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Verjüngungskur für den Wald: Auf das Licht kommt es an

Klimawandel Wie der Wald fit gegen steigende Temperaturen gemacht wird, hat Weilheims Revierleiterin auf einer Führung in Bissingen gezeigt. Von Thomas Zapp

Der Bissinger Wald ist überaltert, das heißt ein relativ hoher Anteil der Bäume in diesem Teil des Weilheimer Reviers ist älter als 60 Jahre. Revierleiterin Julia Usenbenz erklärt, was man dagegen tun kann: Um Platz für jüngere Bestände zu schaffen, eignet sich etwa der „Saumschlag“ an den Rändern eines Waldbereichs. Will man die entstehenden Lücken mit „Naturverjüngung“ auffüllen, braucht es vor allem eins: ausreichend Licht für die Sprösslinge. „Durch Fällen kann man den Lichteinfall steuern“, sagt die Forstwirtschaftlerin.

Wer den Wald verstehen und vor allem bewahren will, muss wissen, welche Rolle das Licht für die Bäume spielt.
 

Gegen den Klimawandel setzen wir nicht mehr auf sie.
Julia Usenbenz
und ihre Kollegen hatten große Hoffnungen in die Esche gesetzt.
 

Das zeigt Julia Usenbenz an diesem Nachmittag einer Gruppe in Bissingen beim „Wettlauf zum Licht“, einer Führung  im Rahmen der Waldfühltage des Landkreises. 

Ein Sprint steht aber nicht für die Besucherinnen und Besucher auf dem Programm, eher gemächlich geht es über die Waldwege ins Unterholz. In Bissingen kümmert sich Julia Usenbenz um 420 Hektar Wald, davon gehören 220 der Gemeinde, 150 dem Staat, 50 befinden sich in Privatbesitz. Einige Walbesitzer sind an diesem Nachmittag gekommen, denn auch sie wollen wissen, wie sie ihren Bestand optimal erhalten – angesichts von Klimawandel, Umwelteinflüssen, Schädlingen und anderen „Waldkillern“. 

Esche ist kein Hoffnungsträger mehr

Es geht auch in Bissingen um nichts weniger als die Zukunft des Waldes im Zeichen des Klimawandels. Mit den steigenden Temperaturen ist die hitzeresistentere Esche zu einem Hoffnungsträger geworden, doch dann kam das Eschentriebsterben, an dem ein aus Asien eingeführter Pilz die Hauptschuld trägt. Langfris­tig werden nur etwa ein bis drei Prozent von ihr im Revier übrigbleiben. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es in Ochsenwang, dort sehe die Esche noch gut aus, sagt sie. Doch auch hier gibt es Tücken: „Der Folgeschädling sitzt im Unterholz, da kann der Baum gut aussehen, aber beim nächsten Sturm trotzdem umfallen.“ 

Auch in Bissingen heißt die häufigste Baumart Buche mit einem Anteil von 53 Prozent am Bestand. Ihre Stärke: Sie ist „konkurrenzstabil“ und kann auch problemlos im Schatten stehen. Aber mit ihrem relativ flachen Wurzeln gehört sie wegen der zunehmenden Trockenheit zu den Sorgenkindern. Da auch die Fichte vom Borkenkäfer dezimiert wird, ist es die Vielfalt, die den Wald stabil macht: Linde, Lärche, Kiefer, Ulme, Bergahorn und die Eiche. Die letzten beiden sind sogenannte „Zukunftsbäume“ und sollen den Wald auch durch den Klimawandel führen. 

Zwar versuchen die Waldpfleger, der Natur möglichst ihren Lauf zu lassen, doch beim Lichteinfall müssen sie Hand anlegen. Das gilt vor allem für Bereiche mit wenig Naturverjüngung, etwa wo viele Sträucher wuchern. „Dort wollen wir Bäume beimischen“, sagt sie. Zur Veranschaulichung hat Julia Usenbenz einen „Naturverjüngungskegel“ mit blauen Bändern gekennzeichnet. Das sind Bäume, die einen gesunden Stamm und wenig Äste haben, also gut geeignet für eine spätere Nutzung sind. Erst lässt man sie eng stehen, damit sie möglichst gerade wachsen, dann wird geschaut, wo gezielt Licht gegeben wird – etwa ab einer „Bierglasdicke“. Das ist auch für private Waldbesitzer interessant: „Nur wenn man einem Baum Licht gibt, wächst er in Brennholzdicke“, sagt Julia Usenbenz. Doch das ist nicht das Hauptziel einer Bewirtschaftung: „Wir wollen den Baum in eine langfristige Nutzung überführen, damit das in ihm gespeicherte CO2 gespeichert bleibt, etwa als Dachstuhl.“  

Zum Abschluss misst die Besuchergruppe einen Baumstamm mit einem speziellen Maßband, das die Speicherkapazitäten des Holzes angibt. Ergebnis: In diesem Exemplar sind 5133 Kilogramm CO2 gespeichert. Die Förs­terin betont: „Das zeigt, wie wichtig die Waldpflege für den Klimaschutz ist.“