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Suizid im Blick

„Tod einer Scientologin“ von Markus Thöß

Kirchheim. Markus Thöß recherchierte und filmte die Geschichte um den Tod der hochrangigen Scientologin Walburga „Biggi“ Reichert. Er schildert das Leben der Frau aus Bayern, die 1997 Hans-Jürgen, einen Scientologen, kennenlernt und später heiratet. „Der Fehler meines Lebens“, wie sie 2006 in ihrem Abschiedsbrief schreibt.

Die Tierärztin Biggi Reichert stammt aus einer Kleinstadt in Bayern, wird Scientologin und in Augsburg Leiterin einer sogenannten Scientology Mission. Sie glaubt an das Versprechen der Organisation, die Probleme des Lebens zu lösen, und will den Weg über die „Brücke zur Freiheit“ gehen. Sie verkauft ihren Praxisanteil, gibt das Geld Scientology und zieht nach Hamburg.

Biggi Reichert steigt innerhalb von Scientology zum „operierenden Thetan“ OT 8 auf und ist mehrmals in Clearwater/Florida, dem Hauptsitz der sogenannten Church of Scientology. Ein Auditing kostet dort pro Stunde 400 bis 1 000 Dollar und dauert vier bis sechs Stunden am Tag. Hinzu kommen für die Tierärztin noch Reisekosten und Spesen.

In Hamburg arbeitet sie nicht nur als Tierärztin, sondern auch noch im Büro ihres Mannes und bei Scientology in der Hansestadt. Für den OT 8 gibt sie 47 000 Dollar aus und 200 000 Dollar für Kurse.

Am 5. März 2006 findet die Polizei in einer Hamburger Tiefgarage die Leiche der 40-jährigen Biggi Reichert. Todesursache: Schlaftabletten in Verbindung mit Kohlenmonoxid. Die Leiche der Tierärztin wird obduziert. Dabei stellen die Gerichtsmediziner 28 Kopfwunden fest. Woher kommen diese Veränderungen der Kopfhaut? Verletzungen oder Hautkrankheiten? Und warum brachte sich die hochrangige Scientologin um?

Reporter Markus Thöß ist es gelungen, die gelöschte Festplatte von Biggi Reicherts Computer wiederherzustellen. Zahlreiche E-Mails, Abrechnungen und Anweisungen ergeben einen detaillierten Einblick in Biggi Reicherts Sektenleben. Zusammen mit den Ermittlungsergebnissen zeigt sich ein offenbar gegensätzliches Bild zu dem von Scientology dargestellten „Operierenden Thetan“ Biggi Reichert: Kontrolle, Druck und bittere Krisen – die Kehrseite einer Scientology-Karriere.

Der Film ist in der ARD-Mediathek unter seinem Titel „Tod einer Scientologin“ einsehbar.rum