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Verlagerte Trinkgelage

Auf Kirchheims Straßen werden keine Nachtwanderer mehr gebraucht

Mit der Mission, trinkende Jugendliche von Kirchheims Straßen zu locken, wurden vor einigen Jahren die Nacht­wanderer in die Wege geleitet. Doch jetzt gibt es dafür – erfreulicherweise – keinen Anlass mehr.

Kirchheimer Nächte sind ruhig geworden.Foto: Jean-Luc Jacques
Kirchheimer Nächte sind ruhig geworden.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. „Wir haben das Projekt Nachtwanderer damals aus aktuellem Anlass in die Wege geleitet“, erklärt Roland Böhringer, Leiter der Abteilung für Soziales. Vor einigen Jahren seien vermehrt Jugendliche aufgefallen, die draußen getrunken haben – Die Nebeneffekte: Verschmutzung, Ärger, Lärm. Doch der Trend hat sich inzwischen als Modeerscheinung entpuppt, für die ehrenamtlichen Nachtwanderer fehlt heute der Bedarf.

Mit der Aktion Nachtwanderer sollte eine Dialogbrücke zwischen Jugendlichen, Anwohnern und der Stadtverwaltung gebildet werden. Im Gegensatz zu Sozialarbeitern und der Polizei standen den Wanderern dabei keine besonderen Rechte zu: Sie sollten lediglich auf die Nachtschwärmer zugehen, mit ihnen reden, sich als Kontaktperson bei Problemen anbieten und Präsenz in der nächtlichen Stadt zeigen – alles ehrenamtlich. „Es gab Situationen, in denen auch ein Rettungswagen gerufen werden musste“, sagt Böhringer, „aber das war die Ausnahme.“

Gertie Soßna ist ein paar Male als Nachtwanderin mitgezogen. Meist stieß sie mit ihrem Anliegen bei den schwärmenden Jugendlichen auf Erstaunen, teils auch auf Begeisterung. Doch die Nächte der Ehrenamtlichen waren selten gesät: „Wiedererkennungswert hatten wir keinen“, bedauert die Mutter, „Und auf Dankbarkeit sind wir auch nicht gestoßen.“ Dass sie als Nachtwanderin nicht mehr gebraucht wird, erklärt sie sich durch einen neuen Trend: „Das Ganze hat sich auf die Grünflächen außerhalb verlagert“, vermutet sie. Die Anwohner in der Stadt werden also nicht mehr durch lärmende Jugendliche gestört. Der Anlass nicht mehr aktuell. „Am Ende ist dann auch der Run auf die Ehrenamtsplätze ausgeblieben“, erklärt Roland Böhringer und führt das darauf zurück, dass die Anwohner keinen Bedarf mehr sehen „Denn dass sich Leute ehrenamtlich engagieren, ist in Kirchheim eigentlich gang und gäbe“, so Roland Böhringer.