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Start-ups punkten mit nachhaltigen Geschäftsideen

Innovationspreis Von der veganen Lebensmittelindustrie bis hin zur Stadtplanung in Zeiten des Klimawandels: Diese Felder könnten von Entwicklungen aus dem Landkreis profitieren. Das zeigt sich beim Innovationspreis. Von Greta Gramberg

Die Klimakrise und die vielen Transformationsentwicklungen, die damit einhergehen, ist allgegenwärtig. Derzeit überwiegen die negativen Bewertungen der Klimaschutzbemühungen, sind sie doch oft mit Kosten verbunden. Doch auf der anderen Seite sind Krisen auch Transformationstreiber: Sie motivieren zu Innovationen. Beispielsweise die Lebensmittelindus­trie, die aufgrund der schlechten Klimabilanz der Tierhaltung mehr Alternativen zu Fleisch anbietet. Und die Gründer des Ostfilderner Start-ups Protein Distillery, die den Herstellern der Ersatzprodukte ein pflanzliches Protein schmackhaft machen wollen. Ihre Firma hat den ersten Platz beim diesjährigen Innovationspreis des Landkreises erhalten. Auch bei den Geschäfts­ideen der drei weiteren Preisträger spielen Klimawandel und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen direkt oder indirekt eine Rolle.

30 000 Euro waren bei dem gemeinsamen Preis von Landkreis und lokaler Wirtschaft ausgelobt worden, die in dieser Woche an vier Unternehmen verteilt wurden. Die Preisverleihung hat am Dienstagabend in den Räumen der Kreissparkasse in Esslingen stattgefunden. Trotz des konjunkturellen Abschwungs, der sich auch im Landkreis bemerkbar macht, wie Landrat Heinz Einiger ansprach, übten sich die Redner der Veranstaltung im positiven Blick nach vorne. In den 20 Jahren seit Bestehen des Innovationspreises hat es viele Krisen gegeben, wie der Landrat deutlich machte. „Auf was wir uns aber in all den Jahren verlassen konnten, ist die Innovationskraft unserer mittelständischen Wirtschaft.“ Innovationen seien das, was im Landkreis der Motor für den wirtschaftlichen Erfolg sei. Diese sichtbar zu machen, sei Ziel des Preises.

 

Bierhefe als Fleischersatz

Man müsse den Menschen gute und einfach zu handhabende Alternativen bieten, sagt Christoph Pitter, einer der Mitbegründer von Protein Distillery. „Vegan sein ist für mich kein Dogma“, sagt er – und will mit seiner Geschäftsidee indirekt vor allem Flexitarier erreichen, also Leute, die ihren Fleischkonsum reduzieren wollen. Direkt richten sich die Produkte des Start-ups aber an Lebensmittelhersteller. Die Idee dazu ist privaten Erfahrungen Pitters entsprungen, der die Alternativen für Fleisch, Käse oder Ei geschmacklich unzureichend fand. Mit seinem Studienfreund Michael Baunach – beide haben an der Hochschule Esslingen ihr Ingenieurstudium absolviert – entwickelte er einen Proteinersatz aus Bierhefe. Er ist den insgesamt vier Gründern zufolge besser zu verarbeiten und geschmacksneutraler als andere Pflanzenproteine. Zudem fällt Bierhefe als Abfallprodukt in Brauereien an, es handelt sich also um eine Art Kreislaufwirtschaft.

Mehrere Preise hat Protein Distillery bereits erhalten und laut Pitter auch erste Kunden in der Industrie überzeugt. Das Bierhefe-Protein soll voraussichtlich Ende kommenden Jahres auf den Markt kommen. „Wir müssen schauen, ob bereits 2024 Produkte auf den Tellern liegen werden“, so Pitter. Ihm zufolge laufen derzeit noch die Gespräche für die Produktionsflächen, die in Baden-Württemberg aufgebaut werden sollen. Auch für Entwicklung und Verwaltung sucht das Start-up neue Räume in der Region. Derzeit zählt Protein Distillery 20 Mitarbeiter, wobei zehn weitere gesucht werden. Das Preisgeld von 12 000 Euro soll unter anderem in die Weihnachtsfeier fließen.

 

Kirchheimer auf Platz zwei

8000 Euro für den zweiten Platz sind an die Firma Eco Water Solution aus Kirchheim gegangen, bereits Träger des Gründerpreises der Kreissparkasse 2022. Ihr Bio-Topp-System ist eine neuartige Kleinkläranlage – laut Laudatorin Gabriele Grüning von der Hochschule Esslingen eine der innovativsten weltweit. Sie bereitet den Klärschlamm kostengünstig direkt auf und reinigt das Nutzwasser so, dass es direkt für die Gartenbewässerung oder Gebäudekühlung genutzt werden kann. Laut Co-Geschäftsführer Thomas Czoske ist das System seit Ende 2022 auf dem Markt und bereits in kleineren und größeren Gebäuden im Einsatz.

Auf die zwei dritten Plätze mit je 5000 Euro Preisgeld wählte die Jury die Firmen Aris aus Wernau und Logbatt aus Plochingen. Aris hat eine intelligente Zisternensteuerung erfunden, die die Nutzung von Regenwasser kostengünstig erleichtert. Logbatt hat sich auf die Rückhollogistik von Lithium-Ionen-Batterien in der E-Mobilität spezialisiert und einen sicheren Lagerbehälter entwickelt.

 

Neun Kandidaten im Finale

Konzept Der Innovationspreis des Landkreises wird seit 2003 ausgerichtet von der Wirtschaftsförderung des Landkreises. In diesem Jahr war die elfte Verleihung. Das Preisgeld wird aus der Wirtschaft aus dem Kreis Esslingen gestellt, die auch Vertreter in den Innovationsausschuss entsendet. In diesem Jahr waren 18 Initiatoren beteiligt, darunter Industrie- und Handelskammer, Kreishandwerkerschaft, Vertreter der zwei Hochschulen im Kreis und der Unternehmen. Auch der Verlag der Eßlinger Zeitung war beteiligt.

Weitere Finalisten Insgesamt waren in diesem Jahr 23 – laut Landrat Heinz Eininger „durchweg qualitätsvolle“ – Bewerbungen von kleinen und mittleren Unternehmen eingegangen. Neun haben es in die Finalrunde geschafft. Neben den Preisträgerinnen und Preisträgern waren das folgende Firmen: F. Zimmermann GmbH (Neuhausen), Lokora GmbH (Nürtingen), Oppermann Regelgeräte GmbH (Leinfelden-Echterdingen), Protion GmbH (Beuren) und Tecomon GmbH (Denkendorf). gg