Der Wald hat viele Funktionen: Er sorgt für saubere Luft und ist beliebtes Freizeitrefugium von vielen Menschen. Er ist aber auch Energielieferant, Stichwort Brennholz, und Rohstofflieferant für die Bau- und Möbelindustrie. Damit die Menschen auch in Zukunft von dem komplexen System Wald profitieren können, wurde vor rund 300 Jahren der derzeit inflationär
ist gut investierte Zeit.
gebrauchte Begriff der Nachhaltigkeit geprägt. Das wirkt bis heute nach und nennt sich Forsteinrichtung. Sie findet alle zehn Jahre statt und ist so lange auch gültig. „Das ist die Handlungsgrundlage für den Revierleiter“, erklärte Johannes Fischbach vom Forstamt des Landkreises Esslingen dem Dettinger Gemeinderat.
Revierförster Benjamin Fischer wird mit dem externen Forstspezialisten im kommenden Jahr etwa zwei Wochen durch den Dettinger Wald streifen. „Das ist gut investierte Zeit“, sagt Fischer. Wie bei jeder Inventur wird der Ist-Zustand festgestellt. Auf dieser Grundlage legt der Forsteinrichter dann fest, welche Baumarten und wie viel in den kommenden zehn Jahren gepflanzt werden sollen – und wie viel Bäume gefällt werden dürfen.
Dem Gemeinderat gab Benjamin Fischer einen aktuellen Rück- und Ausblick über die Wälder in Dettingen. Es gab international eine hohe Nachfrage nach Nadelholz. „Die Preise sind durch die Decke gegangen. Wir versorgen aber unsere regionalen Sägewerker. Im Landkreis Esslingen gibt es sowieso wenig Nadelholz“, sagte der Förster. Beim Laubholz sah die Marktlage anders aus. Hier sei man auf den Export angewiesen, dass die Eschen und Buchen abgenommen werden – und dann als Möbel wieder zurückkommen. „Das ist ein Teil der Globalisierung“, so Fischer. Anders beim Brennholz, hier kommen die Käufer aus der direkten Umgebung. „Die Nachfrage war normal, wir konnten sie decken.“
2021 sei im Dettinger Wald ein eher ruhiges Jahr gewesen. Vom Unwetter im Juni, das unter anderem in Kirchheim eine Schneise der Verwüstung hinterließ, blieb Dettingen verschont. Über den nassen Sommer hat sich der Förster gefreut: Die neu gepflanzten Jungbäume sind dadurch gut angewachsen, der Borkenkäfer war kein Thema und dem Grundwasserspiegel hat der Regen ebenfalls gut getan. „Ich glaube aber nicht, dass so ein Sommer die Regel wird“, erklärte Benjamin Fischer. Entsprechend müssen Baumarten gepflanzt werden, die mit den trockenen und heißen Sommern zurechtkommen.
Insgesamt wurden im abgelaufenen Forstjahr 760 Festmeter Holz eingeschlagen. Es wurden die Lücken in den jungen Kulturen mit neuen Pflanzen geschlossen und Jungbestände gepflegt. Außerdem nahm er Vorbauten vor, das heißt, in einen bestehenden Bestand mit hohen Stämmen wird eine zweite Baumart unterpflanzt. In dem Fall waren es Douglasie und Tanne, die mit der Klimaentwicklung und dem Standort gut klarkommen. „Vorbauten stellen ein hervorragendes Mittel dar, im Rahmen des Waldumbaus frühzeitig stabile Bestände zu begründen, viel waldbauliche Freiheit zu eröffnen und der Walddynamik Rechnung zu tragen“, heißt es dazu vonseiten der Forstwirtschaft. Den Erlösen von rund 35 000 Euro stehen jedoch höhere Ausgaben für beispielsweise Personal- und Planungskosten sowie Wegebau entgegen, weshalb ein Abmangel von 24 000 Euro entstanden ist.
Ökopunkte aus dem Wald
Was für viele Kreisgemeinden bereits forstwirtschaftlicher Alltag ist, wird nun auch für den Dettinger Gemeindewald eingeführt: das Alt- und Totholzkonzept. „Das ist ein Vorsorgeschutzkonzept“, erläuterte Benjamin Fischer. Er zeichnet dafür Flächen im Wald aus, in die sich bestimmte Arten zurückziehen können, sollte er aus Versehen einen Spechtbaum fällen. „Wenn ein Baum 30 Meter hoch ist, sehe ich von unten nicht unbedingt, dass sich im oberen Bereich eine Höhle befindet. Mit einem Ersatzhabitat erhalten die Tiere einen Ausweichplatz“, verdeutlichte der Förster die Idee, die dahintersteckt. Dieses Vorgehen gebe Rechtssicherheit, da damit ein artenschutzrechtliches Gutachten und Einzelfallprüfungen für die Lebens- und Fortpflanzungsstätten nicht mehr nötig sind. „Das gleicht Verluste aus“, so der Revierleiter.
Für ein Waldrefugium wird eine Fläche von mindestens einem Hektar benötigt, es wird also aus der Nutzung genommen. Vier Refugien hat Benjamin Fischer im Blick, die bisher schon kaum oder gar nicht bewirtschaftet wurden. Dabei handelt es sich um schlecht oder schwer zugängliche Klingen, beispielsweise in den Distrikten Stützhalde/Glockenstuhl, Finkengreut oder Dachsbühl. Insgesamt sind es knapp 6,5 Hektar. „Das sind etwa 2,5 Prozent der öffentlichen Waldfläche, im Privatwald gibt es weiteres Potenzial“, führte der Förster aus. Dazu kommen noch 40 Habitatbaumgruppen. Eine muss mindestens aus 15 über 100 Jahre alten Bäumen bestehen, außerdem braucht es alle drei Hektar eine solche Gruppe. Da es je Quadratmeter vier Punkte gibt, kann Dettingen künftig rund 250 000 Ökopunkte verbuchen.