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Täter hat die Einbrüche „vergessen“

Der 44-Jährige, der im Kreis Esslingen und in Stuttgart in 112 Fällen Einbruchsdiebstähle begangen haben soll, beteuerte, er sei schwer drogensüchtig gewesen. Das aber glaubt ihm die Richterin nicht. Ein Gutachter soll nun klären, ob der Mann wegen einer Drogensucht ­vermindert schuldfähig ist.

Kirchheim/Stuttgart. Es geht um 112 Einzeltaten: nächtliche Einbrüche in Ärztehäuser, Firmen, Gaststätten und Schulen. Allein in Kirchheim listet der Ankläger für Sommer vergangenen Jahres zwölf Einbrüche auf.

Die Einbruchsschäden überstiegen meist die Höhe der Beute, weil der Angeklagte laut Vorwurf mit brachialer Gewalt Türen und Fenster geöffnet hatte – so auch bei mehreren Einbrüchen in Kirchheimer Schulen und Anwaltskanzleien. In Schulen zum Beispiel brach der Mann Schließfächer auf und erbeutete Kleinbeträge, aber auch elektronische Geräte. In den Arztpraxen war es meistens Bargeld.

Erst nach mehreren Verhandlungstagen hatte der 44-Jährige, der durch seine Nachforschungen über Google ermittelt werden konnte, zugegeben, dass er der Täter ist. An die Einbrüche könne er sich aber nicht mehr erinnern, sagte er. Denn er habe sehr viel Drogen konsumiert.

Jetzt präzisierte er dieses Rauschgiftthema und gab an, dass er die Einbrüche als Geldbeschaffung für den Kauf der Drogen verübt habe. Er sei hochgradig abhängig gewesen. Das aber will ihm die Vorsitzende Richterin der 18. Großen Strafkammer am Stuttgarter Landgericht nicht glauben. Sie nahm den Angeklagten ins Kreuzverhör. Der jedoch blieb dabei – und sagte gleichzeitig aus, dass er von den Taten nichts mehr wisse.

Sein Verteidiger will nun gegenüber dem Gericht die angebliche Drogensucht des 44-Jährigen nachweisen. Dafür beantragte er, man möge einen medizinisch-psychiatrischen Sachverständigen beauftragen. Dieser solle den Angeklagten genau untersuchen und im Nachhinein die Rauschgiftabhängigkeit feststellen. Sollte der Gutachter zu dem Ergebnis kommen, dass der Angeklagte ein Beschaffungskrimineller ist, könne für ihn Paragraf 21 des Strafgesetzbuchs gelten, in dem es um verminderte Schuldfähigkeit geht. Da winkt ihm dann ein Strafrabatt.

Auch mehrere Zeugen sollen dazu geladen werden. Nachdem der Angeklagte selbst zu den Einzelheiten der jeweils nächtlichen Beutezüge infolge seiner „Vergesslichkeit“ nicht befragt werden kann, hören sich die Richter derzeit die Aussagen von etwa 50 geschädigten Zeugen an. Dies kann jedoch noch Wochen dauern. Ob der Gutachter-Antrag Erfolg hat, ist noch nicht entschieden.