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„Saladin“ darf auch betatscht werden

Haushalt Zusammensitzen mit den Nachbarinnen, Rezepte austauschen, Einkaufen – die Tupperparty ist ein Erfolgsmodell, auch oder gerade im 21. Jahrhundert. Von Irene Strifler

Tupperparty, Tupper, Tupperware
Fotos: Markus Brändli
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Sie heißen Saladin, Maximilian oder Adretto und sind die Stars auf jeder Party. Meist bereichern sie reine Frauenrunden. Betatschen ist erlaubt, offenherzig tauschen die Damen Erfahrungen aus. Ihre Partner quält keine Eifersucht, sie wissen längst Bescheid: Hier wird eine Tupper-Party gefeiert.

Die Tupper-Party als Mädels- abend. Das ist das Geheimnis, weswegen Tupper auch in Zeiten von Internet mit dem Vertriebssystem im Privathaushalt erfolgreich ist. Gefeiert wird hier eine Art moderne Stadtteilparty. Die Gäste, durchweg weiblich, wohnen maximal 300 Meter entfernt, einige kommen mit Hausschuhen. Als sie eintreffen, duftet es im ganzen Haus verführerisch. Kein Wunder: Tupper-Beraterin Martina Steigenwalder aus Bezgenriet ist ein echter Profi. Schon zu Hause hat sie einen Brotteig vorbereitet, der gleich in den Backofen der Gastgeberin gewandert ist, natürlich in einer original Tupper-Backform. Der passende Kräuterquark zum frischen Brot entsteht auf dem Tisch vor den Augen aller, natürlich auch in original Utensilien. Die Gäste gönnen sich nicht nur ein Gläschen Weißwein, sie laben sich auch.

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Einige von ihnen haben ausgediente Exemplare vergangener Tupper-Generationen. Denn mit Nachhaltigkeit wirbt die Firma, die auf Plastik setzt und damit eigentlich nicht auf einen Werkstoff, der heutzutage als besonders sexy gilt. Doch der Trend der Zeit ist längst erkannt: „Alles wird bei uns recycelt“, erläutert Martina Steigenwalder. Bei Schüsseln zur Aufbewahrung preist sie vor allem den Aspekt an, dass Verpackungsmaterial gespart wird. Die Runde stimmt zu und argumentiert umweltbewusst: Mehrere gehen mit den robusten bunten Gefäßen direkt zum Metzger ihres Vertrauens zum Einkaufen.

Überhaupt funktioniert der Austausch bestens: Haushaltstipps machen die Runde, „frau“ ist sich einig. Was die Freundinnen empfehlen, wird ernst genommen. Tricks werden ausprobiert. Ganz so wie vor fast 70 Jahren, als Brownie Wise in Amerika die Tupperparty erfand. Ihr Gedanke gilt noch immer: Nutzen und Gebrauch der Plastikprodukte werden vor Ort präsentiert. Seinerzeit war es der „Tupper-Burp“, das rülpsende Schließgeräusch der Weltneuheit auf dem Schüsselmarkt, das für Furore sorgte. Auch heute sind die Gespräche am Tisch ausgesprochen informativ und ziemlich ehrlich. „Also diese Schüssel steht bei mit seit Jahren nur im Schrank rum“, meint beispielsweise eine, worauf die Runde prompt den Kauf verwirft. „Bei mir ist beim Messbecher im Laufe der Jahre die Skala abgegangen“, klagt eine andere. Das ist der Moment, in dem sich die Tupperberaterin einklinkt: „Umtausch!“ ruft Martina Steigenwalder. So werden auch die recht gesalzenen Preise ohne Diskussion hingenommen. Was will man schon sagen, wenn man selbst 15 Jahre alte Küchenhelfer anstandslos ersetzt bekommt?

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Der Umtausch geht unauffällig über die Bühne: Die Beraterin kassiert das schadhafte Teil. Wenn sie die Ware liefert, wird das neue Exemplar dabei sein. Denn nicht nur im Leben, sondern speziell bei Tupperpartys sieht man sich immer zweimal: Die Ware wird bestellt und dann zur Gastgeberin gebracht. Die hat dann gleich jede Menge Gründe, ihr Gäste wiederzutreffen. Früher war es auch an ihr, zuvor die Summen einzusammeln. Das hat sich heute dramatisch geändert, denn Tupper muss mit der Zeit gehen: Am Schluss der Bestellrunde ziehen die Kundinnen ihre Kreditkarte aus der Hosentasche und zahlen auf der Stelle bargeldlos. Über Geld wir an diesem Abend ja ohnehin nicht gesprochen.