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Vom Home-Office auf den Spielplatz

Matthias Birk aus Dettingen arbeitet von zu Hause aus Teilzeit, um Zeit für seine Kinder zu haben

Zusammen spielt es sich am schönsten: Elke und Matthias Birk mit ihren Kindern Anika und Leo.Foto: Jean-Luc Jacques
Zusammen spielt es sich am schönsten: Elke und Matthias Birk mit ihren Kindern Anika und Leo.Foto: Jean-Luc Jacques

Dettingen. Ein „Wochenendpapa“ zu sein, das kommt für Matthias Birk nicht infrage. „Ich möchte für meine Kinder da sein“, sagt der Vater von Anika und Leo, fünf und drei Jahre alt. Die beiden sitzen mit dem

Nachbarsjungen am Wohnzimmertisch und basteln Loop-Armbänder. Zeit für Matthias Birk, sich an den Schreibtisch zurückzuziehen. An vier Tagen in der Woche arbeitet er von zu Hause aus für eine kleine Unternehmensberatung mit Sitz in Nürnberg. „Home Office“ heißt das auf Neudeutsch. Nur einmal wöchentlich verbringt er einen Bürotag in seiner Firma.

Schon das allein macht nicht jeder Arbeitgeber mit. Dazu kommt: Matthias Birk hat keine 100-Prozent-Stelle. Er arbeitet momentan in Teilzeit, 70 Prozent. „Natürlich wäre es meinem Chef lieber, wenn ich 100 Prozent arbeiten würde und jeden Tag in Nürnberg im Büro wäre“, sagt Birk. Aber er akzeptiere seine Entscheidung. Dass er als Mann, der Teilzeit arbeitet, ein Exot ist, weiß Matthias Birk: „Im Freundes- oder Bekanntenkreis und unter Kollegen bin ich eher die Ausnahme.“

Dass ein Paar gleich viel Zeit mit den Kindern verbringt, das gibt es selten. Bei Familie Birk ist es so. Elke Birk ist Realschullehrerin in Weilheim und arbeitet knapp 70 Prozent. Nachmittags ist sie für die Kinder da. An dem Bürotag ihres Mannes hat sie ihren freien Tag. Ein Glücksfall für die Familie. „Das würde nicht bei jedem Rektor gehen“, sagt Elke Birk. Ohne die Toleranz und Unterstützung ihrer beiden Arbeitgeber könne das Modell nicht funktionieren.

Dass nur einer arbeiten geht und der andere zu Hause bei den Kindern bleibt, das können sich Matthias und Elke Birk nicht vorstellen. Beide schätzen es, beides zu haben: Zeit mit den Kindern und den Job. „Ich habe immer einen Ausgleich. Wenn ich in der Schule Stress hatte und nachmittags mit den Kindern auf den Spielplatz gehe, denke ich nicht mehr an die Arbeit. Und andersherum ist es genauso“, sagt Elke Birk. Dass ihr Partner sich die Erziehungsarbeit mit ihr teilt, empfindet sie als große Entlastung. „Wir haben beide die gleichen Aufgaben. Ich muss nicht immer alles erklären.“ Matthias Birk nimmt aus der Zeit, die er mit seinen Kindern verbringt, viel für seinen Job mit. „Man sieht die Welt mit anderen Augen und kommt auf einfachere, pfiffigere Lösungen“, sagt er. Außerdem hat er den Eindruck, dass er mit Problemen im Job entspannter und lockerer umgeht, seit er Kinder hat.

Natürlich birgt das Birk‘sche Familienmodell auch Herausforderungen. „Was oft Nerven kostet, ist, dass man immer überlegt, was man noch absprechen muss“, sagt Elke Birk. Da hätten es Paare, bei denen einer zu Hause bleibt, vermutlich einfacher. Der organisatorische Aufwand sei sehr groß. Auch Matthias Birk fällt die Trennung von Job und Familie nicht immer leicht. „Mir fällt es oft schwer, von der Arbeit abzuschalten. Dann sitze ich mit den Kindern auf den Spielplatz, und mir gehen irgendwelche Zahlen durch den Kopf“, sagt er. Konzentriert zu arbeiten sei im Home-Office auch nicht immer leicht. „Wir haben einen Punkt an der Arbeitszimmertür. Wenn er auf Rot steht, wissen die Kinder: Papa arbeitet. Dann ist das Arbeitszimmer tabu“, sagt Matthias Birk. Das werde meistens respektiert. Außerdem habe er sich an einen gewissen Lärmpegel gewöhnt.

Wichtig sei außerdem ein Notfallplan, falls Konferenzen oder andere Termine dazwischenkommen. „Glück­licherweise haben wir eine ganz tolle Hausgemeinschaft. Damit kann man schon mal eine oder zwei Stunden überbrücken“, sagt Elke Birk. Auch ihre Eltern, die in der Nähe wohnen, würden gerne einspringen. Wenn die Kinder krank sind und den Kindergarten nicht besuchen können, übernimmt meistens Matthias Birk. „Meinem Chef ist es egal, wann ich meine Arbeit erledige, solange ich die Deadlines einhalte“, sagt er. Wenn er vormittags ein krankes Kind betüddeln muss, arbeitet er die Zeit abends oder nachts wieder herein.

Matthias Birk will anderen Männern Mut machen, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. „Was mir die Augen geöffnet hat, waren die zwei Monate Elternzeit mit Anika. Dadurch hatte ich die Chance, auszuprobieren, ob ich das kann“, sagt er. Bei seinem Sohn Leo blieb er sogar sieben Monate daheim. Das Elternzeitgesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, findet Birk. „Jetzt müssen die Männer diese Chance nur noch wahrnehmen.“