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Viel Mut im wilden Süden

50 Jahre Kirche und Kirchengemeinde Maria Königin – Festwochenende am 19. und 20. September

Das Dach der katholischen Kirche Maria Königin in Kirchheim ist ein hyperbolisches Paraboloid. Beim Kirchenbau vor 50 Jahren gab es so etwas in dieser Größe in ganz Deutschland nicht. „Das war damals eine mutige Bauweise“, sagt Dieter Franz Hoff, Architekt und zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderats.

50 Jahre Kirche und Kirchengemeinde Maria Königin in Kirchheim/Teck - die 2010 eingebaute Steinmeyer-Pfeifenorgel mit Lichteffek
50 Jahre Kirche und Kirchengemeinde Maria Königin in Kirchheim/Teck - die 2010 eingebaute Steinmeyer-Pfeifenorgel mit Lichteffekten

Kirchheim. Die Kirche Maria Königin war modern – und kam doch, um auch innen liturgisch modern zu sein, um wenige Jahre zu früh. Die Kirche wurde während des 2. Vatikanischen Konzils geplant. Die lange ersehnten Veränderungen lagen in der Luft, doch noch zelebrierte der Priester hoch oben mit dem Rücken zur Gemeinde. Erst bei der Innenrenovierung der Jahre 2004 und 2005 wurde der Altarraum tiefer gelegt und der Altar nach vorne gezogen, außerdem die Orgelempore entfernt – die neue Liturgie war nach vier Jahrzehnten endlich auch zu Stein geworden.

Trotzdem: „Die progressive Bauweise drückt etwas aus“, sagt Hoff, spricht vom „wilden Süden“ von Kirchheim mit vielen jungen Familien, der sich bewusst von Sankt Ulrich abgegrenzt habe. Die Bauweise sei von Südamerika inspiriert, sagt Hoff, der ein enges Verhältnis zur Kirche Maria Königin hat: 1970 hatte er in ihr seine Erstkommunion, danach war er Ministrant.

Der Kirchengrundriss ist ein exaktes Quadrat, die dominierende Diagonale verläuft von Nordwest nach Südost. Über diesem Quadrat schwebt das gekrümmte Dach. Eigentlich wollte der Planer, der Stuttgarter Regierungsbaumeister Eugen Zinsmeister, die Seitenwände komplett verglast haben. „Dann hat er sich aber doch nicht getraut und hat Rippen eingebaut“, sagt Hoff. Die Betondecke sei in der Mitte nur sechs oder sieben Zentimeter dick. Mit dem Bau der Kirche habe Pfarrer Erwin Ruff von Sankt Ulrich – als der Pfarrer noch viel mehr zu sagen hatte als der Kirchengemeinderat – Mut bewiesen.

In einem irrten die Katholiken aber, wie wohl alle ihre Zeitgenossen. „Man dachte damals, der Beton ist unverwüstlich.“ Heute weiß man, dass die Betonschicht über dem Trägergerippe zum Schutz vor Korrosion erheblich dicker sein sollte. 1992 stand eine Betonsanierung an; vier Jahre später kam der frei stehende Turm an die Reihe. Nun, zwei Jahrzehnte später, steht schon die nächste Runde bevor. Ende der 1980er-Jahre wurde das Dach saniert und wärmegedämmt. Im Jahr 2010 kam die heutige Steinmeyer-Pfeifenorgel mit 32 Registern in die Kirche.

Wie kam es zu diesem Kirchenbau? Beim Kriegsausbruch 1939 gab es in Kirchheim nur 1 261 Katholiken, durch Heimatvertriebene und Flüchtlinge vervielfachten sie sich nach 1945. Als Erstes wurde 1955 die Weilheimer Franziskuskirche gebaut, Im Juli 1963 wurde im großen Kirchheimer Neubaugebiet mit dem Bau der Kirche Maria Königin begonnen; die Weihe war im März 1965. Die erste Filialkirche in Dettingen, die Kirche Sankt Nikolaus von der Flüe auf dem Guckenrain, wurde von 1970 bis 1972 gebaut. Zu Dettingen gehören auch die Katholiken in Bissingen und Nabern. 1985 bis 1986 wurde wieder in Kirchheim gebaut: Das Bohnauhaus sollte nicht nur katholisches Gemeindehaus sein, sondern Treffpunkt für alle Bürger und Konfessionen des Stadtteils. 1994 begann der Bau der zweiten Filialkirche, des Gemeindezentrums Sankt Lukas in Jesingen.

Das Jubiläum ist nicht nur das einer Kirche, sondern auch der Kirchengemeinde mit ihren drei Standorten. Den Pfarrern muss es in Maria Königin gefallen haben, denn die Kirchengemeinde erlebte in 50 Jahren nur deren drei: ab 1965 Hubert Barth, ab 1976 Hansjörg Nothelfer, seit 1994 Winfried Hierlemann. Viel länger als die Liste der Pfarrer ist die Liste der Gruppen und Kreise, die sich in der Kirchengemeinde Maria Königin treffen.

Die Kirchengemeinde feiert am Samstag, 19. September, um 20 Uhr mit einem Konzert „Jazz trifft Orgel“ mit Barbara Dennerlein in der Kirche Maria Königin. Am Sonntag, 20. September, gibt es um 10 Uhr einen Festgottesdienst mit Weihbischof Johannes Kreidler. Der Kirchenchor singt die „erdwärtsmesse“ von Peter Jan Marthé. Es folgt ein Gemeindefest rund um die Kirche Maria Königin.

Die Kirche und Kirchengemeinde Maria Königin gibt es seit 50 Jahren. Im Jahr 2010 kam die heutige Steinmeyer-Pfeifenorgel (klein
Die Kirche und Kirchengemeinde Maria Königin gibt es seit 50 Jahren. Im Jahr 2010 kam die heutige Steinmeyer-Pfeifenorgel (kleines Foto unten) mit 32 Registern in die Kirche. Auf dem Foto oben sind Pfarrer Winfried Hierlemann (links) und Dieter Franz Hoff, zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderats, zu sehen.Fotos: Peter Dietrich