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Politik darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden

Ausstellung In der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule eröffnete der Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold eine Wanderausstellung des Deutschen Bundestags. Von Andrea Barner

Politik darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden
Politik darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden

Eine sonntägliche Festrede über Grundwerte und Demokratie? Normalerweise trösten da höchstens Sekt und Schnittchen. Eine langweilige Geschichte? Nein, nicht wenn der Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold (SPD) ein starkes Plädoyer für die Demokratie, für politisches Bewusstsein und Verantwortung der Bürger dieses Staates hält.

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Wenn Kirchheimer Schüler noch nicht wissen, dass dieser Satz in Artikel 20 des Grundgesetzes steht und was er bedeutet, dann sind sie nach Besuch der Ausstellung in der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule in Kirchheim schlauer. Auf 21 Schautafeln erfahren sie das Wichtigste über den Bundestag, die Parlamentarier, die Gesetzgebungsmaschinerie und Europa. Viel Text zum Lesen zwar, aber an einem Computerterminal und einem großen Multimedia-Tisch gibt es zusätzlich auch Filmdokumentationen zum Anschauen.

„Wir hoffen natürlich auf möglichst viele Besucher“, sagt Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer zur Begrüßung. Die Aussichten sind gut, schon vor Beginn der Ausstellung haben sich 22  Kirchheimer Schulklassen für eine Führung angemeldet. Die fachkundige Leitung übernimmt im Auftrag der Bundesregierung Martin Bayer, Publizist und Kurator aus Berlin.

Neben Bayer wird der prominente Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold die Ausstellung persönlich begleiten. „Natürlich habe ich auch noch andere Termine, aber die Zeit habe ich extra eingeplant.“ Dabei will er hier keine „Institutionenkunde“ betreiben, sondern mit den Besuchern über politische Prozesse und Meinungen ins Gespräch kommen. Arnold hat vor, so oft wie möglich bei der Ausstellung zu sein und sich „ausquetschen“ zu lassen. Älteren Schülern gibt der studierte Pädagoge gerne Folgendes mit auf den Weg: „Wenn ihr die Welt und die Gesellschaft nicht versteht, dann nützt euch auch eine Eins in Betriebswirtschaftslehre nichts, dann kommt ihr beruflich nicht wirklich voran.“ Nachrichten anschauen und Zeitung lesen helfen da fürs Erste schon weiter. Trotzdem hat er festgestellt, dass sich viel zu wenige junge Leute für Politik interessieren. „Natürlich braucht man da auch Lehrer, die das Interesse wecken können, die zum Beispiel Aufsätze zum gesellschaftlichen Thema machen oder Nachrichten im Unterricht thematisieren.“ Ob es dafür allerdings noch Freiräume gibt im straffen Lehrplan, bleibt dahingestellt.

Überhaupt scheint für Rainer Arnold die Welt ein wenig aus den Fugen zu geraten. „Nicht mehr das Gespenst des Marxismus treibt uns um, sondern vielmehr das rechte Gedankengut.“ Aus Rassismus und Nationalismus ist noch nie etwas Gutes geworden, sagt der SPD-Politiker. Und bemängelt gleichzeitig fehlende Transparenz: „In einer Demokratie darf Politik nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden“. Er befürchtet außerdem, dass manche Medien zunehmend unseriös berichten, zum Beispiel aus Effekthascherei. Auch das führt nach Ansicht des Abgeordneten zu Politikverdrossenheit.

Die Argumente von „Wutbürgern“ dürfen aus Arnolds Sicht nicht hoffähig werden. Wohin das führen kann, haben der britische Ex-Premier David Cameron („Brexit“) und der amerikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump gezeigt. Und der SPD-Mann findet: „auch Horst Seehofer von der CSU sollte diesen Mechanismus stärker reflektieren.“

In den Städten und Gemeinden funktioniert Demokratie vermutlich am besten, vermutet Rainer Arnold. Aber „es darf nicht sein, dass in den Rathäusern immer mehr nicht öffentlich vorbereitet wird. Die Bürger müssen von Anfang an in Überlegungen einbezogen werden, nicht erst, wenn alles schon entschieden ist.“ Die große Politik muss auch den materiellen Rahmen schaffen, damit demokratische Prozesse weiterhin stattfinden können. „Dieses Land ist viel zu wichtig, als dass wir es den Politikern alleine überlassen können“. Politische Bildung ist auch Aufgabe der Parteien. Deshalb freut sich Arnold auf viele anregende Gespräche, die er im Rahmen der Wanderausstellung in dieser Woche führen und auf viele Fragen, die er den Besuchern beantworten kann.

Der Bundestag steht im Fokus einer Ausstellung in der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule.Foto: Deutscher Bundestag/Thomas Trutsch
Der Bundestag steht im Fokus einer Ausstellung in der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule.Foto: Deutscher Bundestag/Thomas Trutschel

Die Ausstellung

Wann und wo? Bis einschließlich Freitag, 28. Oktober, ist die Wanderausstellung des Bundestags in der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule in Kirchheim zu besichtigen. Sie ist während der normalen Schulzeit für jedermann geöffnet.

Was? Auf 21 Schautafeln werden die wichtigsten Informationen über Parlament, Ausschüsse, Gesetzgebungsverfahren und weitere politische Zusammenhänge vermittelt. Es gibt auch Filme und Broschüren.

Wie und warum? Für Fragen stehen ständig zwei Mitarbeiter des Bundestags zur Verfügung. Auch der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold wird häufig vor Ort sein. Dank seiner Initiative ist die Ausstellung nach Kirchheim gekommen.