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Ungeimpfter Pfleger aus Bempflingen zieht vor Gericht

Corona Gegen Pflegekräfte im Kreis, die sich nicht impfen ließen, laufen Bußgeldverfahren.

Region. Als Krankenpfleger in der Medius-Klinik in Kirchheim galt auch für Markus Singh aus Bempflingen vom 16. März bis zum 31. Dezember 2022 die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Weil er seinem Arbeitgeber weder einen Genesenen- noch einen Impfnachweis vorlegen konnte, musste dieser ihn an das Kreisgesundheitsamt melden.

Singh war nicht alleine. Laut Medius-Kliniken konnten zum Stichtag im März an den drei Standorten in Nürtingen, Ruit und Kirchheim insgesamt 228 Mitarbeiter keinen vollständigen Impfschutz nachweisen. Alle habe man dem Gesundheitsamt im Landratsamt Esslingen melden müssen.

Die Bußgeldstelle im Landratsamt hatte alle Hände voll zu tun. Jeder Impfverweigerer bekam ein Bußgeld in Höhe von 300 Euro aufgedrückt. Insgesamt 307 abgeschlossene Fälle im Zusammenhang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zählt die Behörde – darunter auch alle eingestellten Verfahren.

Aktuell laufen noch 113 Bußgeldverfahren, wie die Pressestelle des Amtes mitteilt. „Das sind die Verfahren, bei denen bereits ein Bußgeldbescheid erlassen wurde, die aufgrund von der Einlegung eines Rechtsmittels oder mangels Zahlung aktuell noch nicht abgeschlossen werden konnten“, so Pressesprecherin Wangner: „Bei den meisten Bußgeldverfahren handelt es sich um Pflegekräfte.“

Darunter auch der Fall von Markus Singh. Wegen der Ordnungswidrigkeit bekam er kurz vor Ende der Impfpflicht seinen Bußgeldbescheid zugestellt. Er sollte die 300 Euro zuzüglich 28,50 Euro Bearbeitungsgebühr zahlen. Der Bempflinger legte Einspruch ein.

„Das war eine psychisch sehr belastende Zeit“, sagt der dreifache Familienvater rückblickend. „Ständig stand das drohende Betretungsverbot wie ein Damoklesschwert über einem. Ich musste ja für meine Familie sorgen.“ Trotz der Sorgen verweigerte Singh weiterhin die Impfung.

Ein Betretungsverbot kam zwar nie, dafür aber eine Vorladung des Amtsgerichts Esslingen. Bei der Hauptverhandlung bekam Singh die Chance, seinen Standpunkt zu erklären. Seine vorbereiteten sieben Seiten Text – voller Zitate von Politikern, Verweisen auf Fernsehsendungen und Kritik an der Politik – verliest er nicht, erläutert nur einige Punkte: „Ich war skeptisch, weil der Impfstoff so schnell zugelassen wurde.“ Generell befürworte er Impfungen. In diesem Fall habe er aber Angst vor möglichen Nebenwirkungen gehabt.

Beeindruckt zeigt sich die Richterin nicht. Fakt sei, dass Markus Singh gegen ein Gesetz verstoßen habe, das zum damaligen Zeitpunkt galt. Deshalb sei ein Freispruch ausgeschlossen. Allerdings setzt sie das Bußgeld deutlich runter. 80 Euro soll Singh noch zahlen. Hinzu kommen die Gerichtskosten. Insgesamt dürfte die Strafe dennoch weit unter den 328,50 Euro liegen. Ob er die 80 Euro zahlen wird, weiß Markus ­Singh noch nicht. Er fragte die Richterin gleich nach Urteilsverkündung, was geschehen würde, falls er sich weiterhin weigert zu zahlen. „Dann müssten Sie vor das Oberlandesgericht ziehen“, sagte sie. Abgeneigt wirkt Singh nicht, auch diesen Weg zu gehen.

Am Amtsgericht Esslingen waren bisher rund 70 Fälle von Verstößen gegen die Impfpflicht anhängig, sagt Pressesprecher und Richter Martin Gerlach. „Ungefähr die Hälfte davon wurde bereits verhandelt. Der Rest folgt noch.“  Matthäus Klemke