Wenn Sybille Ritzkowsky, Bauleiterin für den Ober- und Gleisbau der etwa 60 Kilometer langen ICE-Neubaustrecke von Wendligen nach Ulm, am Ende des Albvorlandtunnels auf einbetonierten Schienen steht und zufrieden in Richtung montierter Oberleitungen blickt, ist ihr Werk nahezu vollendet. Dann haben ihre Kollegen ganze Arbeit geleistet, und der Weg für den ersten ICE auf der Schnellbahnstrecke Stuttgart-Ulm ist um ein großes Stück vorangekommen.
„Wir machen dort weiter, wo die anderen aufgehört haben“, erklärte sie dem Dettinger Gemeinderat. Ihr Besuch war nötig geworden, weil es einen Vertrag zwischen der Schlossberggemeinde und der „Arge BSA“ wegen der Freiwilligen Feuerwehr bedarf. „Arge BSA“ ist die Abkürzung für die Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Firmen Rhomberg Bahntechnik und Swietelsky Baugesellschaft, die ihren vorübergehenden Sitz in Containern zwischen den Autobahnausfahrten Merklingen und Hohenstadt hat.
„Der rund acht Kilometer lange Albvorlandtunnel ist der letzte große Abschnitt. Derzeit bewegen wir uns langsam auf Dettingen zu. Nicht nur logistisch ist die Arbeit relativ anspruchsvoll“, sagte Sybille Ritzkowsky. Das Gleis wird einbetoniert. Millimeterarbeit muss dabei geleistet werden, denn die Schienen müssen am Ende akkurat sitzen. „Das hat den Vorteil: Das Gleis bleibt, wo es ist. Es bedarf keiner Gleisbettarbeiten mehr“, nannte sie den Vorteil dieser Bauweise. Außerdem erhält das lange Bauwerk beispielsweise Elektrotechnik, Ortungsanlagen und weitere technische Ausrüstung. „Wir werden in Dettingen nicht großflächig aufschlagen – das ist zumindest der Plan. Wenn alles gut geht, nehmen Sie uns nicht wahr“, ist die Bauleiterin optimistisch.
Überrascht wurde sie dagegen von der Tatsache, dass die „Arge BSA“ einen Vertrag mit der Freiwilligen Feuerwehr Dettingen abschließen muss. „Das ist eigentlich nicht mein Problem“, dachte sie, wurde aber eines Besseren belehrt. „Das ist unser elfter Tunnel, und bei keinem war das der Fall. Hier brauchen wir jedoch die schriftliche Vereinbarung“, brachte sie ihr Anliegen vor. Die Deutsche Bahn und die Kommunen hätten diese Vorgehensweise beschlossen, weshalb die „Arge BSA“ nicht der eigentliche Verhandlungspartner sei. „Wir leiten den Vertrag an die Bahn weiter“, sagte sie. Bislang unterhält die derzeitige Tunnelbaufirma Implenia eine Tunnelwehr, weshalb die Dettinger Wehr nicht in Verantwortung war.
Dies ändert sich jedoch schlagartig ab dem Moment, an dem der erste Zug durch den Tunnel rast. Kraft Gesetz sind die angrenzenden Freiwilligen Feuerwehren dann im Katastrophenfall zuständig. Die Wehren aus Dettingen und Kirchheim rücken dann vom Ostportal bei der Bohnau in Richtung Unglücksstelle vor, vom Westportal die Wehren Wendlingen und Köngen. Ist die Große Wendlinger Kurve realisiert, ist außerdem auch die Feuerwehr aus Oberboihingen mit von der Partie.
„Die acht Kilometer Tunnel sind eine spannende Sache“, sagte Dettingens Kommandant Jürgen Holder. Bereits drei Kameraden von den Stoßtrupps für das Ostportal haben sich in der Schweiz speziell für einen Einsatz in der Röhre ausgebildet. Sie geben als Multiplikatoren ihr Wissen weiter. „In der Schweiz haben sie verschiedene Tunnel, in denen Züge drin sind, um sämtliche Szenarien durchspielen zu können“, erläuterte Jürgen Holder. Sechs ausgebildete Kräfte muss die Dettinger Wehr stellen. „Das heißt: eine Stunde mit Atemschutz eineinhalb Kilometer rein und wieder raus – oder mehr“, verdeutlichte der Kommandant die Herausforderung im Notfall und fügte hinzu: „In einem ICE können bis zu 1000 Passagiere sein.“ Der Vertrag mit der „Arge BSA“ beginnt Ende Januar und hat eine Laufzeit von etwa einem Jahr.