Der Tobelhof liegt etwas abseits der Straße, die hinauf zum Dettinger Friedhof und weiter zum Käppele führt. Vorne auf der Koppel, die mit Obstbäumen bewachsen ist, grasen Pferde. Hinter dem Wohnhaus führt ein vergittertes Tor in den Hinterhof. Dort misten zwei Mädchen den Offenstall der acht Pferde aus, die auf dem Hof von Birgit Haack-Braun leben. Dazu kommen vier Schafe, zwei Hühner, zwei Hunde und einige Nymphensittiche, die in einer geräumigen Voliere um die Wette kreischen.
Birgit Haack-Braun kann zu jedem ihrer Tiere eine Geschichte erzählen. Aus jeder dieser Geschichten klingt Liebe und Mitgefühl für diese Geschöpfe, die es in ihrem ersten Leben oft nicht gut gehabt haben und die auf dem Hof ein neues Zuhause gefunden haben. Beide Hunde beispielsweise stammen vom Tierschutz, einer von ihnen war von seinen Vorbesitzern schwer misshandelt worden. Auch Pflegehunde leben immer wieder auf dem Hof. „Kjuka und Lizzy waren in ihrem ersten Leben Zuchtstuten und mussten ein Fohlen nach dem anderen austragen“, erzählt Birgit Haack-Braun über zwei ihrer Ponys. Ihre vier Schafe hat sie einst als Lämmchen von einem Dettinger Schäfer übernommen und mit der Flasche großgezogen, weil die Mütter gestorben waren oder entzündete Euter hatten. „Schafe sind da ganz unsozial, die ziehen nur ihre eigenen Lämmchen auf“, sagt die Wahl-Dettingerin. Bis heute fühlen sich die Tiere in ihrer Nähe am wohlsten.
Birgit Haack-Brauns Tierliebe beschränkt sich jedoch nicht auf Vierbeiner. Auch Jungvögel, die aus dem Nest gefallen sind, päppelt sie immer wieder auf. In einem Jahr allerdings hatte sich das so herumgesprochen, dass sie 30 Jungvögel zu versorgen hatte, die ihr von überall her gebracht wurden. „Für so viele Tiere konnte ich ja keine Insekten sammeln. Ich habe damals sicher 800 Euro für Mehlwürmer ausgegeben“, erinnert sie sich. Alle zwei Stunden mussten die hungrigen Vögelchen gefüttert werden, die ganz kleinen sogar nachts. „Das war wirklich stressig“, sagt Birgit Haack-Braun. Aber: „Schön ist es, wenn alle wieder flügge sind.“
Birgit Haack-Braun ist 51 Jahre alt, Mutter von zwei Töchtern und stammt aus dem Kölner Raum. Die Tierliebe, sagt sie, sei schon immer da gewesen. „Die Spanienurlaube waren für meine Eltern sehr stressig, weil ich immer die Straßenhunde mitnehmen wollte“, sagt sie und lacht. Ihren Mann, einen Owener, lernte sie ebenfalls in Spanien kennen, „bei einer Wanderung auf einen Berg“. Zunächst lebte das Paar in Owen, den Tobelhof entdeckte Birgit Haack-Braun beim Spazierengehen mit den Hunden. Der Hof ist ihre Berufung, ihren eigentlichen Beruf als Masseurin/Medizinische Bademeisterin übt sie nicht mehr aus.
Die einstündigen Ausritte durch die Natur, die Birgit Haack-Braun für Kinder ab fünf Jahren anbietet und mit denen viele in Dettingen sie verbinden, sind eher beiläufig entstanden. „Die Freundinnen meiner Töchter wollten immer nur reiten und nicht spielen, wenn sie zu uns kamen. Das hat meine Töchter natürlich sehr traurig gemacht“, erinnert sich Birgit Haack-Braun. Sie bot den Eltern der Freundinnen Ausritte an, aber gegen Geld und getrennt von den Spielverabredungen. Mittlerweile hat sie eine riesige Warteliste, ohne jemals Werbung gemacht zu haben.
Es ist kein Reitunterricht, den die zumeist fünf- bis zehnjährigen Kinder auf dem Tobelhof erhalten, auch wenn sie natürlich manches nebenbei lernen. „Wenn jemand sehr ehrgeizig ist, empfehle ich immer, sich in einer Reitschule anzumelden“, sagt sie. Was Birgit Haack-Braun am wichtigsten ist: dass ihre Reitkinder etwas über die Tiere lernen. „Sie sollen das Pferd nicht nur als Tier sehen, das sie benutzen. Sie sollen erfahren, dass das Pferd auch Spaß an der Sache haben soll. Und dass Tiere Gefühle und Empfindungen haben“, sagt sie. Gemeinsam mit den Kindern beobachtet sie die Pferde. Macht sie darauf aufmerksam, dass Kjuka und Buddy sich immer durch Wiehern begrüßen, weil sie sich schon seit zwölf Jahren kennen. Oder dass Buddy, der schon über 20 Jahre alt ist, Brei bekommt, so wie manche älteren Menschen auch. Die Kinder lernen, dass Stallarbeit dazugehört, dass auch Pferde gerne ein schönes sauberes warmes Bett aus Stroh haben wollen, wenn draußen der Wind pfeift. Und dass Pferde nicht zu viele Äpfel fressen sollten, damit sie nicht Hufrehe bekommen.
Was Birgit Haack-Braun mit den Ausritten verdient, geht in der Regel für den Tierarzt drauf. Wenn ein Pferd doch einmal schwerer erkranke, seien die Kosten nicht abschätzbar. Der Metzger kommt für sie nicht infrage. Sie will allen Tieren, die einmal bei ihr gewohnt haben, ein Zuhause bieten, bis sie sterben – abgesehen von Wildtieren, natürlich. „Wenn sie nicht eines natürlichen Todes sterben und leiden, dann lasse ich den Tierarzt auf den Hof kommen“, sagt Birgit Haack-Braun. Den Weg in die Tierarztpraxis, der für viele Tiere mit Angst besetzt ist, will sie ihnen ersparen.