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Schrott legt den Verkehr lahm

Umwelt Die B 465 und die A 8 bei Dettingen mussten am Mittwoch aus Sicherheitsgründen gesperrt werden, um eine unbekannte Chemikalie in Sand versenken zu können. Ein Autofahrer hatte die Polizei alarmiert. Von Iris Häfner

Der Messzug der Feuerwehr Ostfildern war bei der Firma Schrott-Bosch in Dettingen im Einsatz. Bislang ist die Chemikalie jedoch
Der Messzug der Feuerwehr Ostfildern war bei der Firma Schrott-Bosch in Dettingen im Einsatz. Bislang ist die Chemikalie jedoch noch nicht bestimmt. Foto: Freiwillige Feuerwehr Dettingen
Aus Sicherheitsgründen war die B 465 gesperrt. Foto: SDMG/Woelfl
Aus Sicherheitsgründen war die B 465 gesperrt. Foto: SDMG/Woelfl

Das war ein brisantes Überraschungspaket, das der Dettinger Firma Schrott-Bosch untergeschoben worden war. Die als normaler Schrott angelieferte Charge hatte weitreichende Folgen, denn zeitweise waren sowohl die Autobahn als auch die Bundesstraße aus Sicherheitsgründen gesperrt.

Gegen 17 Uhr am Mittwoch wählte ein Autofahrer die Notrufnummer 112. Er war auf der B 465 unterwegs, als er auf Höhe der Firma Schrott-Bosch weißen Rauch sowie eine verqualmte Fahrbahn bemerkte.

Die Feuerwehr rückte an, konnte zunächst aber nichts feststellen. Ein Mitarbeiter bemerkte dann, dass aus einem Metallbehälter, der sich in einer Schrottpresse befand, weiße Rauchschwaden aufstiegen. Als der Baggergreifer ihn aus der Schrottgrube anhob, rauchte es dann urplötzlich massiv, es gab kleinere Verpuffungen und Feuer. „Das hat sich angehört, als ob etwas blubbert“, beschreibt Jürgen Holder, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Dettingen, die Situation. „Zu diesem Zeitpunkt hat es stark geregnet. Das hat vermutlich die Reaktion ausgelöst“, sagt er weiter.

Beim Versuch, das Behältnis in der Größe einer Waschmaschinentrommel umzulagern, nahmen die Rauchschwaden zu und die Chemikalie erhitzte sich. Löschversuche mit Wasser, Schaum und einem Chemiebinder waren wirkungslos. Weil jedoch niemand wusste, um welche Substanz es sich handelt, forderte Jürgen Holder den Messzug der Freiwilligen Feuerwehr aus Ostfildern an. Sie ist im Landkreis Esslingen für solche Fälle zuständig. Die Feuerwehr-Kollegen von den Fildern rückten mit vier Fahrzeugen an und brachten auch den Chemiker mit, der an diesem Tag Dienst hatte. Insgesamt waren es 17 Personen. Die Dettinger Feuerwehr war mit vier Fahrzeugen und 20 Personen auf dem Firmengelände, darunter auch Bauhofmitarbeiter.

Um herauszufinden, um welche Chemikalie es sich handelt, wurden verschiedene Versuche gestartet - allerdings auch wieder ohne Erfolg. So entschloss sich die Feuerwehr, die Substanz sicher zu verwahren. Zu diesem Zweck orderten sie trockenen Quarzsand. Auch nach Rücksprachen mit weiteren Spezialisten, unter anderem der Analytischen Task Force (ATF) der Feuerwehr Mannheim, gelang es nicht, den Gefahrstoff zu identifizieren. „Die erste Frage der Experten lautete: Wie ist die Kenn-Nummer? Doch die war in den Schrott-Teilen nicht zu erkennen“, erklärt Jürgen Holder. Erste Vermutungen zu der unbekannten Chemikalie stellte die Feuerwehr an, möglicherweise handelte es sich um einen Karbidgenerator. Derartige Geräte seien vor Jahrzehnten zum Schweißen benutzt worden. „Karbid reagiert mit Wasser. Dann entsteht Gas, das stark brennt. Gegen 17 Uhr hat es in Dettingen heftig geregnet“, erklärt Jürgen Holder.

Weil die Reaktion der Chemikalie beim Umlagern in die Sandgrube nicht abzuschätzen war, kam es zu umfangreichen Absperrmaßnahmen, wodurch lange Umfahrtswege auch für manchen Dettinger die Folge waren. Betroffen waren die A 8 und die B 465 sowie die Anschlussstelle Kirchheim-Ost. Um 20.12 Uhr wurden die Straßen gesperrt. „Gegen 20.15 Uhr fährt auch der letzte Zug auf der Strecke, auf den haben wir noch gewartet“, erläutert Jürgen Holder. Dann wurde der Behälter in die Sandgrube umgelagert, wobei es wieder zu einer Rauchentwicklung und einer explosionsartigen Verpuffung kam. Als alles mit Sand abgedeckt war, zeigte sich keine Reaktion mehr, sodass die Straßensperrungen um 20.21 Uhr wieder aufgehoben werden konnten.

Verletzt wurde niemand, auch kein Sachschaden war zu beklagen. Der Fachbereich Gewerbe und Umwelt des Polizeipräsidiums Reutlingen übernahm die Ermittlungen. Im Fokus: Herkunft und Art der noch nicht näher bestimmten chemischen Substanz.