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Sparda-Bank löst Kampf ums Girokonto aus

Kosten Der Marktführer führt jetzt auch Gebühren ein. Die einzelnen Produkte auf dem Markt zu vergleichen, ist für den Kunden fast nicht möglich. Von Leonhard Fromm

Den Spruch „Nur Kamele sparen nicht“ beherzigen noch immer viele - der Umgang mit Konten und mit Geld hat sich allerdings veränd
Den Spruch „Nur Kamele sparen nicht“ beherzigen noch immer viele - der Umgang mit Konten und mit Geld hat sich allerdings verändert. Foto: Carsten Riedl

Das Girokonto ist der Schlüssel zum Kunden, um ihm Kredite, Versicherungen oder Anlageprodukte zu verkaufen. Denn dann ist etwas verdient. Das Girokonto mit seinem hohen Betreuungsaufwand dient deshalb primär als Marketinginstrument für den Vertrieb der Finanzprodukte.

Deckte früher das kostenlose Kunden-Geld auf den Girokonten noch den Aufwand für die Bereitstellung dieser Konten, ging dieser Effekt in Zeiten von Null- und Negativzinsen völlig verloren. Stattdessen stiegen digitaler Aufwand und Regulatorik durch die Bankenaufsicht (BaFin), und die Margen im Bankgeschäft sanken parallel - durch niedrige Zinsen und harten Wettbewerb.

In diesem Umfeld punktete die Sparda-Bank, ein Hybrid zwischen Filial- und Onlinebank, lange mit ihrem gebührenfreien Girokonto und standardisierten Finanzprodukten. Umso mehr rücken nun die Girokontogebühren in den Fokus der Öffentlichkeit, als der Marktführer im Privatkundengeschäft ankündigte, ab September gleichfalls Gebühren einzuführen. Das Modell ist simpel, weil es nur zwei Varianten gibt und zudem nicht zwischen online und Filiale unterschieden wird: Kunden unter 30 Jahren zahlen weiter keine Gebühr, alle anderen fünf Euro pro Monat. Einzige Ausnahme sind Belegüberweisungen. Sie kosten am Schalter 1,50 Euro. Wer dagegen eine Baufinanzierung bei der einstigen Eisenbahnerbank hat, dessen Grundkosten reduzieren sich auf 3,50 Euro. Filialleiter Christian Radau aus Kirchheim sagt: „Aktuell führen wir sehr viele Aufklärungsgespräche.“ Mancher Kunde sähe nicht ein, eine Gebühr zu zahlen, weil er etwa die Filiale nicht nutze oder die Bankkarte.

Bei der BW-Bank gibt es sieben Girokonto-Modelle, die von kostenlos bis 13,90 Euro Gebühr pro Monat reichen. Hier versucht man, für jedes Kundenverhalten die passende Lösung anzubieten. Ähnlich gestaltet sich das Kundenbindungsmodell bei der Volksbank Kirchheim-Nürtingen mit fünf Giro-Varianten vom kostenlosen „VR-GiroTeam“ für Vereine über „Basiskonto“ für 3,90 Euro auf Guthabenbasis bis zu den drei typischen Modellen: „GiroFlexibel“ für den Hybridkunden, der online und Präsenz möchte, „GiroOnline“ für den Online-Autonomen und „GiroKomplett“ zu 9,90 Euro im Monat für das Full-Service-Paket. Die VR-Bank Hohenneuffen-Teck, gleichfalls aus dem genossenschaftlichen Lager, ist mit drei Modellen von 3,50 Euro von „GiroOnline“ bis zu „GiroExklusiv“ für 9,90 Euro im Monat am Start.

Die Beispiele zeigen: Direkte Preisvergleiche der Basisgebühren sagen nahezu gar nichts über die monatliche Belastung und sind zudem nur Momentaufnahmen, weil sich permanent Konditionen verändern. So erhöht auch die Deutsche Bank zum Oktober die Kontogebühr von 5,90 auf 6,90 Euro.

Ohnehin definiert jedes Haus selbst, was an Serviceleistungen in der Filiale im Preis inbegriffen ist - und was nicht. Bei der Postbank gibt es „Giro online“ für 1,90 Euro im Monat, aber Geld abheben am Schalter kostet zum Beispiel 1,50 Euro, eine Überweisung 2,50 Euro und der Kontoauszugsdrucker je Vorgang 50 Cent.

Dagegen nimmt sich die Kreissparkasse transparent aus. Das Girokonto kostet samt Bankkarte 7,90 Euro und umfasst alle Basisfunktionen wie Abhebungen, Überweisungen oder Zahlungseingänge. Zudem ist es für Neukunden sechs Monate kostenlos.

Ein interessanter Parameter sind neben den Kosten für EC-Karte und Mastercard die Dispozinsen für bewilligte Überziehungslinien. Diese reichen von 9,06 Prozent bei der Volksbank bis zu 12,43 Prozent bei der Targo. Die Sparda liegt hier mit 9,4 Prozent Dispozins ähnlich mittig wie die Commerzbank und die VR-Bank Hohenneuffen-Teck mit je 9,75 Prozent, die Kreissparkasse nimmt 10,54 Prozent.

Zur aktuellen Dynamik, die die Sparda-Bank mit ihrer Ankündigung von Gebühren ausgelöst hat, meint Filialleiter Christian Radau: „Aktuell legen viele Kunden, die drei und mehr Girokonten bei uns führen, etwa für Mieteinnahmen oder Nebenjobs, diese zusammen.“ Das helfe der Bank, ihren Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Ähnlich sieht er es mit den Abgängern, „die hier nur ein Nebenkonto hatten, auf dem seit Jahren 300 Euro schlummern.“ Diese Verluste seien wirtschaftlich gleichfalls okay, zumal, wenn man es über Jahre nicht geschafft habe, „mehr aus einem Kundenkontakt zu machen“.

Von „Vollbankkunden“ und „Schnäppchenjägern“

Hört man sich bei den lokalen Banken um, bestätigen alle, dass 70 bis 80 Prozent ihrer Girokontoinhaber sogenannte „Vollbankkunden“ sind. Das heißt, deren Einkünfte fließen weitestgehend auf dieses eine Konto, ebenso werden davon die Überweisungen und Abbuchungen getätigt, etwa für Baufinanzierungen, die private Altersvorsorge und vieles andere mehr. Meist nutzt dieser Kunde zudem die Palette der Finanzprodukte seiner Hausbank, wodurch er zum Ertrag des Instituts beiträgt.

Daneben kennt jeder Anbieter aber auch die Schnäppchenjäger, die gern günstige Lockangebote nutzen und auch schnell weiterziehen, sobald andernorts günstigere Konditionen winken. Diese Kunden erzeugen einen hohen Verwaltungsaufwand und meist nur Kosten. Und schließlich gibt es auch jene Kunden, wie im Handel auch, die komplett in die digitale Welt abwandern, wo Konten fast immer gebührenfrei sind, weil der Anbieter einfach keine Filialen hat und kaum Beratung bietet.lf