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Vom Tiefsinn des Brotbackens

Axel Grau und Tobias Escher im Sommerprogramm der Stadtbibliothek

Axel Grau wurde bei seinen Gedankengängen und Brötchen backen von Tobias Escher am Akkordeon begleitet. Foto: Gerald Priessnitz
Axel Grau wurde bei seinen Gedankengängen und Brötchen backen von Tobias Escher am Akkordeon begleitet. Foto: Gerald Priessnitz

Kirchheim. Alle Jahre wieder, mitten im Ferienmonat August, freut sich ein Stammpublikum auf das Sommerprogramm der Stadtbibliothek.

Ulrich Staehle

Dort, wo die Bücher zu Hause sind, wird Literatur genussvoll serviert. „Text und Töne“ lautet das Motto des Programms. Sprache wird mit musikalischer Garnierung serviert.

Ganz besonders appetitanregend musste da die Ankündigung von Axel Grau und Tobias Escher mit der witzigen Verwendung eines Filmtitels sein: „Spiel mir das Lied vom Brot“. Versprochen wird „ein Abend voller Teig, tiefsinniger Gedanken sowie musikalischer Schmankerl und Highlights.“

Das Versprechen wurde fürs Erste eingelöst. Der gelernte Bäcker Axel Grau stellte live auf dem Podium einen veritablen Brotteig her. Er mixte und knetete. Nebenher philosophierte der studierte Philologe Axel Grau ausgehend von der Brotherstellung über Gott und die Welt. Er sieht Parallelen zwischen der Herstellung eines Brotes und der Erschaffung eines Menschen. In beiden Fällen ist „Liebe, Wissen und Können“ nötig – und Geduld, denn jede Entwicklung will reifen.

Die Backphilosophie wird natürlich nicht in einem geschlossenen Vortrag geboten, sondern ist eingebettet in einen musikalischen Kontext, den der Akkordeonspieler Tobias Escher herstellt in Solonummern und Liedbegleitungen. Axel Grau kümmert sich nicht um naheliegende Motive beim Stichwort „Brot“, – wo bleibt zum Beispiel ein „Lied vom Brot? –, sondern breitet seine Assoziationsflügel aus und landet bei allgemeinmenschlichen Problemen wie Alkohol, Liebe, Tod. Auch die Frage nach Gott wird gestellt. Während des Knetens wird er zu „kulturell anthropologischen Exkursen“ inspiriert: Der Franzose ist durch sein Baguette gekennzeichnet, locker und mit knuspriger Kruste, das italienische Weißbrot ist „ölig“, das deutsche multifunktional. In noch weiterer Assoziationsanbindung singt er Lieder und Songs. Er singt nicht nur in deutscher, sondern auch in englischer, französischer und italienischer Sprache.

Doch hier stößt er an Grenzen. Er singt nicht schlecht, aber er singt nicht so gut, wie er singen können sollte, wenn er so viel Anspruchsvolles singt. Eine erträumte Opernkarriere, von der er mehrmals spricht, bleibt offensichtlich unerfüllt, so wie die „kleinen Brötchen“ am Schluss als Teig auf dem Backtisch liegen bleiben. Parodistische Ansätze bleiben stecken. Auch bei der Darbietung rein sprachlicher Texte, die vorwiegend abgelesen werden, gibt es noch Entwicklungsmöglichkeiten.

Grenzenlos genießen konnte das Publikum in der voll besetzten Stadtbücherei den Auftritt von Tobias Escher mit seinem Akkordeon. Der Großmeister dieses Instruments ist in guter Erinnerung von einem Jandl-Abend im letzten Jahr. Er hat die Musik selbst arrangiert und ist in allen Stilarten zu Hause. Der Bogen spannt sich von Schumann über Lehar, Mahler, Verdi bis zu Weill, Gershwin und populären Schlagern wie „Azzurro.“