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Statt Ansturm leichte Frühlingsbrise

Literatur Seit Montag dürfen laut Lockerungs-Beschluss kleine Läden bis 800 Quadratmeter Fläche wieder öffnen. Doch längst öffnen nicht alle Buchhandlungen sofort. Von Thomas Krytzner

Im Leseladen tragen die Buchhändler Masken und gehen auf Abstand - auch bei Stammkunden.Foto: Thomas Krytzner
Im Leseladen tragen die Buchhändler Masken und gehen auf Abstand - auch bei Stammkunden. Foto: Thomas Krytzner

Euphorie über die Lockerungen der Corona-Verordnung sieht irgendwie anders aus. Die Kunden dürfen sich zwar über die wieder offenen Buchhandlungen freuen, doch die Freude darüber scheint bei Lesern und Buchhändlern gleichermaßen getrübt.

So verzichtete beispielsweise Katrin Hörcher darauf, ihre Ladentüre bereits am Montag aufzuschließen. „Wir freuen uns, dass kleine Läden wieder öffnen dürfen, aber es bestehen einfach noch zu viele Unklarheiten“, erklärt sie ihren Entschluss, die Schöllkopf Buchhandlung erst am Donnerstag zu öffnen. Sorgen bereitet ihr vor allem der mit der Lockerung geforderte Hygieneplan, den alle Läden vorlegen müssen, die ab dieser Woche wieder aufmachen. „Da es zu den Hygienevorschriften keine klaren Vorschriften gibt, muss ich mich zuerst informieren, was ich im Laden alles installieren muss.“ Auch gilt es sicher zu stellen, dass nicht zu viele Kunden im Laden sind und dann die geforderte Distanz zwischen den Menschen nicht mehr eingehalten werden kann. Katrin Hörcher findet: „Wir müssen mit Augenmaß vorgehen.“

Die Augen gewinnen zur Maskenzeit an Bedeutung. Denn: Das Lächeln zwischen Angestellten und Kunden bleibt zurzeit hinter der Mund-Nasen-Maske verborgen. „Bis auf wenige Ausnahmen tragen alle Leser Masken“, bestätigte Sibylle Mockler vom Buchhaus Zimmermann am ersten Tag der Corona-Lockerungen. Sie freut sich, dass bereits viele Stammkunden im Laden waren. „Sie haben das Schmökern in den Büchern vermisst.“ Ansonsten hielt sich der Kundenstrom am Montag in Grenzen. Erleichtert bestätigt Sibylle Mockler: „Bisher mussten wir die hereinkommenden Kunden noch nicht zählen oder ihnen gar den Eintritt verwehren.“ Die Mitarbeiter im Buchhaus tragen allesamt Mund-Nasen-Masken, die von der Geschäftsführerin kurzfristig beschafft wurden. Auch die Schutzeinrichtungen im Laden mussten rasch aufgestellt werden: „An den Kassen schützen wir uns mit Plexiglas vor der Ansteckungsgefahr und an den Arbeitsplätzen unserer Mitarbeiter dienen Behelfskonstruktionen als Distanzhalter.“ Auf dem Boden weisen aufgeklebte Bänder auf die Einhaltung des Abstands von mindestens 1,5 Meter hin.

Wer den Leseladen von Karen Ziegler betritt, wird derzeit nicht nur von einem freundlichen „Hallo“ willkommen geheißen, sondern auch eingeladen, das am Eingang bereitgestellte Desinfektionsmittel zu benutzen. Buchhändlerin Inge Eichler freute sich über zahlreiche Kunden. „Es läuft ganz gut und die Menschen halten sich zum großen Teil an die Abstandsregeln.“

Auch Karen Ziegler und Inge Eichler tragen Mund- und Nasenschutz, sind aber mit der angekündigten Maskenpflicht nicht glücklich. „Wir wollen die Kunden und uns schützen, das steht außer Frage, aber irgendwie fällt mit den Masken das Persönliche weg.“ Ein Tisch am Kassenbereich dient als Distanzhalter und ein größerer Spuckschutz werde in den nächsten Tagen geliefert und installiert. Karen Ziegler bemängelt, dass sie für den geforderten Hygieneplan keine Richtlinien auf der Homepage der Stadt Kirchheim gefunden hat. „Das hätte uns die Vorbereitung auf die Ladenöffnung erleichtert.“ Kaffee gibt es im Leseladen zwar weiterhin, „aber den bieten wir nur noch to go an.“

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