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Reisen mit Interesse für die Menschen

Neuerscheinung Die Kirchheimerin Iris Lemanczyk hat ein neues Reiseabenteuer in Worte gefasst und nimmt ihre Leser mit ins ferne Georgien. Von Irene Strifler

Reiselustige Menschen haben es gerade nicht leicht: Die Grenzen geschlossen, der Radius eingeschränkt, Planungen offen. Gegen Fernweh hilft kein Reiseführer. Zumindest kein herkömmlicher. Die Autorin Iris Lemanczyk hat jedoch einen Band herausgebracht, der sich nicht mit Barockkirchen und historischen Zahlen befasst, sondern die Menschen in den Mittelpunkt stellt und ein Gefühl fürs Land vermittelt. Diesmal hat es die gebürtige Kirchheimerin an die Schnittstelle zwischen Europa und Asien verschlagen, nach Georgien.

Die Autorin hat sich schon immer für fremde Länder interessiert und nach dem Abitur Geographie in Tübingen studiert. Später wurde sie zunächst Journalistin. Mit berufsspezifischer Neugier erforscht sie immer neue Länder und fasst ihre Eindrücke in Worte. So, dass sich auch Außenstehende in die unbekannten Welten versetzt sehen.

„Ich schreibe immer seitenweise Reisetagebuch“, berichtet Lemanczyk, dass sie ihre ersten Eindrücke noch vor Ort festhält. Doch das reicht meistens nicht aus. Nach Georgien hat sie eine Lesereise auf Einladung der Deutschen Botschaft im Dienste des Goethe-Instituts geführt. „Viel wusste ich da wirklich noch nicht über Georgien“, räumt sie ein. Doch es gab ein Schlüsselerlebnis: Ein Foto von einer Felswand mit vielen Löchern, die wie Augen auf die Betrachterin starrten. Dieses Foto hatte es ihr schon vor mehr als einem Dutzend Jahren angetan. Es zeigte die Höhlenstadt Vardzia im Kleinen Kaukasus im Süden Georgiens. Von diesem Eindruck leitet sich auch der Titel des Buches ab: „Wo die Felsen Augen haben.“

Natürlich hat Iris Lemanczyk die Höhlenstadt besucht. „Vardzia ist so phänomenal, dass alle irdischen Bedürfnisse verfliegen“, beschreibt sie ihre „Eroberung“ der Stadt über schmale, steile Treppen entlang wackeliger Geländer, beseelt vom Blick auf die archaische Landschaft. Schweiß, Hunger, Durst - alles vergessen.

Die Kirchheimerin hat Georgien zweimal besucht. Einmal im Zusammenhang mit der Lesereise, die in der Hauptstadt Tiflis ihren Schwerpunkt hatte. Damals wurde sie von einer Freundin begleitet. Kurz darauf fuhr sie noch einmal alleine hin, nicht zuletzt, um gezielt zu recherchieren. Im Buch verschmelzen beide Reisen. Das ist ja kein Reiseführer, sondern eine Sammlung persönlicher Eindrücke und Anekdoten.

Ins Land ihrer Träume nimmt sie den Leser von Anfang an mit. Da geht es gleich los mit der Ankunft der beiden Freundinnen in der Millionenmetropole Tiflis. Sicherheitshalber hatten sie für die erste Nacht vorab ein Hotel gebucht. Nach kurzer Sucherei am Flughafen ist Gastgeber „Giorgi“ gefunden. Er bringt die totmüden Deutschen in sein Hotel und dort in ihr Zimmer, das so gar nichts mit dem im Internet gebuchten zu tun zu haben scheint und außerdem nach frischer Holzlasur stinkt. Irgendwie überstehen sie die Nacht und machen sich am Morgen auf die Suche nach ihrem ersten georgischen Frühstück: Schafskäse, Wurst, Honig, Gebäck, Eier, Bratkartoffeln, Würstchen, Gurken, Tomaten - ein wahrer Traum. Giorgi ist nicht da. Und als sich die beiden verabschieden wollen, stellt sich heraus, dass sie im völlig falschen Haus gelandet sind. Der geschäftstüchtige Giorgi hatte nur zu gern die falschen Gäste in sein freies Zimmer geleitet.

Wie das so ist auf Reisen in fremden Ländern, werden die Reisenden immer gewitzter, auch ohne Sprachkenntnisse. Mitunter fordern die beiden das Schicksal geradezu heraus, müssen sie doch wirklich alles ausprobieren. Das gilt für die Seifenbürstenmassage in einem der vielen warmen Schwefelbäder in Tiflis, wo es jämmerlich nach faulen Eiern riecht. Das gilt aber auch für den Genuss selbstgemachten Weines bei Irakli in Sighnaghi mitten in der Weinregion Kachetien. Schließlich gilt Georgien als eines der Ursprungsländer des Weinbaus, dessen Tradition dort über 7000 Jahre zurückreicht. Auf den Wein, den Iris Lemanczyk als „gewöhnungsbedürftig“ beschreibt, macht das Bändchen nicht unbedingt Lust. Auf Georgien sehr wohl.

 

Fremdes Georgien: Wo die Felsen Augen haben heißt der kleine Band von Iris Lemanczyk, der 2020 im Mana-Verlag erschienen ist. Die ISBN lautet: 978-3-95503-197-8.