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Verbündete in Sachen Kunst

Schüler und Senioren entwickeln unter anderem die Collage eines Lebens

Kunstprojekt im Altenheim: Schüler des Schlossgymnasiums machen „gemeinsame Sache“ mit den Bewohnern von Sankt Hedwig. Herausgekommen sind unter anderem: Baum der Erinnerung, Lebenscollage oder Teck-Blick.

Eine „Lebenscollage“ entwickelte sich nach langen Gesprächen zwischen Alt und Jung. Ein passend platzierter Bilderrahmen präsent
Eine „Lebenscollage“ entwickelte sich nach langen Gesprächen zwischen Alt und Jung. Ein passend platzierter Bilderrahmen präsentiert den „Teckblick“.Foto: Sabine Ackermann

Kirchheim. „Das Schöne vergeht, aber nicht das Kunstwerk“, heißt es in einem aus Zeitungsschnipseln gebastelten Satz. Wobei dieses Zitat nicht falsch zu verstehen ist: Das Leben von Elfriede Römer ist ein Kunstwerk, nicht die Collage an sich. Allerdings, ein Hingucker ist das von Amelie Bormann gestaltete Erinnerungsplakat allemal. Zarte Farbflächen, die gegensätzlich zu den dicken, schwarzen, mit Glitzersteinchen verzierten Pinselstrichen und Fotografien von damals und heute die Mitte dominieren.

Eine Lebenscollage sollte es werden, darüber war sich die Abiturientin des Kirchheimer Schlossgymnasiums schnell im Klaren. Die 18-jährige Schülerin des Kunst-Neigungskurses konnte wie alle Beteiligten des Kunstprojektes frei wählen, was sie gemeinsam mit ein oder mehreren Bewohnern des Altenheims Sankt Hedwig auf die Beine stellen will. Eines der vielen fantasiereichen Ergebnisse ist die außergewöhnliche Lebens-Collage von Elfriede Römer. Aufgeteilt in früher und heute: Ein verschlissener Auszug einer längst vergessenen Landkarte, auf welcher noch der Reichsgau Wartheland, das Sudetenland oder Protektorat Böhmen und Mähren verzeichnet ist. Schlesien, Oderbruch, Dresden, Mannheim, Umzüge, erster Flug von Berlin nach Frankfurt. Familie, drei Mädchen, die Älteste und die Mittlere sind durchgestrichen, nur die Jüngste mit Jahrgang 1924 nicht.

Singen, Basteln, Lesen, Fahrradfahren. Volksschule, Feldarbeit, Herd, Nähen, Wischen der Bodentreppe. Was gehörte zu den Pflichten, was waren Vergnügungen? Die Gedanken des Betrachters sind frei. Ein Zeitsprung von neun Jahrzehnten, durch Erfindungen und Begebenheiten mit Jahreszahlen begreifbar gemacht. 1926 elektrisches Dampfbügeleisen. 1934 Nylon. 1938 Kugelschreiber. 1941 Sprühdose. 1954 Antibabypille. 1969 Internet. 1979 Walkman.

„Frau Römer war total nett und hat offen aus ihrem Leben erzählt“, verrät Amelie Bormann, die wie weitere 13 Schülerinnen und ein Schüler fünf Wochen lang ein- bis zweimal vor Ort war. „Ich bin begeistert von den Aktionen, der Stimmung und letztendlich von den Ergebnissen“, betont Ann-Kathrin Stuth. Die Leiterin des Besuchsdienstes der Sanwald-Stiftung organisiert in diesem Jahr zum ersten Mal die sogenannten „Kunsthappenings“ an verschiedenen Kirchheimer Seniorenheimen. Vorrangig gehe es darum, dass jüngere Leute gemeinsam mit älteren Menschen etwas bewegen und Spaß miteinander haben. Als partizipative Entscheidungsfindung habe man die Kunst gemeinsam mit den Bewohnern in das Heim hineingefügt, unterstreicht die Fachlehrerin Stefanie Stagels, die gleichfalls sehr zufrieden ist. Viele Senioren zeigten sich gegenüber dem Projekt sehr offen und alle Mitwirkenden hätten gute Ideen gehabt.

Der Rundgang durch Sankt Hedwig offenbart weitere Arbeiten. Sarah Ruoff und Linda Scheffel widmeten sich gemeinsam mit Seniorin Monika Pannek dem „humorvollen Einfügen des Kunstwerkes in die Gegebenheiten“. Kollektive wie fantasievolle Resteverwertung. Aus zerschlagenen Fliesen, Spiegeln, Tellern und Vasen kreierte das Trio mit viel Humor ein Mosaik, verschönerte dadurch eine graue Außenwand. Moritz Steffel widmete sich der Verjüngung von Namen. Aus dem Kopf gearbeitete Graffitis mit Spitznamen „Gabs“ auf der Garage und „Ilse“ am Küchenabgang sind das Ergebnis dieser modernen Kunstform. Ein alter, ungeschliffener, von Ronja Filip auf der Dachterrasse installierter Fensterrahmen zeigt den „Teck-Blick“, natürlich“ umrahmt von den veränderten Jahreszeiten. Bei „Rolli statt Pinsel“ durften Senioren mit angemalten Reifen buchstäblich ihre Spuren hinterlassen. Berivan Basar und Maren Kromer hatten die „bunte“ Idee.

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