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„Streichhölzer“ verbreiten Feuer und Flamme

Gelungenes Adventskonzert der Musikschule Kirchheim zugunsten der Teckboten-Weihnachtsaktion

Weihnachtliche Musik bekamen die Zuhörer in der Kirchheimer Martinskirche beim Konzert der Musikschule zu hören Foto: Johannes S
Weihnachtliche Musik bekamen die Zuhörer in der Kirchheimer Martinskirche beim Konzert der Musikschule zu hören Foto: Johannes Stortz

Kirchheim. Der Komponist Domenico Cimarosa wurde 1800 zum Tode verurteilt, weil er für die falsche politische Seite Musik machte. Die musizierenden Schüler der Musikschule

Kirchheim machten in der Martinskirche dagegen alles richtig. Sie zeigten, wie wichtig Musik vor allem für das soziale Miteinander ist. Die Teckboten-Weihnachtsaktion ist mittlerweile aus den Finanztöpfen der Stadt kaum wegzudenken, und es berührt, dass sich unter den unterstützenden Projekten auch eine Obdachlosen-Hilfe befindet, die unter dem tatkräftigen Engagement von Pfarrer Christoph Schweikle den Gaiserplatz menschenfreundlicher gestalten will. Im Kulturbereich wird stetig gekürzt. Es ist aber die Kultur, die sich ohne eigene Steuervorteile erfolgreich für Benefizzwecke einsetzt – beim Adventskonzert der Musikschule legten die Besucher 1 119,47 Euro in die Spendenkörbchen der Chorkinder für die Teckboten-Weihnachtsaktion.

Zu allererst ist aber den Lehrenden der Musikschule Kirchheim zu danken, dass sie ihre Musikvermittlung tatsächlich auch für eine bessere Umwelt einzusetzen bereit sind, und wer etwa die „Curly Girls“ mit ihren unbedarft klaren Mädchenstimmen Sarah Connors „Wie schön bist du“ singen hörte, musste sich von Engeln umgeben fühlen, ob sozial benachteiligt oder nicht. Es war die ungehemmte Natürlichkeit der Stimmen, die Chorleiterin Andrea Wahl den nicht ausschließlich gelockten Mädchen zu entlocken wusste. Nichts war aufgesetzt, gezwungen, Gesang, wie er zu Herzen geht!

Und da ist Johannes Stortz mit seinem besonderen Faible, Instrument-Spielende zu feinfühligen Musikern zu formen. Die innige Zwiesprache der beiden Solo-Querflöten Tabea Wolff und Apinaya Vithyapathy in dem eingangs erwähnten Corpus-Delikti-Konzert von Cimarosa klang wie ein herzliches Erbarmen für den armen Komponisten. Und auch die Unterstützung des symphonischen Orchesters geriet unter der wachsamen Regie von Johannes Stortz zu einem harmonischen Kollektiv, trotz durchaus anspruchsvoller Hornstimmen.

So ist es umso enttäuschender, wenn Jahr um Jahr das konzentrierte Musizieren aufgeregter Nachwuchskünstler von einem steten Kommen und Gehen lediglich auf die eigenen Lieblinge fixierter Gäste empfindlich gestört wird. Und es entging einem Unersetzliches, wenn etwa der mitreißende Jazz-Doppelpunkt mit einem Weihnachtsmedley des Saxofon-Quartetts zu Beginn verpasst wurde. Oder die Feuer und Flamme verbreitenden „Streichhölzer“ unter der fürsorglichen Leitung Takashi Otsukas, die mit dem Komponisten Johann Hermann Schein zur hellen Freude der Christen aufriefen und die entflammten Herzen anschließend selbst mit einem Menuett aus Händels Wassermusik nicht wieder zu löschen vermochten.

In wohl keinem Kontext lässt sich ein gelingendes Miteinander so vorzüglich erproben, wie in einer Musikgruppe mit ihren führenden, unterstützenden oder einfach nur ergänzenden Stimmen. Speziell barocke Concerti erlauben nur dann ein he­rausgehobenes Virtuosentum, wenn sich dafür andere im Hintergrund um eine solide Grundlage bemühen. Die atemberaubenden Terzen-Ketten im Concerto Nr. 2 von Antonio Vivaldi erstaunten aufgrund ihrer nicht erwartbaren Reinheit. Takashi Otsuka muss aber vor allem eine fleißige Grundlagenarbeit bei den Begleitstimmen geleistet haben. Eine derartige Kompetenz bei der musikalischen Nachwuchsarbeit im „Schlössle“ ist zweifellos eine Zierde der Stadt. Auch was ihr stilistisches Spektrum anbelangt.

Michael Holder bediente mit einer Hand traumwandlerisch sicher die Jazz-Tastatur und umgab mit der anderen den Jugendchor mit ermutigender Geborgenheit für einen zügellosen Swing um den Weihnachtsbaum herum. Die hier spürbare leichte Ängstlichkeit der sangesstarken Teenies wäre gar nicht notwendig gewesen. Es gab hier nur Gewinnendes, auch wenn die lautstarke peruanische Gruppe vor den Türen der Martinskirche mitunter rhythmisch komplizierte Kontrapunkte zu setzen wusste. Aber auch das gehört wohl zu einem Miteinander im Herzen der Stadt. Martina Wratsch lud noch zusammen mit den „Wind Kids“ zu einer schmissigen Polka ein, bevor ein bunter, vorweihnachtlicher Musikgenuss in der gemeinsamen Bitte um eine „Gnadenreichen Weihnachtszeit“ einmündete. Der Komponist Domenico Cimarosa wurde schließlich tatsächlich begnadigt.