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Traumschiff sucht Passagiere

In der Kita Topkids in Kirchheim haben bisher erst wenige Kinder die Nacht verbracht

Seit rund anderthalb Jahren können Kindergartenkinder der privaten Kita Topkids in der Einrichtung übernachten. Bisher nehmen aber nur sehr wenige Eltern das Angebot wahr.

Traumschiff ohne Passagiere: Bisher haben in der Kita Topkids erst wenige Kinder übernachtet.Foto: Jean-Luc Jacques
Traumschiff ohne Passagiere: Bisher haben in der Kita Topkids erst wenige Kinder übernachtet.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. „Unter zehn Kinder“ hätten bisher in der Kita Topkids übernachtet, sagt Manfred Sigel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Tragwerk, dem Träger der Einrichtung. Es seien keine wöchentlich regelmäßigen, sondern eher punktuelle Übernachtungen. Das Angebot „Kita plus Nacht“, das im März 2014 nach viel Überzeugungsarbeit an den Start gegangen ist, ist also momentan eher noch ein Ladenhüter.

Sigel schiebt das unter anderem darauf, dass nur Eltern der 40 Kindergartenkinder, die tagsüber in der Kita Topkids betreut werden, dort die Nacht verbringen können. Für Krippenkinder sind die Übernachtungen ohnehin tabu. „Wenn es ein Kooperationsmodell mit anderen Kitas geben würde, könnte man das Angebot für andere Kinder öffnen“, sagt Sigel. Allerdings nur, wenn die Kinder die Einrichtung vorher kennengelernt haben. Ein Kinderhotel, in dem Eltern ihren Nachwuchs nach Lust und Laune abliefern können, soll die Kindertagesstätte niemals werden. „Unser Thema ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und das nicht nur tagsüber, wo es meist Angebote gibt. Sondern auch in der Nacht“. Vor allem Eltern, die schichten, selbstständig sind, oder abends häufig länger arbeiten müssen, sollen davon profitieren.

Aber wie ergeht es den Kindern, wenn sie nachts nicht von ihren Eltern ins Bett gebracht werden, sondern von Erzieherinnen in der Kindertagesstätte? Die Frage nach dem Kindeswohl wird Manfred Sigel und Marion Autenrieth, Leiterin der Kita Topkids, oft gestellt. Für die Erzieherin ist klar: Weint das Kind, lässt es sich nicht beruhigen oder zeigt es tagsüber ein verändertes Verhalten, kann es nicht in der Einrichtung übernachten. „Wir raten von der Übernachtung ab, wenn wir das Wohl des Kindes gefährdet sehen“, sagt Autenrieth.

Ein wissenschaftlicher Beirat, in dem unter anderem ein Verhaltensbiologe und ein Kinder- und Jugendtherapeut sitzen, hat das pädagogische Konzept erarbeitet und begleitet die Übernachtungen mithilfe von Fragebögen. Eltern, die Interesse an der Übernachtung haben, werden zu einem Elterngespräch eingeladen, in dem beispielsweise Zubettgeh-Rituale abgefragt werden. Anschließend verbringt das Kind drei Probenächte in der Kita. Die Eltern müssen zu Hause auf Abruf sein. Lässt sich das Kind nicht beruhigen, bekommen die Eltern einen Anruf.

Sind die Probenächte gut gelaufen, steht der regulären Übernachtung im eigens geschreinerten Traumschiff nichts mehr im Wege. Die Eltern bringen ihre Kinder um 17  Uhr. Die Erzieherinnen bereiten mit den Kleinen das Abendessen zu. Nach einer kurzen Spielzeit geht es durch die Waschstraße und anschließend ins Bett. „Dann lesen wir ein Buch vor, singen etwas, kuscheln mit den Kindern. Alles, was sie brauchen“, sagt Marion Autenrieth. Auf Wunsch der Kinder bleiben die Erzieherinnen bei ihnen bis sie schlafen oder verlassen den Raum. Am nächsten Morgen werden die Kinder nach dem Frühstück von den Eltern abgeholt oder in den Kindergarten begleitet, wo sie bis maximal 12 Uhr bleiben können. „Manche Eltern brauchen nach der Nachtschicht erst mal ein paar Stunden Schlaf. Andere sind fit und wollen ihre Kinder gleich abholen“, sagt Marion Autenrieth.

Die Leiterin der Kita, die gemeinsam mit einer Kollegin über den Schlaf der Kleinen wacht, hat viel Freude an den Übernachtungen. „Bei Kindern, die immer wieder da waren, merkt man richtig, wie sie sich darauf freuen“, sagt Autenrieth. Sie wünscht sich, dass mehr Eltern das Angebot wahrnehmen. Zwar lässt sich das Traumschiff zusammenklappen, sodass der Raum anderweitig genutzt werden kann. Trotzdem ist das Angebot momentan nicht kostendeckend. „Erst wenn regelmäßig Kinder übernachten“, sagt Manfred Sigel. „Bis dahin ist es für uns eine Investition in die Zukunft“.

Thema Übernacht-Kita, Schlierbacher Straße 43, Kita Topkids
Thema Übernacht-Kita, Schlierbacher Straße 43, Kita Topkids