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Teil der Kirchheimer Stadtgeschichte

Flohmarkt im „Haus Rupp“ lockt Hunderte Besucher an – Erlös geht an Martinskirchenstiftung

Zahllose Geschichten, Anekdoten und Erinnerungen ranken sich um das Haus in der Kirchheimer Marktstraße 16. Das Gebäude, das seit 200 Jahren im Besitz der Familie Rupp ist, die dort einst einen Kolonialwarenladen führte, hatte am vergangenen Wochenende seine Türen für einen Hausflohmarkt geöffnet.

Sammler, Liebhaber und Flaneure, die in Erinnerungen schwelgten, besuchten am Wochenende den Hausflohmarkt von Familie Rupp. Sch
Sammler, Liebhaber und Flaneure, die in Erinnerungen schwelgten, besuchten am Wochenende den Hausflohmarkt von Familie Rupp. Schiefertafeln, Werbeschilder aus Blech und Zigarrenschachteln wechselten ebenso den Eigentümer, wie Möbel, Textilien und Accessoires.Fotos: Daniela Haußmann

Daniela Haußmann

Kirchheim. Schränke, Truhen, Geschirr, Taschen, Hüte und andere Gegenstände aus längst vergangenen Epochen, die im Rahmen des Flohmarktes zum Verkauf standen, zogen Hunderte Besucher an.

Dort wo in den 60er-Jahren noch das Firmenschild „J.W. Rupp" an der Hausfassade prangte, warteten am Samstag und Sonntag viele Menschen geduldig darauf, dass sich die Türen des traditionsreichen Gebäudes öffneten. In kleinen Gruppen bahnten sie sich ihren Weg durch das enge Treppenhaus, erkundeten jedes Stockwerk und jeden Raum auf der Suche nach einem für sie besonderen Stück Zeitgeschichte und Individualität.

Leintücher, Nachthemden, Leibwäsche, Tischtücher und Deckchen ruhten auf dem Sofa, wanderten durch Hände, wurden entfaltet und wieder zusammengelegt, um am Ende in der Tasche eines Käufers zu verschwinden, der die rund 100 Jahre alten Fundstücke mit Wertschätzung nach Hause trug. „Textilien in einer solchen Qualität sind heute eigentlich nicht mehr zu finden“, erzählte Elisabeth Rupp. „Gleiches gilt für die Muster und Stickereien, die viele Stoffe tragen. Das ist schon was Besonderes." Eine Ansicht, die viele Besucher teilten. Einige von ihnen nahmen die Textilien mit, um sie zu Kissenbezügen oder Patchworkdecken weiterzuverarbeiten, die künftig für eine individuelle Note im Eigenheim sorgen.

Wer die Stiegen hinauf in den Dachstuhl erklomm, stieß unweigerlich auf das älteste Stück im Haus – eine Holztruhe aus dem 17. Jahrhundert. Andrea Haas, geborene Rupp, erinnerte sich noch gut an die Wäsche, die während ihrer Kindheit in der eisenbeschlagenen Truhe sorgsam aufbewahrt wurde. Zwei Jahre lang hatte sie all ihre Urlaubswochen in die Bestandsaufnahme und preisliche Auszeichnung aller Gegenstände investiert, um den Verkauf vorzubereiten. Flohmarkterfahrene und kundige Freunde hatten sie dabei unterstützt. „Von manchen Gegenständen fällt uns die Trennung schwer“, sagte sie fast ein wenig wehmütig. „Aber das Haus soll unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes renoviert werden und all die Dinge, die sich im Verlauf der Jahrhunderte angesammelt haben, können wir nicht behalten und zu unserem Münchner Wohnsitz transportieren.“

Auf dem Hausflohmarkt in der Marktstraße 16 wurde am Wochenende nicht einfach billige Ware verhökert. Es wurden Erinnerungen, Geschichten und Zeitzeugnisse verkauft, wie Gabriele Kreuter bemerkte. In ihrer Kindheit hatte sie mit ihren Eltern im Kolonialwarenladen von Familie Rupp eingekauft. Verschwommen erinnerte sie sich an ein großes Regal, in dem hinter dem Verkaufstresen verschiedenste Waren lagerten. „Beim Adventssingen bin ich als Kind in dieses Haus gekommen", erzählte sie. „Jetzt wollte ich die Möglichkeit nutzen, noch einmal in die Vergangenheit einzutauchen, denn dieses Haus ist ein Teil der Kirchheimer Stadtgeschichte, die ich miterlebt habe.“

Während die Ötlingerin mit der Kamera einzelne Räume und Objekte ablichtete, strich sie mit der Hand über einen alten Bücherschrank mit Glastüren. „Das ist Kultur- und Handwerksgeschichte“, betonte sie. „Für die Menschen damals waren solche Möbel eine Anschaffung fürs Leben. Wenn man sich die Nachttische, Schränke und Stühle ansieht, bemerkt man die hochwertige Verarbeitung mit Liebe zum Detail." Das bewunderte auch Florian Vanhethekke. „Ich habe mich in einen archaischen Holztisch, der wahrscheinlich 100 Jahre alt ist, verliebt", berichtete der Kirchheimer. „Mich begeistert die Verarbeitung und auch, dass diese Gegenstände eine Seele haben, die den Neuwaren auf dem Massenmarkt einfach fehlt.“

Zigarrenschachteln, noch verschlossene Kaffeedosen, Kochlöffel, Besteck, Blechschilder, Handtaschen, alte Tee- und Kaffeetüten fanden unter Sammlern und Liebhabern, die sich in den Fluren und Räumen tummelten, regen Anklang. Viele Objekte hatten am Samstag bereits in den ersten beiden Verkaufsstunden den Eigentümer gewechselt. „Auf Wunsch meines Vaters kommt der Erlös der Stiftung der Martinskirche zugute“, wie Michael Rupp berichtete. „Schließlich hat die Familie einen Bezug zu Kirchheim und auch zur Kirche.“‟