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Sicher hinterm Steuer mit klarem Kopf

Verkehr Wer Betäubungsmittel oder Alkohol konsumiert hat, hat hinter dem Lenkrad nichts verloren. Das Kirchheimer Polizeirevier kontrolliert verstärkt. Von Daniela Haußmann

Seit Anfang des Jahres hat die Polizei in Kirchheim die Zahl ihrer Kontrollen deutlich erhöht.Foto: Daniela Haußmann
Symbolbild: Daniela Haußmann

Wer Drogen oder zentral wirkende Medikamente eingenommen hat, kann sich anschließend nicht mehr hinters Steuer setzen. Das betont der Leiter der Drogen- und Jugendberatungsstelle des Landratsamtes Esslingen, Gerhard Schmid. Wer am Samstag Amphetamine, Ecstasy, Haschisch, Cannabis und Co. konsumiert und glaubt, am darauffolgenden Sonntag oder Montag schon wieder unproblematisch Auto fahren zu können, sei auf dem Holzweg. Bei Spirituosen wird unabhängig davon, wie viel jemand getrunken hat, immer die gleiche Menge Alkohol im Körper abgebaut: „Das sind zwischen 0,1 bis 0,15 Promille in der Stunde“, sagt der Experte.

Schmid weist darauf hin, dass das nicht für Betäubungsmittel gilt. Hier ist der Abbau davon abhängig, welche Drogenkonzen-tration sich im Blut befindet. Der Fachmann warnt: „Die ist bei Drogen, die in irgendeinem Hinterhoflabor hergestellt wurden, völlig unbekannt.“ Selbst bei Personen, die erstmalig Cannabis zu sich nehmen, sind die Abbauprodukte tagelang im Blut nachweisbar. Obwohl sich die Betroffenen laut Gerhard Schmid subjektiv nüchtern und fahrtauglich fühlen, sind sie es objektiv betrachtet nicht. Konzentrationsschwäche oder ein vermindertes Reaktionsvermögen sind nur zwei Beispiele, die in den Tagen nach dem Konsum ganz klar zur Fahruntauglichkeit führen, wie Studien belegen.

Je häufiger Drogen eingenommen und je größer die Mengen werden, desto weniger Zeit hat der Körper, die Substanzen abzubauen, und umso wahrscheinlicher ist es, dass sich Substanzen in ihrer Wirkung addieren oder dass es Wechselwirkungen gibt. Davor warnt Professor Christian Jacob, Chefarzt für Psychiatrie und Psychotherapie der medius Klinik Kirchheim. Problematisch sei auch der Mischkonsum von Betäubungsmitteln und Alkohol. Nicht jedem Drogenkonsumenten ist bewusst, dass Alkohol das Wirkprofil der eingenommenen Substanz verändern kann. Wie die Wirkung also ausfällt oder wie lange sie, in Kombination mit Spirituosen, anhält, lässt sich für Christian Jacob in diesen Fällen nicht abschätzen.

Ein längerer, regelmäßiger oder abhängiger Drogenkonsum kann nach Angaben des Experten beispielsweise zu veränderten Hirnfunktionen oder psychischen Störungen führen. Eine fehlerhafte Wahrnehmung, eine reduzierte Konzentration, Angststörungen oder Psychosen sind Beispiele für mögliche Langzeitfolgen. Und die können dazu führen, dass man dauerhaft nicht mehr Auto fahren kann.

Die Drogen- und Jugendberatungsstelle bietet unter anderem Vorbereitungskurse für die Medizinisch Psychologische Untersuchung (MPU) an, die auch als „Idiotentest“ bekannt ist.

Wer von der Polizei angehalten wird und in diesem Moment nachweislich unter Drogeneinfluss steht oder mit 1,1 Promille ein Fahrzeug steuert, muss seine Fahreignung überprüfen lassen. Laut Statistik war jeder Fahrer, der unter Alkohol- oder Drogeneinfluss in eine Kontrolle fährt, rund 400 Mal im selben Zustand auf deutschen Straßen unterwegs. Die Zahl zeigt Gerhard Schmid, dass es für eine nachhaltige Prävention mehr Kontrollen braucht. Fabian Mayer, Leiter des Kirchheimer Polizeireviers, betont, dass die Ordnungshüter im Streifendienst täglich Kontrollen vornehmen und einen Schwerpunkt darauf legen. „Wir werden die Kon-trollen in Kirchheim im Jahr 2017 deutlich steigern“, so der Beamte.

Markus Lorenz vom Referat für Prävention des Polizeipräsidiums Reutlingen zufolge sticht die Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen beim Thema Drogen am Steuer hervor. „Auffällig ist dabei, dass der Anteil der Männer deutlich über dem der Frauen liegt.“ Seit Jahren übersteigt der Anteil der alkoholbedingten Verkehrsunfälle die Zahl der unter Drogeneinfluss verursachten Kollisionen. „Trotzdem gilt jeweils, dass sich Konsum und Auto fahren ausschließen“, so Markus Lorenz.

Mehr „Idiotentests“ im Landkreis

Verkehrsunfälle Nach Angaben des Polizeipräsidiums Reutlingen ereigneten sich 2016 im Zuständigkeitsbereich der Behörde 28 Verkehrsunfälle, die unter Drogeneinfluss verursacht wurden. 2015 waren es 24. Einer davon ereignete sich in der Teckstadt, wie Fabian Meyer, Leiter des Kirchheimer Reviers mitteilt. Unfälle unter Alkohol Die Zahl der alkoholbedingten Unfälle sank in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen und Esslingen von 366 auf 358. Im Rahmen von Polizeikontrollen wurden im vergangenen Jahr 1 200 Fahrer wegen Fahrens unter Alkohol und 374 Fahrer wegen Fahrens unter Drogeneinfluss angezeigt. Zahl der MPU steigt Die Drogen- und Jugendberatungsstelle des Landkreises Esslingen hat im vergangenen Jahr insgesamt 70 Personen auf die Medizinisch Psychologische Untersuchung (MPU)vorbereitet. Gegenüber 2015 bedeutet dies einen Anstieg der „Idiotentests“ um mehr als 30 Prozent.dh