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Sprayen, stempeln, spachteln und malen

Kreatives Projekt in Dettingen führt Kinder und Senioren zum gemeinsamen Malen zusammen

Im Alten Gemeindehaus saßen Dettinger Kindergarten- und Schulkinder, Teenager und Erwachsene jeden Alters an einem Tisch. Gemeinsam probierten sie sich in den unterschiedlichsten Mal- und Gestaltungstechniken. Am Ende entstand eine kleine interessante Ausstellung ihrer Gemälde und Kollagen.

Nach Herzenslust sprayen und spachteln. Die elfjährige Ines setzte blaue Tupfen auf die gelbe Graffiti.Foto: Andrea Barner

Nach Herzenslust sprayen und spachteln. Die elfjährige Ines setzte blaue Tupfen auf die gelbe Graffiti. Foto: Andrea Barner

Dettingen. Begleitet von den Klängen Friedrich Smetanas „Moldau“ geht die Gruppe von Kerstin Starkert munter ans kunstschaffende Werk. Eine etwa drei Meter lange Papierbahn steht zur Verfügung, fünf Leute arbeiten musikalisch inspiriert an der künstlerischen Gestaltung einer eindrucksvollen Flusslandschaft. Der älteste der Gruppe ist 83, die Jüngste etwa elf Jahre alt. Nach einer gewissen Zeit wechseln die „Künstler“ dann die Plätze am Maltisch und malen da weiter, wo ihr Vorgänger aufgehört hat. Dabei kommen spannende Co-Produktionen heraus. „Das hat total Spaß gemacht“ sagt Inge Eichler vom Familienzentrum, „wie hier mit ganz unterschiedlichen Ideen und Techniken Bilder entstanden sind.“

Der Modellversuch „Dettingen malt gemeinsam“ hat allen Beteiligten großen Spaß gemacht und wird künftig vielleicht jedes Jahr im Kulturprogramm stehen. Bürgermeister Rainer Haußmann sah sich bestätigt: die Marschrichtung stimmt in seiner Gemeinde. Was früher auf dem Land gang und gäbe war, nämlich die Großfamilie vom Kleinkind bis zur Urgroßmutter, das gibt es heute nicht mehr. „Das, was früher automatisch ging, muss man heute ermöglichen und herstellen“ sagte er bei der Ausstellungseröffnung, „man braucht dafür natürlich Geld, vor allem aber entsprechende Strukturen und ein Netzwerk“. In Dettingen hat sich bei verschiedenen Projekten schon gezeigt, dass sowohl bei den Senioren wie auch bei den Kindern und Jugendlichen viel Bereitschaft ist, aufeinander zuzugehen, sich gegenseitig zu stützen und voneinander zu lernen.

Dass das so ist, war auch am Maltisch und an der Staffelei offensichtlich. Vier Künstlerinnen, die alle ehrenamtlich arbeiteten, hatten für die etwa 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz unterschiedliche Konzepte mitgebracht. Acrylmalerei war das Thema von Roswitha Remmel. In ihrer Gruppe ging’s um das exakte farbige Ausmalen von Flächen. Als Vorlagen dienten berühmte Kunstwerke, wie etwa abstrakte Gemälde von Adolf Hölzl oder der „Pinguin“ von Otmar Alt. Frisch drauflos sprayen, stempeln und spachteln konnten die Teilnehmer bei Cäcilia Brodbeck. Im Minutentakt, streng nach Stoppuhr wurde an der Staffelei durchgewechselt. Jeder wählte für seinen Einsatz eigene Farben und Werkzeuge. Nach jedem Wechsel bekam das Bild eine neue, manchmal überraschende Note, eine Farbschicht wurde über die andere gelegt, am Ende kam ein ganz anderes Bild heraus, als anfangs geplant.

Ihrer Fantasie freien Lauf ließen auch die Kleinsten an „ihrem“ Tisch, wo sie mit Sabine Reuster zunächst Pappkartons weiß grundierten, da­rauf dann in bunten Farben schwelgten, ihre Kunstwerke mit Federn oder anderen Naturmaterialien verzierten und erfolgreiche Versuche mit der sogenannten Serviettentechnik starteten. Diese Kindergartenkinder werkelten in ihrer Altersgruppe separat. Die anderen Teilnehmer wurden am Anfang den unterschiedlichen Gruppen zugeteilt, später durften sie nach Interesse auch wechseln.

Die Erwachsenen lernten von den Kindern mit Fantasie und Unverkrampftheit an die Aufgaben heranzugehen, umgekehrt steuerten sie aus ihrer Erfahrung und ihrem Geschick bei den Jungen einiges bei. Dieser gegenseitige Austausch und die Inspiration ist auch Triebfeder der anderen Mehrgenerationen-Projekte, die Dettingen seit einigen Jahren regelmäßig durchführt. „Die Kinder kriegen große Augen, wenn sie zum Beispiel im Freilichtmuseum einen uralten Herd mit eingebautem Waffeleisen zu sehen kriegen, oder wenn sie in einen Kuhstall dürfen“, hat Bürgermeister Rainer Haußmann dabei schon erlebt. „Und die alten Menschen wollen heutzutage nicht mehr einfach nur ihre Ruhe. Sie wollen Kontakte, Ablenkung, sie wollen Geschichten erzählen und noch vieles erleben“, so der Schultes weiter.

Die vielen Gemälde und Collagen, die am Samstag in Dettingen gemeinsam entstanden sind, wanderten mit den jungen und älteren Künstlern nach Hause. Für Eltern und andere Interessierte waren sie ausschließlich am Sonntag im Rahmen einer „Vernissage“ ausgestellt.