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Volksbanken planen Fusion

Wirtschaft Die Volksbank Mittlerer Neckar und die VR Bank Hohenneuffen-Teck wollen zusammengehen. Gemeinsam können sie dem Wettbewerbs- und Kostendruck besser begegnen, sind sich die Vorstände einig. Von Henrik Sauer

Es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass die Volksbank Kirchheim-Nürtingen und die Volksbank Esslingen sich zusammen mit der Berkheimer Bank zur Volksbank Mittlerer Neckar zusammengetan haben. Auch die Fusion der Volksbank Hohenneuffen mit der Raiffeisenbank Teck zur VR Bank Hohenneuffen-Teck liegt erst acht Jahre zurück. Nun verkündeten die Vorstände der größten und der viertgrößten Genossenschaftsbank im Landkreis Esslingen, dass sie künftig gemeinsam unterwegs sein wollen. Angesichts der dynamischen Veränderungen im Bankensektor halte man dies für den strategisch richtigen Weg, sagte Heinz Fohrer, Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar.

„Gemeinsam sind wir in der Lage, die wachsenden Herausforderungen besser zu meistern“, begründete Fohrer die Entscheidung und nannte eine regelrechte „Regulatorik-Flut“, die hohe Kosten verursache, die digitale Transformation, die erhebliche Investitionen erfordere, sowie der Erlös- und Kostendruck, der vor allem durch die Dauerniedrigzinsphase entstehe. Diese drei Punkte verstärkten sich derzeit noch durch Corona und jetzt durch den Krieg in der Ukraine, dessen Folgen für die Wirtschaft nicht abzusehen seien, sagte Bruno Foldenauer, Vorstandssprecher der VR-Bank Hohenneuffen-Teck.

Beide Banken sind wirtschaftlich gesund, betonten die Vorstandsmitglieder. Die geschäftspolitische Ausrichtung sei identisch und der Zusammenschluss eine logische Fortsetzung der jeweiligen strategischen Unternehmensentwicklung. „Wir glauben, dass wir ideal zueinander passen“, so Foldenauer: „Unsere Wurzeln liegen im selben Wirtschaftsraum, die Geschäftsgebiete grenzen aneinander und wir pflegen seit Jahren gute Kontakte.“

Vorteile sehe man sowohl für die Mitglieder und Kunden als auch für die Mitarbeiter. Die Kunden erwarteten qualifizierte Bankdienstleistungen, betont Heinz Fohrer. Ihnen wolle man künftig ein noch größeres und spezielleres Beratungs- und Betreuungsangebot machen. Man werde auch weiterhin mit den Filialen vor Ort sein. Alle künftig 46 Filialen blieben erhalten, lediglich in Dettingen und in Weilheim, wo bisher beide Banken eine Filiale haben, werde man diese zusammenlegen.

Auch sämtliche 737 Mitarbeiter blieben an Bord. Für sie entstehe durch das größere Haus ein noch attraktiverer Arbeitgeber, der interessante Entwicklungsperspektiven biete, sind die Vorstände überzeugt. Die Mitarbeiter wurden diese Woche von dem Vorhaben informiert.

Nachdem die Aufsichtsräte beider Banken am Dienstag jeweils einstimmig grünes Licht für weitere Gespräche gegeben hätten, werde man nun die nächsten Schritte angehen. Die Vertreter seien bereits schriftlich benachrichtigt worden. Die Vertreterversammlungen sollen im Frühjahr 2023 über den Zusammenschluss entscheiden. Der lange Vorlauf sei auch eine Wertschätzung den Vertretern gegenüber, sagte Eberhard Gras, Vorstandsmitglied der Volksbank Mittlerer Neckar, auf Nachfrage: „Wir möchten sie umfassend informieren.“ Auch die Mitarbeiter wolle man einbeziehen. Die gemeinsame Bank soll rückwirkend zum 1. Januar 2023 entstehen, die technische Fusion ist für Juli 2023 geplant. Die fusionierte Bank soll dann im ganzen Geschäftsgebiet Volksbank Mittlerer Neckar heißen.

Mit der neuen Bank entsteht im Landkreis Esslingen ein Schwergewicht. Mit einer Bilanzsumme von rund 5,7 Milliarden Euro steht sie in einer Rangliste der größten Genossenschaftsbanken in Deutschland auf Platz 33 und in Baden-Württemberg auf Platz 7 (stand Ende 2021). Im Landkreis Esslingen gibt es aktuell noch sieben eigenständige Volks- und Raiffeisenbanken: Außer den beiden Fusions-Protagonisten sind dies die Bernhauser Bank die Echterdinger Bank, die Volksbank Filder, die Volksbank Plochingen und die Scharnhauser Bank.

Gibt es im Vorstand nicht die Befürchtung, dass durch die zunehmenden Fusionen die Kunden und Mitglieder sich irgendwann nicht mehr mit „ihrer“ lokalen Volksbank identifizieren? „Wir werden weiter dezentral am Markt sein“, sagt Eberhard Gras auf diese Frage: „Der enge Bezug zu unseren Mitgliedern und Kunden ist uns wichtig, den werden wir weiter aufrecht erhalten.“ Geplant ist, dass der Vorstand der fusionierten Bank aus vier Mitgliedern besteht: Eberhard Gras, Thomas Krießler, Markus Schaaf und Martin Winkler. Heinz Fohrer plant mit Vollzug der Verschmelzung in den Ruhestand zu gehen. Stefan Gerlach, heute im Vorstand der VR Bank Hohenneuffen-Teck, werde eine Aufgabe als Bereichsleiter übernehmen. Der juristische Sitz der neuen Bank wird Esslingen sein.

Die Verwaltung und alle zentralen Bereiche werden ab 2024 indes in Wendlingen sein. Dort plant die Volksbank Mittlerer Neckar einen Verwaltungsneubau. Man habe dort größere Flächen zur Weitervermietung vorgesehen gehabt, sagt Markus Schaaf: „Die werden wir nun selbst nutzen.“ Das Vorhaben der VR Bank Hohenneuffen-Teck indes, ihre Verwaltung in Dettingen zu konzentrieren – dort wollte sich die Bank in einen Hotel- und Bürokomplex einmieten – wird mit den Fusionsplänen aufgegeben, wie Bruno Foldenauer bestätigt. Der Bau habe sich ohnehin verzögert: „Wir verfolgen dieses Projekt nicht mehr.“