Wenn es um die Bienen und ihre vielseitigen Produkte geht, ist Nicole Franke aus Notzingen nicht mehr zu bremsen. Regelrecht ins Schwärmen kommt sie, wenn sie von Gelee Royale, Propolis, Pollen, Honig, Bienenwachs und vielem mehr spricht. Dabei ist eigentlich ihr Mann Ladislaus schuld, dass sie sich jetzt voll und ganz den eifrigen Insekten verschrieben hat. Der hatte schon in den 90er-Jahren mit seiner Tochter Stephanie mit der Imkerei begonnen, dann aber pausiert. Als die Rente nahte, suchte er nach einer sinnvollen Beschäftigung, um „was für die Natur zu machen“. Gemeinsam hat das Paar das Equipment wieder flottgemacht und im Kirchheimer Bezirksbienenzüchterverein einen Kurs belegt. Rund 270 Kilogramm Honig konnten sie 2018 ernten, 2019 waren es nur 50 Kilogramm. „Das ganze Jahr war verdreht, wir mussten selbst im Sommer zufüttern“, erklärt der Imker. Dabei sah es bei Kollegen in der Nachbarschaft ganz anders aus. Die regionalen Unterschiede waren teilweise enorm, entscheidend war, „wo der Frost hingefallen war“. Der hat nicht nur die Blüten dahingerafft, die Bienen mussten ihren Stock heizen und damit auf Nahrung, sprich Honig, zurückgreifen, anstatt ihn zu produzieren.
Schon lange bevor sich alle Welt Sorgen um die Bienen und ihre Insekten-Kollegen gemacht haben, begann Nicole Franke mit ihrer Ausbildung zur Fachberaterin für Bienenprodukte. Zwei Jahre hat es nach der aufwendigen und zeitintensiven Ausbildung gebraucht, um die Satzung für den Verein auszuarbeiten, deren Vorsitzende sie nun ist. Der bis dahin informelle Zusammenschluss der Fachberaterinnen für Bienenprodukte in Baden-Württemberg hat sich mit der Vereinsgründung eine neue Rechtsform gegeben. „Jetzt ist das Fundament gesetzt, jetzt geht‘s richtig los“, ist sie voller Tatendrang. Bislang wurden 84 Frauen ausgebildet, jede bringt ihren eigenen Wissensfundus mit. Eine Webmasterin, eine Kräuterpädagogin und eine Pathologin sind beispielsweise darunter, ebenso eine Köchin und eine Bäckerin, sowie Frauen, die gerne mit Kindern beziehungsweise Schulklassen arbeiten. Sie landesweit zu koordinieren und auf entsprechende Workshops, Vorträge oder zu Schulklassen zu schicken, ist die Aufgabe von Nicole Franke. Die Ziele sind jedoch weitaus größer gesteckt. Da die Ausbildung nur in Baden-Württemberg angeboten wird, wollen die Frauen auch bundesweit tätig werden und die Verbraucher über die Bedeutung der heimischen Honigbiene und die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten ihrer Produkte informieren. So gibt es etwa den Vortrag „Einfacher Umgang von Bienenprodukten zur Stärkung des Körpers“ oder den Workshop „Bienenprodukte und Kosmetik“ - und natürlich Honigverkostungen.
Die Honigbiene - Apis mellifera - gilt in Europa nach Rind und Schwein als drittwichtigstes Nutztier. In Deutschland produzieren sie fast 20 000 Tonnen Honig pro Jahr und bestäuben nebenbei rund 80 Prozent der Nutz- und Wildpflanzen. „Damit stellen sie einen entscheidenden Faktor in der Lebensmittelproduktion dar und sorgen gleichzeitig für ein intaktes Ökosystem“, so die Fachberaterin. Immer wieder fällt der Name Rosemarie Bort. Sie ist nicht nur Autorin des Buchs „Honig, Pollen, Propolis“ über die sanfte Heilkraft aus dem Bienenstock, sondern auch Heilpraktikerin und Ausbilderin der Fachberaterinnen. Seit 2002 befasst sie sich mit der heilkundlichen Anwendung von Bienenprodukten, der Apitherapie.
Das alte Wissen und neue Erkenntnisse über die Anwendung und den Nutzen der Bienenprodukte wollen die Frauen sammeln, erhalten und weitergeben, insbesondere auch die Heilmethoden. „Früher hat man beispielsweise auf Wunden Honig zur Heilung gegeben. Das und vieles mehr wollen wir den Leuten wieder ins Bewusstsein bringen - und dass sie selber überlegen, was sie anwenden wollen“, sagt die Imkerin.
„Rettet die Bienen heißt eigentlich rettet alle Insekten“, sagt Nicole Franke. Bewusst pflegt ihr Mann seine Wiesenstückle mit kleinem Mähgerät und mäßiger Geschwindigkeit. „Da kann jeder Grashüpfer noch wegspringen, und wenn auf dem Löwenzahn viele Bienen sitzen, höre ich auf“, erzählt er. Wie alle Imker freut sich das Ehepaar über Blühstreifen, die die Landwirte anlegen - erst recht über große Äcker mit Blühpflanzen wie Raps, Sonnenblumen oder Durchwachsene Silphie. Die Bienen sehen die beiden als ihre Mitarbeiterinnen, denen Respekt gebührt. „Von einem Bienenvolk kann man sich viel abschauen: Alles ist perfekt organisiert, jeder hat seine ganz spezielle Aufgabe. Es gibt nie Streit“, bewundert Ladislaus Franke seine Tiere. Einzig, wenn sie den Menschen als den „großen Bär“ sehen, der ihnen den Honig stehlen will, werden sie mitunter wild. „So ein Bienenstich tut verdammt weh“, sagt Nicole Franke, weshalb sie sich im Gegensatz zu ihrem Mann, der die Sache sehr ruhig angeht, verhüllt, wenn sie sich den Völkern nähert. Wie bei den Menschen ist das Temperament unterschiedlich verteilt, es gibt friedliche Stöcke - und weniger friedliebende.
Info Wer mehr über die Arbeit und die Angebote der Fachberaterinnen für Bienenprodukte erfahren will, kann sich an Nicole Franke, Telefon 0 70 21/22 52, E-Mail nilafrano1@web.de, wenden.