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Schnecke statt Verfolgungsjagd

Kurzfilme Zum zehnten Mal hatte der Film Club Teck zur Matinee nach Kirchheim eingeladen.

Voll besetzt: Die Central-Lichtspiele bei der Matinee.
Voll besetzt: Die Central-Lichtspiele bei der Matinee. Foto: Peter Dietrich

Kirchheim. Die Central-Lichtspiele sind bis auf den letzten Platz besetzt. Gibt es einen neuen Blockbuster, rettet 007 mal wieder atemlos die Welt? Nein, der Film Club Teck hat das zehnte Mal zur Matinee eingeladen, und die Zuschauer sehen zwei Minuten lang fasziniert dabei zu, wie eine Schnecke über einen Spalt klettert. Das kann spannender sein als die wildeste Verfolgungsjagd. Der tolle Effekt der Zwei-Minuten-Produktion liegt auch daran, dass Dr. Hans-Wolfgang Wetzel die Musik so wunderbar eingepasst hat.

Mit einer einzigen Minute kommt Rolf Horst aus, in „Beharrlichkeit führt zum Ziel“ hat er ein kleines Kind gefilmt, das sich mit einem Tretroller müht - ganz großes kleines Kino. Beharrlichkeit, und zwar über mehrere Monate, hat auch Peter Markotschi bewiesen. Er hat den Aufbau von drei Windrädern auf dem Schurwald gefilmt und daraus eine 16-minütige Reportage gemacht. Dank Zeitraffer erschließen sich längere Vorgänge sehr gut, ohne dass es langweilig wird.

Nie langweilig wird es auch den über 6000 Passagieren auf der Allure of the Seas, einem der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt. Werner Rothenöder zeigt in 14 Minuten, was es auf dem schwimmenden Freizeitpark alles gibt, von der Spielhölle bis zum Surfsimulator. Wie alle anderen Filmkollegen geht er bei seinem Thema „ganz nah ran“, gibt ein authentisches Bild ohne Werbesprüche, spricht neben allem Vergnügen auch die ökologische Frage an.

Die Reise von Dr. Helmut Leier ging auf Gorée, einer senegalesischen Insel, die in ihrer Geschichte schon 17 Mal den Besitzer gewechselt hat und zum Sinnbild des grausamen Sklavenhandels wurde. In nur sieben Minuten vermittelt das neue Mitglied des Film Clubs neues Wissen, hält Balance zwischen Schönheit der Insel und schlimmer Geschichte. In elf Minuten geht es mit Lothar Bogsch auf der 1400 Kilometer langen Ringstraße durch Island, näher kann man dem Geysir kaum kommen, ohne dass es gefährlich wird. Die Irrfahrt durch den Regen ist bei Barbara und Hartmut Ibsch schon nach zwei Minuten zu Ende, denn sie führte durch - Achtung Spoiler - eine Autowaschanlage.

Ins kühle Nass ist auch Gerd Ruckdäschel abgetaucht, das ebenfalls neue Clubmitglied tauchte in einem Bergsee am Fernpass. Er hat mit Standbildern gearbeitet und sie dann für seine sehenswerte Sechs-Minuten-Produktion ansprechend mit Zooms und Schwenks versehen.

Herbert Kaiser hat auf der Schwäbischen Alb die zweite Jungfernfahrt der T3, einer 1905 gebauten württembergischen Dampflok, begleitet. Der Beginn erinnert an den Vorspann der Sendung „Eisenbahn-Romantik“. Nochmals Eisenbahn: Karl-Heinz Kosmallas Kurzreportage „Stutt- gart 21“ deckt den Bauzeitraum von 2010 bis 2017 ab. Aber von wegen veraltet: Kostenprognosen und Zeitpläne sind heute ein ungeplant sarkastischer Rückblick auf viele Irrtümer - oder Lügen?

Ungelogen ganz oben auf dem Half Dome im Yosemite-Nationalpark war Jürgen Leitz. In acht teils schwindligen Minuten berichtet er vom neunstündigen Kletteraufstieg auf dem „Snake Dike“. Schwindlig kann es dem Zuschauer auch beim letzten Film werden, bei dem Moderator Lutz Schulze eine eigene Produktion „Straßen“ ankündigt - im Zeitraffertempo geht es mit dem Bus durch die Haarnadelkurven von Teneriffas Bergstraßen.

Schon sind zwei kurzweilige Stunden vorbei. Wie beim Film Club Teck üblich waren alle Produktionen auf technisch hohem Niveau. Wer lernen will, wie so etwas geht, ist bei den Clubabenden alle zwei Wochen donnerstags genau richtig. Peter Dietrich