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Schutz für Hase und Rebhuhn

Hegegemeinschaften kümmern sich um Lebensraum für Niederwild

Agrarwirtschaftlicher Strukturwandel, neue Straßen, Bahntrassen, Siedlungs- und Industriegebiete – der Lebensraum von Wildtieren schrumpft.

Aus Sicht von Sascha Richter (links) und Wolfgang Hinderer können Hegegemeinschaften einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten.Fot
Aus Sicht von Sascha Richter (links) und Wolfgang Hinderer können Hegegemeinschaften einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten.Fotos: Daniela Haussmann, Claudia Reinöhl

Region. Das Vorkommen mancher Arten, wie das selten gewordene Niederwild, beschränkt sich mittlerweile auf wenige grüne Inseln. Hegegemeinschaften können hier Abhilfe schaffen. Damit Feldhase, Fasan, Reb- und Auerhuhn auch in Zukunft eine Chance haben, in der Kulturlandschaft zu überleben, hat sich 1982 die Hegegemeinschaft „Mittlere und westliche Filder“ gegründet, die erst kürzlich eine Erweiterung erfahren hat. Der freiwillige, privatrechtliche Zusammenschluss von aneinandergrenzenden Jagdbezirken hat es sich zum Ziel gemacht, Niederwildarten durch Schutzmaßnahmen in ihrem Bestand nachhaltig zu fördern.

Die revierübergreifende Kooperation im Rahmen eines Hegerings hat Vorteile. „Sie erleichtert die Ausbreitung bestimmter Tierarten über größere Strecken“, erklärt Wolfgang Hinderer. „Einzelne Biotope lassen sich über Wanderungskorridore zwischen den Kern-Lebensräumen miteinander vernetzen.“ Im Gegensatz zu Maßnahmen, die auf isolierten Inseln Umsetzung finden, schafft der Verbund von Jagdbezirken eine grüne Infrastruktur, die Ausbreitungsmöglichkeiten bietet und so insgesamt der Arterhaltung dient, wie der Hegeringleiter berichtet. Davon würden letztlich nicht nur bedrohte Arten profitieren, sondern auch Wildtiere, deren Bestände stabil sind, die aber aufgrund der von Menschenhand zerschnittenen Landschaft Probleme haben, bei Nahrungssuche und Fortpflanzung einen Gebietswechsel zu vollziehen. „Eine Hegegemeinschaft kann also auch der Inzucht und genetischen Verarmung entgegenwirken, weil“, laut Hinderer, „revierübergreifende Maßnahmen, wie die Einrichtung von Grünbrücken oder Tunneln, die Zuwanderung aus Nachbarpopulationen unterstützt.“

Die Schaffung von arttypischen Lebensräumen und Wanderkorridoren ist eine komplizierte Angelegenheit. „Nicht jede Fläche eignet sich zur Schaffung arttypischer Lebensräume und Wanderkorridore“, sagt Wolfgang Hinderer. „Rebhühner beispielsweise benötigen artenreiche Blumenwiesen, auf denen es für den Nachwuchs viele Insekten gibt.“ Deshalb werden entlang von Agrarflächen häufig Blumenstreifen angelegt, die mit künstlichen Futterstellen vernetzt werden. „Doch die Streifen dürfen ebenso wenig wie die Wanderungskorridore nicht an verkehrsreichen Straßen und von Menschen stark frequentierten Wegen liegen“, so der Hegeringleiter, der betont, dass deshalb ein Wildtier- und Schutzgebietsmanagement unabdingbar ist. „Revierübergreifend müssen Daten und Kenntnisse zu Tierbeständen, Todesursachen, Nahrungsangeboten, Interessenkonflikten gesammelt und räumliche Gegebenheiten analysiert werden.“ Ansonsten lasse sich kein zielführendes Konzept zur Förderung bestimmter Wildtierarten erstellen.

Das gilt Sascha Richter zufolge gerade mit Blick auf das Niederwild. „Ohne die Einbindung von Landwirten, auf deren Flächen Feldhasen oder Bodenbrüter Zuflucht suchen, lassen sich kaum effektive Erfolge erzielen“, betont der Wildtierbeauftragte des Landratsamtes Esslingen. Eine Hegegemeinschaft sei deshalb kein isolierter Verbund aus Jagdausübungsberechtigten, sondern vielmehr eine Einrichtung, die mit wichtigen Akteuren wie Landwirten, Wildtierschützern, Unterer Jagdbehörde und Forstwirtschaft zusammenarbeitet, um Maßnahmen zu gestalten, zu koordinieren und erfolgreich umzusetzen.

Sascha Richter weiß aber auch, dass Hegegemeinschaften nicht immer auf Gegenliebe stoßen. „Um das selten gewordene Niederwild gezielt zu fördern, ist es notwendig, natürliche Feinde wie Füchse, Elstern oder Krähen zu bejagen“, berichtet der Forstingenieur. „In Hegeringen dürfen Jungfüchse ab Mai bejagt werden, in einfachen Jagdbezirken ist das erst ab August erlaubt.“

Tierschützer hätten deshalb Sorge, dass der Hegering Jägern als Rechtfertigung dient, im großen Stil Jagd auf das Raubtier zu machen. „Wir erheben fortlaufend die Feldhasen- und Fuchsbestände. Bedingt durch Räude und Staupe kommen zwischenzeitlich lediglich drei Füchse auf 60 Feldhasen“, widerspricht Wolfgang Hinderer. „Deshalb kann von groß angelegten Abschüssen keine Rede sein. Außerdem hat die Jagd gerade mal einen Anteil von zehn Prozent am Jägerdasein.“ Aus Sicht von Sascha Richter wäre es sinnvoll, mehr Hegeringe zu gründen, die sich miteinander vernetzen lassen: „Leider sorgt ein hoher organisatorischer Aufwand dafür, dass revierübergreifende Zusammenschlüsse sehr selten sind.“

Feldhase, aufgepasst: Gefahren lauern allerorten.Foto: Claudia Reinöhl
Feldhase, aufgepasst: Gefahren lauern allerorten.Foto: Claudia Reinöhl