Weilheim · Lenningen · Umland

„Unser Hobby war die Arbeit“

Ehrentag Dagmar und Erwin Maier feiern am morgigen Donnerstag diamantene Hochzeit. Ihr Erfolgsrezept für eine glückliche Ehe: „Nie narrisch aufeinander abends zu Bett gehen.“ Von Helga Single

Dagmar und Erwin Maier erfreuen sich nicht nur bester Gesundheit und strahlen um die Wette, sondern sind auch noch nach 60 Eheja
Dagmar und Erwin Maier erfreuen sich nicht nur bester Gesundheit und strahlen um die Wette, sondern sind auch noch nach 60 Ehejahren glücklich miteinander. Foto: Helga Single

Ich bin der lebende Beweis, dass es keinen Sport braucht, um im Alter gesund zu sein“, sagt die temperamentvolle Dagmar Maier freudestrahlend. Sie feiert mit ihrem Mann Erwin morgen, am 16. Januar, diamantene Hochzeit. „Wir zwei gehen an diesem Tag ganz allein essen und genießen die Zweisamkeit.“ Erst am Sonntag drauf stellen sie sich dem Trubel mit vier Kindern, acht Enkeln und sieben Urenkeln bei einem Essen in Deizisau.

„Für Sport gab es in unserem Leben wenig Platz, wir haben immer gearbeitet“, pflichtet ihr ihr Mann bei. „Unser Hobby war die Arbeit.“ Dagmar Maier, Jahrgang 1941, ist mit ihrer Mutter aus Königsberg in Ostpreußen geflohen. In einem Wehrmachtslaster sind sie mit Handgepäck in der Nähe von Dresden abgesetzt worden. Obwohl sie noch ganz klein war, könne sie sich gut daran erinnern, dass sie zur Mutter sagte: „Guck mal, da fallen Christbäume vom Himmel.“ In Wirklichkeit waren es Phosphorbomben der alliierten Bomber im Februar 1945. „Dieses Bild der brennenden Stadt kriegt man nie wieder aus dem Kopf“, sagt sie auch noch 75 Jahre danach.

Beim Federball funkt es

Bei einer Tante, die bereits in Überlingen am Bodensee wohnte, kamen sie unter. Dort verbrachte sie ihre Schuljahre. „Direkt neben dem Haus der Tante gab es Unterkünfte für die Männer vom Bau. Ihr späterer Ehemann Erwin, Gipser von Beruf, wohnte dort. „Beim Federballspielen hat er mich das erste Mal gesehen“ - und fortan spielte man dann auch manchmal zusammen.

Im Jahr darauf erklangen die Hochzeitsglocken, und schon bald kam Töchterlein Gabriele zur Welt. Eine plötzlich aufgetretene Lungenerkrankung machte Dagmar Maier zu schaffen, und so entschloss sich die junge Familie zu einem Luftwechsel in die Heimatgegend von Erwin Maier - Söhnstetten im Kreis Heidenheim. Mit wenig kam die junge Familie aus. Den ersten Kühlschrank zahlte man in zwölf Raten zu je achtzehn Mark ab. „Aber man wächst an den Aufgaben“, sagt Ehemann Erwin, „Verantwortung übernehmen ist wichtig. Der gemeinsame Aufbau, das Miteinander und das Erarbeiten von Wohlstand schweißt zusammen.“ Bei den heutigen jungen Paaren sei schon alles da, der Hausstand, das Auto, der Wohlstand eben, und da braucht man „nicht mehr so an einem Strang zu ziehen. Vielleicht sind deshalb 60-jährige Ehen für die heutigen jungen Paare selten zu erreichen“, fügt Erwin Maier vorsichtig an.

Von Söhnstetten aus fand man in den Nürtinger Stadtteil Roßdorf, wo man baute. Doch bald war das Häuschen für die inzwischen sechsköpfige Familie zu klein geworden, und man baute in den Plochinger Lettenäckern ein neues Haus. „Erwin, als Gipser, packte immer fleißig mit an. Nicht selten am Wochenende und nach der regulären Arbeit. Das war schon viel“, sagen beide im Nachhinein. Nachdem die Kinder erwachsen geworden waren, kam vor 15 Jahren dann „der vermutlich letzte Umzug“, wie das Paar sagt.

Mit der jüngsten Tochter Claudia zog man nach Kirchheim in das Häuschen im Grünen. „Hier haben wir himmlische Ruhe, einen Ausblick bis zum Flughafen bei schönem Wetter und einen ebenerdigen Zugang in die Wohnung. Was wollen wir mehr?“ Und da die Gesundheit bei beiden noch so gut mitspielt, „weil wir uns beim Sport nicht verausgabt haben“, schmunzeln sie, ist für 2020 eine Donauschifffahrt von Passau nach Budapest geplant. Es gibt auch schon Karten für die Passionsspiele in Oberammergau im August. Und für die temperamentvolle Stier-Frau Dagmar und ihren ausgeglichenen Waage-Mann Erwin ist klar: Zu so einem langen Eheleben gehören Rücksicht, Zuverlässigkeit und Nachsichtigkeit, und man darf „nie narrisch aufeinander abends zu Bett gehen.“