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„Umstellung zahlt sich aus“Nachgefragt

Öko-Landwirt Andreas Gruel

Sinkende Milchpreise bescheren der Bio-Landwirtschaft ungeahnten Zulauf. Die Umstellung kann kleineren Betrieben die Existenz sichern, meint Agrar-Ökonom und Bioland-Berater Andreas Gruel.

Bernd Köble

Herr Gruel, die Milchquote ist weg. Was hat sich für Sie als Bio-Landwirt seit April geändert?

ANDREAS GRUEL: Eigentlich nur so viel, dass wir keine Quotenpacht mehr bezahlen müssen. Als wir 1991 unseren neuen Stall gebaut haben, haben wir Quoten zugekauft, um wirtschaftlicher arbeiten zu können. Inzwischen haben wir unsere Milcherzeugung wieder etwas gedrosselt. Die Mengen waren für uns zuletzt kein Thema mehr.

Wie viel Milch produzieren Sie im Jahr?

GRUEL: Wir haben angefangen mit 105 000 Litern. Inzwischen liegen wir bei knapp 80 000.

Davon lässt sich leben?

GRUEL: Wir leben nicht allein von der Milcherzeugung. Unsere Haupteinnahmequelle ist der Anbau von Getreide und Kartoffeln. Aber ja, auch mit der Milchproduktion ließe sich gut wirtschaften.

Welchen Preis erzielt ein Liter Bio-Milch?

GRUEL: Wir erhalten von der Molkerei 48 Cent. Das sind fast 20 Cent über dem momentanen Marktpreis für konventionelle Milch. Davon kann man leben.

Sie beraten im Auftrag von Bioland Kollegen. Würden Sie einem Kleinbauern, der sich durch den Preisdruck auf dem Milchmarkt in seiner Existenz bedroht sieht, zum Umstieg auf Öko-Landwirtschaft raten?

GRUEL: Die Umstellung lohnt sich auf jeden Fall, sofern einige Grundvoraussetzungen gegeben sind. Wenn die Investitionen, etwa für Stallerweiterung, nicht unverhältnismäßig groß sind. Die Tiere brauchen mehr Bewegungsfreiheit, also auch mehr Fläche. Zudem muss genügend eigenes Grünland für Futter vorhanden sein. Ist das gewährleistet, hat Bio auch Zukunft für Kleinbetriebe, die nur von der Milcherzeugung leben.

Was ist das größte Problem für kleinere Betriebe?

GRUEL: Der Standort. Innerorts gibt es für die meisten keine Möglichkeit für die erforderliche Erweiterung.

Hat die Streichung der Quote das Interesse der Erzeuger an Bio beflügelt?

GRUEL: Das lässt sich ganz klar mit Ja beantworten. Wir erleben bei Bioland derzeit einen Zulauf wie nie zuvor. Ich bin jetzt seit 27 Jahren dabei. Im Vergleich mit durchschnittlichen Jahren hat sich der Beratungsbedarf verdoppelt.

Was würden Sie sich wünschen?

GRUEL: Dass sich die Zahl der Bio-Erzeuger im Kreis vervielfacht. Momentan sind wir ganze sechs Demeter- und Bioland-Betriebe im Kreis Esslingen.

Foto: Jean-Luc Jacques