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„Probier’s mal mit Gerechtigkeit“

Kabarett Ob sturer Anrufbeantworter oder merkwürdige Rituale: „Pfaffenpfeffer“ bietet in Ötlingen eine Sammlung von kirchlichen Katastrophen. Von Peter Dietrich

„Hätte ich doch bloß nicht angerufen.“ - Das denkt sich wohl der Heiratswillige, der mit einem ziemlich sturen Anrufbeantworter
„Hätte ich doch bloß nicht angerufen.“ - Das denkt sich wohl der Heiratswillige, der mit einem ziemlich sturen Anrufbeantworter des evangelischen Pfarramts zu kämpfen hat.Foto: Peter Dietrich

Bitte drücken Sie die Eins.“ Wer kennt und hasst sie nicht, diese computerisierten Anrufbeantworter. Das Exemplar vom evangelischen Pfarramt Ahausen, gespielt von Carola Kittel, war besonders penetrant. Es brachte den Heiratswilligen in der Leitung, gespielt von Walter Scheck, völlig zum Verzweifeln. Er gab den Namen der Liebsten durch, doch der Computer kannte diesen Namen nicht. Klar, die Liebste war ja auch katholisch. „Bitte überlegen Sie sich Ihre Partnerwahl noch einmal. An unverheirateten evangelischen Personen in Ihrem Alter kommen infrage . . .“ Die Namen, die der Computer dann nacheinander verkündete, brachten den entsetzten Heiratskandidaten zum Jammern.

Ähnlich schräg war die Nummer mit „Ritualdesignerin Friz“, die das Kirchenkabarett-Team „Pfaffenpfeffer“ im evangelischen Gemeindehaus in Ötlingen zum Besten gab. Statt Taufe in der Kirche eine Feier auf der Weilheimer Streuobstwiese? Und das im Februar? Zum Abschiedsritual von der Schwangerschaft ein Schiffchen in den Bach lassen und ein Stück Nabelschnur reinlegen? Oder eine Frozen-Egg-Party feiern? Der Knüller kam am Schluss, als die Darstellerin erklärte: „Sie mögen meine Fantasie bewundern. Aber es war nichts erfunden.“

Die Nummern des Kabarettprogramms hat Carola Kittel erfunden - beziehungsweise bei den Solonummern die einzelnen Darsteller. Manches stammte auch vom legendären „Weißblauen Beffchen“, dem kirchlich-bayerischen Pfarrkabarett. Der köstliche „Bittgang“, bei dem die gesamte Gruppe den Oberkirchenrat inständig bittet, nach sieben Jahren endlich von Pfarrer Übel befreit zu werden, ist eine bayerische Nummer von 2001. Auch das Lied „Pfarrer“ zur Melodie „Männer“ von Herbert Grönemeyer hat seinen Ursprung dort. Klaus Steiner-Hilsenbeck stellte bei diesem Song im guten Sologesang so wichtige Fragen wie „Wann ist ein Mensch ein Pfaff?“ und bekam dafür viel Applaus.

„Pfaffenpfeffer“ besteht aus Pfarrern aus dem Kirchenbezirk Göppingen, Gründer ist Dietmar Scheytt-Stövhase. Anfangs trat das Ensemble nur einmal jährlich auf, jetzt sind es etwa acht Auftritte im Jahr - die Nachfrage ist größer als die Kapazität. Da die Pfarrer, teils sind sie schon im Ruhestand, ihr finanzielles Auskommen haben, begnügen sie sich mit einem ganz bescheidenen Honorar. So blieb der Inhalt des Eimers am Ausgang fast vollständig für die Kirchheimer Vesperkirche, zu deren Kulturprogramm die Veranstaltung gehörte.

Zum Ensemble gehörte früher auch der ehemalige Göppinger Dekan Dieter Kunz. Er hat für die Gruppe schöne Medleys geschrieben. Da wird aus dem Dschungelbuch-Hit ein „Probier‘s mal mit Gerechtigkeit“. Oder es stellt bei der Eisenbahn-Romantik-Titelmelodie „Sentimental Journey“ der Oberkirchenrat die richtigen Weichen, und da wird fröhlich geträllert: „Am Sonntag sollen alle in die Kirche gehen, ja das wär wunderschön, der Heilige Geist soll weh‘n . . .“. Alles gekonnt begleitet von Mathis Hilsenbeck, Tübinger Student der Kirchenmusik.

Sushi oder Schnitzel?

Sehr halsstarrig verlief die Kirchengemeinderatssitzung, die das Ensemble spielte, da halfen auch Klangschale und Losung zu Beginn nicht. So ein Gemeindefest, das etwas ganz Besonderes sein und doch nichts kosten soll, will eben gut vorbereitet sein, und auch „Aspik“ soll zu seinem Recht kommen, der neue „Ausschuss für Schmuck und Pflanzen in der Kirche“. Dazu muss geklärt werden: Flötenkreis oder Streichquartett? Sushi oder Schnitzel? Und ist die hohe Kultur der Essensmärkchen noch vor der modernen Registrierkasse zu retten?

Dietmar Scheytt-Stövhase, der vor zwei Jahren schon einmal als Solist in Ötlingen war, gab den Besuchern in seinem Solo eine praktische Einführung in die Macht der Gedanken. „Man muss sich Weihnachten nur vorstellen, dann ist Weihnachten.“ Es funktionierte - wenig später sangen alle gemeinsam „O du fröhliche“.