in Papier - ohne die Mehrkosten an die Kundschaft weiterzugeben. Nicht in jedem Fall bietet es sich bei seiner Ware an, auf Plastik zu verzichten. Manche Kunden bringen deshalb eigene Gefäße mit. Aus Hygienegründen darf er die aber nicht direkt auf seine Waage stellen. Er muss ein Tablett und Küchenpapier verwenden.

Am Obst- und Gemüsestand ist manches einfacher: Schon lange setzt der Händler Werner Bäder auf Papier- statt auf Plastiktüten. Außerdem zeigt sich in der Schlange, dass fast alle Kunden ihre eigenen Beutel aus den Taschen oder aus den Körben ziehen. Viele sind das wohl schon seit den Zeiten des legendären Helmut Palmer so gewohnt.

In den Läden ist Plastik ebenso ein Thema: „Schon vor 20 Jahren hatten wir bei Scholderbeck Stofftaschen“, erzählt Susanne Binder in der Markststraße. Inzwischen gibt es auch fürs geschnittene Brot Verpackungen aus Papier statt Plastiktüten. „Bei den Trinkhalmen haben wir auf stärkehaltige umgestellt, und viele Kunden wollen gleich gar keine.“ Durch die

Einführung des Becherpfandsystems „Recup“ sollen bei Scholderbeck künftig insgesamt 35 000 Pappbecher pro Jahr eingespart werden.

Auch Papier ist problematisch

„Papier ist zwar leichter zu entsorgen als Plastik“, wirft Beate Arman zwischendurch ein, „aber bei der Herstellung ist es problematischer.“ Deswegen wird in der Bäckerei möglichst auch auf Papiertüten verzichtet: Wer die Brezel oder den belegten Wecken gleich essen möchte, kriegt die Ware auch ohne Tüte über die Theke gereicht. Manche Kunden bringen ihre alten Tüten wieder mit, um sie erneut zu verwenden.

Ähnlich sieht es beim Metzger aus, wie Beate Hepperle in der Dreikönigstraße berichtet: „Viele Kunden, die sich bei uns ihr Mittagessen holen, bringen eigene Behältnisse mit.“ Beim „normalen“ Einkaufen seien es noch nicht ganz so viele, die mit eigenen Schüsseln anrücken. Generell richtet sie sich nach den Wünschen der Kunden: „Der eine möchte gleich drei Tüten, der andere gar keine.“ In Bälde will Beate Hepperle wiederverwendbare Behältnisse für den Mittagstisch anbieten - aber eher nicht im Pfandsystem, sondern zum Verkauf. Die Investition macht sich für die Kunden rasch bezahlt, wie ein Schild auf der Theke verkündet: „Eigene Behälter mitbringen und € 0,40 pro Essen sparen“, steht dort.

Im „Knack-Punkt“ in der Dettinger Straße zeigt Daniela Rosenwirth, „was wir schon seit 28 Jahren für die Umwelt machen“. Der Verzicht auf unnötige Verpackungen habe in dieser Zeit geholfen, 32 Tonnen Müll einzusparen. Bei ätherischen Ölen oder Reinigungsmitteln sei Plastik mitunter zu empfehlen: Wenn etwas ausläuft, bringt Papier nicht viel. Von Duschmittel in der Glasflasche rät Daniela Rosenwirth ebenfalls ab: „Wenn das runterfällt, steht man barfuß in den Scherben. Außerdem ist Glas sehr teuer und aufwendig in der Herstellung.“ Damit sich Glas rechne, brauche man 500 Nachfüllungen. Bei Plastik reicht 20-faches Wiederbenutzen. Auch das gilt es zu bedenken - beim bewussten Verzicht ebenso wie beim bewussten Konsum.

Veranstaltungshinweise gibt es im Internet unter www.kirchheim-teck.de/aktion-plastikfasten