Weilheim · Lenningen · Umland
Vier Grundstücke sind noch übrig

Immobilienmarkt Die Versteigerung der Flächen im Wendlinger Neubaugebiet Steinriegel brachte keine Mondpreise. Aus anderen Kommunen hagelte es Kritik an dem Verfahren. Von Sylvia Gierlichs

Etwa 50 Personen waren am Sonntag in den Treffpunkt Stadtmitte in gekommen. Sie hatten sich zur Versteigerung der Grundstücke im Wendlinger Neubaugebiet Steinriegel angemeldet und sich eine Bieternummer zuteilen lassen. Dafür mussten die Interessenten nachweisen, dass sie sich den Grundstückskauf auch leisten können.

Zur Auswahl standen 17 Grundstücke, die zwischen 433 und 558 Quadratmeter groß sind. „Die Grundstücke sind voll erschlossen, mit Wasser- und Abwasserleitung, Strom und Gasleitungen versorgt“, erläuterte Jens Fritz, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung bei der Stadt Wendlingen. Das sorgte angesichts der anhaltenden Diskussionen um die Gaskrise für etwas Unruhe. Daher ging Fritz auch nochmals auf das Thema Nahwärme ein. „Es gibt Überlegungen in diese Richtung. Je mehr Menschen im Gebiet dafür Interesse zeigen, desto wahrscheinlicher wird es, dass es umgesetzt werden kann. Garantieren können wir es aber noch nicht.“

 

„Es gibt Überlegungen in diese Richtung.
Jens Fritz
Der Leiter der Stabstelle Wirtschaftsförderung in Wendlingen über den Wechsel von Gas auf Nahwärme

 

Der erste Bauplatz, der aufgerufen wurde, war 530 Quadratmeter groß. 425 000 Euro war der Mindestpreis, den die Stadt Wendlingen dafür haben wollte. Und genau für diesen Preis ging das Grundstück dann auch an den einzigen Bieter. Doch so blieb es nicht. Schon beim nächsten Grundstück, 480 Quadratmeter groß, kam es zu einem kleinen Gefecht, das den Preis von 387 000 Euro auf 415 000 Euro hinaufschraubte. Erlaubt war den Bietern, in 1000-Euro-Schritten nach oben zu gehen, hier waren es am Ende 5000-Euro-Schritte. Beim meistumkämpften Grundstück im oberen Teil des Neubaugebiets gab es nur drei Bieter. Waren die Schritte anfangs noch klein, bot einer der Bieter plötzlich gleich 8000 Euro mehr. Ein Raunen ging durch den Raum, einige drehten sich zu ihm um. Seine Mitbieter ließen sich zunächst nicht abschütteln. Letztlich erhielt er jedoch das Grundstück. Für 435 000 Euro. Der aufgerufene Mindestpreis für das 498,5 Quadratmeter große Grundstück lag anfangs bei 398 800 Euro. Doch es gab auch sechs Grundstücke, für die kein Gebot abgegeben wurde. Nach einer zweiten Runde konnten Jens Fritz und Wirtschaftsförderer Richy Bauer noch zwei Grundstücke an den Mann bringen, vier jedoch blieben am Ende im Portfolio der Stadt.

Ein junges Paar aus Wendlingen hätte zwar Interesse gehabt, im Steinriegel zu bauen, hat aber ein zu hohes Einkommen, um bei der Vergabe von Grundstücken nach Sozialpunkten zum Zuge zu kommen. Dieses Verfahren war auf die Reihenhäuser im Neubaugebiet angewandt worden. „Wenn man zusammen etwa 88 000 Euro verdient, kann man sich für diese Reihenhaus-Grundstücke nicht mehr bewerben“, sagte der Wendlinger. Für die Einfamilienhäuser, deren Grundstücke am Sonntag unter den Hammer kamen, verdienen er und seine Lebensgefährtin jedoch zu wenig. Der Bruder baut derzeit in Hochdorf, dort sei das Verfahren ein anderes gewesen.

Ein Ehepaar war aus Deizisau gekommen. Ihnen ist ihr Haus zu groß geworden, seit die Kinder ausgezogen sind. Doch sehr viel kleiner waren die Grundstücke in Wendlingen nicht. Das Ehepaar kam dennoch, sie waren neugierig auf das Verfahren. Das ging einem Herrn aus Esslingen genauso. Er war nach Wendlingen gekommen, um zu lernen.

 

Bieterverfahren löst Irritationen aus

Kritik Bernd Schwartz, der Leiter des Amtes für Liegenschaften der Stadt Nürtingen, sah sich die Versteigerung an und zeigte sich etwas skeptisch gegenüber dem Verfahren. Seine Meinung: So würden die Bodenrichtwerte in die Höhe getrieben. Diese liegen derzeit bei 800 Euro für den Quadratmeter. Die Grundstücke in Wendlingen gingen für Preise zwischen 800 und 872 Euro an die Bieter. Privat verkaufte Grundstücke hätten weit höhere Preise erzielt, sagte Jens Fritz. Er versteht die Kritik am Verfahren nicht. „Wie zeitgemäß diese Wohnform überhaupt noch ist, kann man heute durchaus hinterfragen. Doch muss eine Stadt überhaupt jemanden aktiv subventionieren, der sich ein frei stehendes Haus leisten kann?“, fragt er. Die Mehreinnahmen, darauf weist er hin, fließen in den sozialen Wohnungsbau im Baugebiet Steinriegel.

Vergleich Wendlingens Wirtschaftsförderer Richy Bauer hält gar die Verfahren anderer Kommunen teils für rechtswidrig, wenn sie Einheimische, Familien mit Kindern oder ehrenamtlich Engagierte beim Grundstückskauf bevorzugten. Denn laut EU-Recht darf das Vermögen der Käufer nicht höher liegen als der Wert des zu verkaufenden Grundstücks. Auch das Einkommen begünstigter Käufer dürfe nicht über dem Einkommensdurchschnitt am Standort liegen.

Die Versteigerung der Grundstücke im Steinriegel, die der Gemeinderat einstimmig beschlossen hatte, hat in der vergangenen Woche für Aufruhr gesorgt. Auch im Landkreis Göppingen wurde das Verfahren eifrig diskutiert. Hier wie in Nürtingen kann man sich eine Versteigerung städtischer Grundstücke nicht vorstellen. sg