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Teambildung am Teckberg

Engagement Der Landschaftspflegetag in Owen mal anders: Die Firma Dicota bot ihren Mitarbeitenden zum Jubi­läum etwas Besonderes bieten und befreite gemeinsam mit dem Albverein den Hang von Gestrüpp. Von Iris Häfner

Wir werden das hier besenrein übergeben“, verspricht Norbert Rumberger, Vorsitzender des Schwäbischen Albvereins, mit einem Augenzwinkern. Er hat gut reden, denn er hat viele Helferinnen und Helfer beim fünften Owener Landschaftspflegetag um sich. Neben seinen vier Albvereinskameraden sind auch 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Owener Firma Dicota einschließlich zweier Geschäftsführer mit von der Partie.

 

Mit so vielen Leuten zu arbeiten, macht Spaß.
Landschaftspfleger Jörg Schmid

 

Die Sonne scheint, es riecht nach Bärlauch. Kein Wunder: Mit Eisenrechen werden Laub und kleine Ästchen den Hang bis zum nächsten Wiesenweg hinabbefördert. Die jungen Triebe werden dabei zwangsläufig angekratzt und setzen ihre Duftmarke. Andere Dicota-Mitarbeiter sind mit stabilen Gabeln ausgestattet, um die stabileren Äste bergabwärts zu transportieren. Kurz nach 11 Uhr ist schon viel geschafft. Die Organisatoren sind begeistert. Beim Arbeitsbeginn gegen 9.15 Uhr war es recht kühl. „Wir haben schnell und viel gearbeitet, damit uns warm wurde“, erzählt Michael Mühlenbruch. Mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Stephan Meyer kam er auf die Idee, zum 30-jährigen Bestehen der Firma seinen Mitarbeitern, darunter auch zwei Auszubildende, eine besondere Teambildungs-Aktion anzubieten. Das erschien ihnen nach der langen Corona-Pause, in der viel im Homeoffice gearbeitet wurde, ein guter Impuls. 

Frischluft statt Büro, Rechen statt Computer: Dicota-Mitarbeitende pflegen die Landschaft mit Blick auf den Hohenbol. Foto: Carsten Riedl

Passend zur Firmenphilosophie sollte es sinnvoll und passend zum Firmensitz in Owen sein. Ein Anruf bei der Stadtverwaltung brachte dann den Impuls, sich am Landschaftspflegetag zu beteiligen. Der wurde kurzerhand von Samstag auf einen Wochentag gelegt – da zeigte sich der Albverein flexibel.

Gute Vorarbeit hatte Jörg ­Schmid geleistet. Der Owener Schäfer ist auch Landschaftspfleger und mit entsprechendem Gerät ausgestattet. Über zwei Tage war er in dem verbuschten, steilen Abschnitt unterhalb der Burg Teck mit Motorsäge und anderem Schnittwerkzeug beschäftigt, um den Dschungel zu roden. Er kämpfte mit Brombeeren am Boden, „Lianen“ in den Bäumen und völlig morschen Bäumen, die er notgedrungen umsägen musste. Doch das eine oder andere marode Exemplar steht als Spechtbaum noch an Ort und Stelle. Auch einen kleinen Heckenabschnitt ließ er als Brutmöglichkeit für Singvögel und Lebensraum für Eidechsen stehen. Jörg Schmid war voll des Lobs über seine neuen Mitstreiter. „Mit so vielen Leuten zu arbeiten, macht Spaß. Es ist unglaublich, wie schnell das Material nach unten geschafft war“, freut er sich. Vom HW1, dem neuen Premiumwanderweg „Hochgehadelt“, hat man nun freie Sicht vom Streuobstgürtel über die Schafweide zum Hangwald und zur Burg Teck. „Ohne Ehrenamt ist Landschaftspflege nicht möglich. Ich finde es super, dass eine Firma von sich aus auf die Stadt zugeht. Mit dem Tag heute haben wir der Natur wieder was zurückgegeben“, sagt Jörg Schmid.

So sehen Sieger gegen Gestrüpp aus. Foto: Carsten Riedl

Über den Mehrwert für die Gesellschaft freut sich auch Bürgermeisterin Verena Grötzinger, die aus Termingründen erst später zur Gruppe stößt. In Anlehnung an die Aktionen „Owen kirscht“ und „Owen blüht“ hat Norbert Rumberger spontan die Aktion „Owen pflegt“ ausgerufen. „Das passt. So haben wir über unseren Landschaftspflegetag einen Deckel drüber“, erklärt er. 

Dank der vielen Hände war das Material schnell den Hang hinab befördert worden. Foto: Carsten Riedl

„Toll. Das ist mal was anderes als Büroarbeit“, sagt eine Mitarbeiterin auf die Frage, wie ihr der Morgen gefallen hat. Der war nicht nur körperlich herausfordernd. Bei der Pause in der wärmenden Morgensonne erfuhren die Dicota-Mitarbeiter einiges über Land und Leute. Nach getaner Arbeit konnten sich alle Landschaftspflegerinnen und -pfleger bei einem ordentlichen Vesper am Schafstall von Jörg ­Schmid bei Lammburger und anderen regionalen Leckereien stärken.

 

Der Name ist Programm: Dicota – Die Computer-Tasche

„Wir haben einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit“, sagt Geschäftsführer Michael Mühlenbruch, weshalb sich die Firma Dicota – Die Computer Tasche – entschieden hat, am Landschaftspflegetag mitzuwirken. Die Notebooktaschen sind aus recycelten PET-Flaschen. Die geschredderten Flaschen werden eingeschmolzen und zu Garn verarbeitet. Das wiederum wird zu Stoffbahnen verwebt. Dieser Prozess findet in Fernost statt, weshalb Dicota eine Dependenz in Hongkong hat. Ebenso in Dubai, um den dortigen Markt bedienen zu können.

„Wir wählen die Materialien aus und machen unsere eigene Bemusterung“, erklärt Michael Mühlenbruch – das Design wird erstellt. Sind sämtliche Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden, geht das Produkt in die Auftragsfertigung in Fernost. In Owen gibt es ein kleines Handlager. „Taschen sind ein haptisches Produkt. Einige unserer Kunden kommen gerne bei uns vorbei – sie haben es nicht weit“, so Michael Mühlenbruch. Die Kunden sind Autofirmen, Banken und Versicherungen. „Wir sind Marktführer in Deutschland, Österreich und der Schweiz – also ein Hidden Champion“, sagt er stolz. Auftragsbearbeitung, Logistikmanagement, Vertrieb und Kaufmännisches finden in Owen statt.

Dicota ist im Verbund amfori. Das ist ein Wirtschaftsverband des europäischen und internationalen Handels, der nachhaltige Lieferketten fördert. „Uns ist soziale Verantwortung wichtig“, sagt Michael Mühlenbruch.

Gegründet wurde Dicota 1992 in Bietigheim-Bissingen, 2013 begann ein neuer Abschnitt: Michael Mühlenbruch, Stephan Meyer und Ruedi Nauer übernahmen die Firma und suchten sich einen neuen Standort. „Zu der Zeit war es schwierig, bezahlbare und von der Größe passende Räume zu finden“, erläutert Michael Mühlenbruch. Da er aus Linsenhofen stammt, hat er sich in der alten Heimat im wahrsten Sinn des Worts näher umgeschaut. So stieß er auf die Fabrikhallen der Firma Leuze. Prompt wurde er bei seiner Erkundungstour von einem „Herrn Leuze erwischt“. Das ungeplante Gespräch verlief äußerst positiv. „Textil, das passt“, war die Antwort, und Dicota konnte in die hellen Räume einziehen.

Wir wollten eine Rückkopplung und unseren Mitarbeitenden zeigen, an welch schönem Ort sie arbeiten“, sagt Michael Mühlenbruch. Eine Fläche von Unterholz zu befreien, überzeugte ihn sofort: „Mit so vielen Leuten sieht man schnell ein Ergebnis“, war ihm klar. Dann noch ein „bisschen Heimatkunde“ über den Ort mit seiner Burg Teck während der Pause zu erfahren, sei eine tolle Geschichte. „Ich kann mir vorstellen, das öfter zu machen“, stellt der Geschäftsführer in Aussicht.

Anreize für seine Mitarbeitenden zu schaffen, ist Michael Mühlenbruch wichtig. Schließlich ist Owen keine Metropole. „Zu ihrem Arbeitsplatz in diesem schönen Naherholungsgebiet können sie mit den Öffentlichen anreisen, die Autoanbindung ist perfekt und es gibt Parkplätze. Sie haben keinen Stress, keinen Stau und können auch in Ruhe ihren Kaffee trinken“, sagt er. Die neuen Arbeitsformen kommen seiner Firma extrem entgegen. „Zwei Tage Homeoffice und anderes mehr macht uns attraktiv“, ist Michael Mühlenbruch überzeugt. ih