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Schluss mit dem Gestank

Die Renaturierung des Schlierbacher Sees ist auf der Zielgeraden – Die Gemeinde nimmt viel Geld in die Hand

Damit sich der Schlierbacher See im Sommer nicht mehr in eine stinkende Brühe verwandelt, hat die Gemeinde ordentlich Geld in die Hand genommen. Die Renaturierung des Gemeindeschmuckstücks geht nun auf die Zielgerade: Die Arbeiten sind beinahe abgeschlossen.

Die Baumaschinen sind abgezogen. Doch bis der See seinen endgültigen Wasserstand erreicht hat, dauert es noch ein bisschen.Foto:
Die Baumaschinen sind abgezogen. Doch bis der See seinen endgültigen Wasserstand erreicht hat, dauert es noch ein bisschen.Foto: Jean-Luc Jacques

Schlierbach. Viel wurde an dem Schlierbacher Markenzeichen in den letzten Jahrzehnten herumoperiert. In den 70er-Jahren wurde der See aufgefüllt und die Wassertiefe auf rund 80 Zentimeter verringert: Grund war eine Kuh, die im See ertrunken war. Die Nebenwirkungen der letzten See-OP waren dann in jedem Sommer spür- und vor allem riechbar: In dem flachen Gewässer vermehrten sich die Algen explosionsartig, und in der Folge begann der See zu stinken.

Rund 750 000 Euro kostet nun die erneute Vertiefung und Renaturierung des Sees. Im Herbst letzten Jahres waren die Bagger angerückt. Die Arbeiten stehen kurz vor dem Abschluss: Der See hat nun an seiner tiefsten Stelle eine Wassertiefe von rund 2,50 Metern und wird seit drei Wochen langsam wieder mit Wasser aufgefüllt. Im und am See sollen viele neue Pflanzen dafür sorgen, dass in dem See zukünftig ein natürliches Gleichgewicht herrscht, um übermäßigen Algenwuchs zu verhindern.

Auch um den See herum tut sich einiges: Aktuell werden der Weg rund um den See und der Fußweg zur Hattenhofer Straße renoviert. Ab Mitte Mai soll am Nordostufer des Sees noch ein in die Wasserfläche herausragendes Holzdeck dazu einladen, die Füße im Wasser baumeln zu lassen. Sitzgelegenheiten rund um den See komplettieren den Neustart. Glück hatte die Gemeinde bei den im Seegrund vermuteten Altlasten, denn bei der Auffüllung in den 70er-Jahren war teerbelastetes Straßenabbruchmaterial verwendet worden. „Tatsächlich konnten wir aber rund 98 Prozent des jetzt angefallenen Aushubs auf unseren Auffüllplatz bringen“, sagte Bürgermeister Paul Schmid. Nur der letzte Rest musste als Sondermüll entsorgt werden, was der Gemeinde eine Einsparung von 50 000 Euro gegenüber der Planung beschert hat.

Einen kleinen Teil dieser eingesparten Summe möchte Bürgermeister Schmid nun in zwei Infotafeln investieren, die am See aufgestellt werden sollen. Eine Tafel soll über die Seebiologie informieren. Auf der anderen Tafel soll das Radwegenetz rund um Schlierbach dargestellt werden. „Das ist ja nun das interessante: Der See wird im überörtlichen Netz zu einem zentralen Ausgangspunkt für Radtouren in die Nachbargemeinden“, freut sich Schmid.

Nun warten alle Beteiligten gespannt darauf, wie sich die Natur den tiefer gelegten See zurückerobern wird und sich wieder ein natürliches Gleichgewicht im See einstellt. Immerhin: Noch während die Bagger am Werk waren, sind die ersten Frösche zurückgekommen und haben in den ersten Pfützen im See gelaicht. Die händische Umzugsaktion des Froschlaichs in das daraufhin abseits der Baustelle angelegte Notbiotop hat der quakende Nachwuchs gut überstanden: Mittlerweile tummeln sich dort viele Kaulquappen. In zwei bis drei Wochen soll der See seinen endgültigen Wasserstand erreicht haben. Auch die letzten Arbeiten sollen bis Ende Mai abgeschlossen sein. Einen genauen Termin kann Bürgermeister Paul Schmid zwar noch nicht nennen, aber: „Wir machen dann sicherlich eine kleine Einweihungsfeier.“

See in SchlierbachRenaturierung des Schlierbacher Sees
See in SchlierbachRenaturierung des Schlierbacher Sees

Die Wassertiefe ist entscheidend

Ein Algenteppich auf dem Schlierbacher See hat die Geruchsbelästigung im Sommer verursacht, sagt Fachingenieur Thomas Kuschke. Im Interview mit Volkmar Schreier gibt er außerdem darüber Auskunft, was am See neu gemacht wird.

Herr Kusche, bisher hat sich der See in den heißen Sommermonaten oft in eine stinkende Brühe verwandelt. Woran lag‘s?

Das lag im Wesentlichen an den flachen Wasserverhältnissen. Der See war ja maximal 80 Zentimeter tief. Das hat sich dann immer sehr aufgeheizt. Dazu kam: Der Seeboden war mit einer Asphaltschicht abgedichtet und damit sehr unnatürlich. Die Wasserfontäne hat das Wasser zusätzlich mit viel Sauerstoff versorgt, was zusammen mit dem warmen Wasser der Algenbildung sehr zuträglich war. Die Folge war dann ein Algenteppich auf dem See, der die Geruchsbelästigung verursacht hat.

Nun ist der See ausgebaggert worden. Das alleine reicht aber nicht, um in Zukunft das Algenwachstum einzudämmen. Was ist sonst noch neu?

Nach dem Neubau ist der See an der tiefsten Stelle nun 2,50 Meter tief. Damit erreichen wir eine natürliche Schichtung des Wassers. Gleichzeitig haben wir einen natürlichen Seegrund hergestellt, auf dem sich nun auch Wasserpflanzen ansiedeln können, die wir zusätzlich einbringen. Zusammen mit den Schilfgewächsen am Seeufer nehmen die Pflanzen dann einen großen Teil der im Wasser vorhandenen Nährstoffe auf. Und dadurch, dass der See nur noch über die Rohrbrunnenquelle – und nicht mehr über den Schlierbach – gespeist wird, ist der Nährstoffeintrag geringer. Weniger Nähstoffe im Wasser bedeuten weniger Algen.

Das braucht aber sicherlich seine Zeit, bis sich im See wieder alles eingependelt hat?

Das Einpendeln eines natürlichen Gleichgewichts im See wird recht schnell gehen. Da passiert ein natürlicher Prozess. Den Rest muss und wird die Natur dann selber richten.

Der kommende Sommer wird aber sicherlich der Härtetest für den neuen See sein. Was man aber in Zukunft auf keinen Fall mehr tun sollte, ist das Füttern von Enten und Schwänen, denn der Vogelkot ist der reinste Dünger für Algen. Die werden wohl auch noch einmal zurückkommen, bevor sich im See ein Gleichgewicht hergestellt hat. Das ist aber normal, und die Algenblüte wird dann einfach abgefischt.