Was unterscheidet meinen Hund (Rüde) von dem einen oder anderen m ä n n l i c h e n Jugendlichen?
Nichts!
Zu dieser Erkenntnis kommt jeder unweigerlich, der offenen Auges durch Kirchheim geht: Markierungen aller Orten. Während das kleine, charmante, aber größenwahnsinnige Mitbringsel aus Sardinien quasi jeden Baum, Laternenmast oder jedwede anderweitig im Weg stehende Erhöhung mit seinem – aus seiner Sicht – unwiderstehlichen Duft markiert, sind seine menschlichen Artgenossen gleichermaßen unterwegs. Statt ein Bein zu lüpfen, um zu urinieren, greifen sie – zugegebenermaßen – zu einem geruchlich neutraleren Mittel: in den Rucksack. Dort befinden sich Sprühdosen, wahlweise mit dem Inhalt grün, blau, rot oder sonst welcher Farbe – jedoch äußerst selten Barbie-Pink. Und dann wird markiert, was das Zeug hält. Übrigens zu 90 Prozent genauso fantasielos wie es das sardische Pseudo-Monster auf vier Beinen tagtäglich unzählige Male praktiziert. Auf Brücken, Hauswänden oder anderen flächigen Gelegenheiten – dank sommerlich heißer Temperaturen, die den Wasserstand in der Lauter sinken lassen und die Beinkühlung befördern – lese ich jetzt auch noch auf der fluss-seitigen Seite der Tanzschule in großen Lettern pure Poesie, kondensiert in drei Buchstaben: BGP.
Wow! Da verschlägt es mir aus lauter Ehrfurcht echt die Sprache. Aber als Hundebesitzerin verstehe ich glasklar die Botschaft: „H A L L O, I C H W A R A U C H D A ! ! ! ! ! ! !“
IRIS HÄFNER
FOTO: JEAN-LUC JACQUES