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Vom Arzt erprobt: Entspannung auf der Wiese

„Obstwiesendoktor“ Daniel Rücker hat die „grüne Hölle“ für sich entdeckt

Daniel Rücker, Internist im Kirchheimer Krankenhaus, kommt auf seinen Obstwiesen in Dettingen zur Ruhe. Foto: Monika Riemer
Daniel Rücker, Internist im Kirchheimer Krankenhaus, kommt auf seinen Obstwiesen in Dettingen zur Ruhe. Foto: Monika Riemer

Kirchheim. Es gibt viele unterschiedliche Methoden, um zu entspannen. Die einen machen Yoga, die anderen gucken Fernsehen, wieder andere laufen Marathon oder

legen sich einfach aufs Sofa. Der Kirchheimer Arzt Dr. Daniel Rücker kommt auf seinen Obstwiesen zur Ruhe. Die dienen ihm als Gegengewicht zu seiner Arbeit im Krankenhaus.

Während Sport aller Art Konjunktur hat, verwaisen viele Obstwiesen zusehends. Tätigkeiten wie Gras mähen, Bäume pflanzen, schneiden und Obst ernten, kann zwar ebenso schweißtreibend sein wie trainieren, dennoch ist es vor allem bei jüngeren Leuten nicht sonderlich in Mode. Denn jenseits der Hochglanzidyllen von Zeitschriften wie Landlust, Landidee und Co. ist eben doch in erster Linie beständige Arbeit nötig. Dass man dieses auch ganz anders betrachten kann, stellt der Kirchheimer Internist Daniel Rücker unter Beweis.

Begonnen hatte alles mit einer Wiese in Dettingen, die Rücker vor etwa sieben Jahren beim Internetportal Ebay zum Verkauf entdeckt hatte. „Ich habe den Besitzer gefragt, ob mit der Wiese irgendwelche gravierenden Pflichten verbunden seien. Wenn nicht, dann würde ich sie nehmen,“ erzählt Rücker von den Verkaufsverhandlungen, die somit schnell über die Bühne gingen. Im Laufe weniger Jahre kam dann Wiese um Wiese dazu. Inzwischen kümmert sich Rücker um etwa 160 Obstbäume, die auf rund viereinhalb Hektar Fläche wachsen.

„Scheckheftgepflegt sind meine Wiesen nicht“, schränkt Rücker nicht ganz ernst gemeint mit einem Blick auf einige Nachbarwiesen ein. Manche davon ähneln eher einem sorgfältig gepflegten Hausgarten. Bei deren Eigentümern steht allerdings auch der Ertrag im Fokus. Der ist dem emsigen Arzt allerdings nicht so wichtig. Deshalb spritzt er seine Bäume auch nicht und lässt Baumveteranen langsam absterben, ohne sie gleich zu ersetzen. Dennoch hat er in guten Apfeljahren schon bis zu elf Tonnen an Brettachern, Glocken-, Bohn- und Jakob-Fischer-Äpfeln, Gewürzluiken und anderen Sorten aufgeklaubt. Das wenigste davon wandert in Form von Lagerobst und Apfelsaft in den eigenen Keller. Den großen Rest liefert er in der Mosterei ab.

Neben den alten Apfelsorten wachsen noch Zwetschgen-, Walnuss- und Esskastanienbäume auf den Wiesen. „Wenn ich einen Walnussbaum pflanze, achte ich schon darauf, dass es eine Sorte mit großen Nüssen ist“, betont Rücker. „Schade, dass die Birnbäume schon so alt sind“. Einem einst majestätischen Birnbaumpaar sieht man die Gebrechlichkeit schon an. Klar, dass die Birnenernte hier eher dürftig ist. Auch auf Brombeeren legt Daniel Rücker nicht viel Wert. Zumindest dann, wenn es sich um die wilden Ranken handelt, die bei unbewirtschafteten Wiesen binnen kurzer Zeit über das Gras wuchern. „Auf einer der Wiesen wuchsen die Brombeeren mannshoch. Da habe ich dann tagelang mit dem Freischneider gewütet“, erzählt Rücker, der aber dennoch ein verwildertes Stück Brombeerurwald in einer Senke zulässt, damit „sich die Tiere zurückziehen können.“

Überhaupt – Tiere und Pflanzen haben gut lachen in Daniel Rückers „grüner Hölle“. Eine weiße Kotspur an einem alten Baum weißt auf ein Käuzchen hin, insgesamt rund 30 Nistkästen bieten Unterschlupf für verschiedene Vögel. Überall raschelt und flattert etwas, kreucht und fleucht es.

Seit ein befreundeter Imker seine Bienenkästen auf Daniel Rückers Wiesen gestellt hat „tragen die Bäume deutlich mehr Frucht“, beobachtet der Naturfreund. Manche Tiere richten aber auch Schäden an. Wildschweine graben die Wiesen um und Rehe verbeißen und fegen an der Rinde junger Bäume. Da muss er sich dann mit den Jägern auseinander-setzen. Wenn die Wühlmäuse die Wurzeln abfressen, helfen aber bloß noch Fallen.