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Schulden bei jungen Menschen: „Online ist schnell etwas gekauft“

Hilfe Die Jugendschuldnerberatung Benefit des Esslinger Kreisdiakonieverbands unterstützt beim Weg aus der Schuldenfalle.

Oft beginnt der Weg in die Schuldenfalle mit Onlineshopping.  Foto: Symbolbild

Wenn der Gang zum Briefkasten zur Qual wird und immer mehr Briefe aus Angst vor unbezahlbaren Rechnungen ungeöffnet bleiben, kann das ein Alarmzeichen sein. Doch es gibt Auswege: Wenn junge Menschen in die Verschuldung geraten und nicht allein wieder herauskommen, können sie sich an die Jugendschuldnerberatung Benefit des Kreisdiakonieverbands im Landkreis Esslingen wenden.

 

Online ist schnell etwas gekauft.
Eine junge Betroffene
erläutert, wie sie in die Schuldenfalle geraten ist.
 

Svenja Frei (Name geändert) weiß, wie es ist, verschuldet zu sein. „Es war mir peinlich vor meiner Familie und ich hatte panische Angst. Ich traute mich kaum mehr an den Briefkasten, die Post blieb ungeöffnet und ich wusste auch gar nicht mehr, wer genau wie viel Geld von mir wollte“, schildert die heute 22-Jährige ihre Situation vor zwei Jahren, als sie zum ersten Mal zur Jugendschuldnerberatung Benefit des Kreisdiakonieverbands ging.

Wie es soweit kommen konnte? „Online ist schnell etwas gekauft. Viele Dinge wurden erst deutlich nach dem Kauf abgebucht, und ich habe nach und nach den Überblick verloren“, erzählt Frei. „Zudem habe ich eine psychische Erkrankung und war über einige Zeit depressiv. Da ging dann nichts mehr.“ Die Familie konnte ihr auch nicht aus dem finanziellen Engpass helfen, sodass sie letztlich alleine dastand.

Das sei ein typischer Weg in die Verschuldung gerade junger Menschen, erklärt Lena Stumpp, Schuldnerberaterin beim Kreisdiakonieverband, die auch Svenja Frei berät. Unabhängig vom Einkommen hätten viele Menschen dieselben Konsumbedürfnisse, bekämen das auch oft mit ihren Einnahmen gerade so hin. „Doch wenn dann noch etwas hinzukommt wie eine psychische oder andere Erkrankung, eine Trennung oder der Arbeitsplatzverlust, geht es oft in die Verschuldung hinein“, berichtet Lena Stumpp.

Schritt eins: Überblick verschaffen

Bei den Schuldnerberatungen verschaffe man sich zunächst gemeinsam mit den Klienten einen Überblick über die Situation. Mahnungen oder Schreiben von Inkassofirmen lasse man über die Schuldnerberatung laufen, damit die Klienten wieder einen „normalen Briefkasten“ hätten. „Das nimmt Druck raus, verschafft Luft und motiviert dazu, das Problem anzugehen“, sagt Stumpp. Das kann Svenja Frei aus eigener Erfahrung bestätigen.

Lena Stumpp berichtet: „Wir stellen immer wieder fest, wie wichtig es ist, dass Kinder und Jugendliche lernen, mit Geld umzugehen.“ Sie sieht hier auch den Einfluss des Elternhauses: „Taschengeld hilft zum Beispiel, den Umgang mit einem festen Budget einzuüben und die eigenen Wünsche und Bedürfnisse einschätzen zu können“, betont sie. „Eltern wollen meist nicht, dass die Kinder merken, wenn es finanziell eng wird. Deswegen werden auch Kindern aus Familien mit wenig Einkommen die meisten Wünsche erfüllt. Doch das ist schwierig, denn wie soll der Umgang mit Geld gelernt werden, wenn ich nicht merke, wann es aus ist?“, fragt sie.

Svenja Frei bestätigt das: „Bei mir zu Hause gab es kein Taschengeld, niemand hat mir den Umgang mit Geld beigebracht. Ich bin da einfach reingeschlittert und habe das nun auf die harte Tour mit Hilfe der Schuldnerberatung gelernt“, berichtet sie.

Im vergangenen Jahr wurden bei der Jugendschuldnerberatung Benefit an vier Standorten im Landkreis 73 Personen beraten, bei 42 von ihnen war lediglich eine Kurzberatung mit bis zu drei Terminen notwendig. meb