Weilheim · Lenningen · Umland
Von der Pfarrerin zur Professorin

Kirche Corinna Schubert hat in der Oberlenninger St. Martinskirche Investitur gefeiert. Anfang September wechselt die 39-jährige Theologin an die Evangelische Hochschule Ludwigsburg. Von Anke Kirsammer 

Als einen Sechser im Lotto könnte man die Chance bezeichnen, die sich für die Unterlenninger Pfarrerin Dr. Corinna Schubert auftut: Am 1. September übernimmt sie eine Professur an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Gesucht wurde jemand, der „Systematische Theologie“ und „Ästhetische Praxis“ unterrichtet. „Die Kombi gibt es eigentlich gar nicht“, sagt die 39-Jährige. Doch genau diese seltene Kombination ist wie maßgeschneidert auf sie zugeschnitten. In „Systematischer Theologie“ hat sie ihre Doktorarbeit mit dem Titel „Glaube und Gefühl“ verfasst.

 

Wenn mir die Chance so vor den Füßen liegt, muss ich es probieren.
Corinna Schubert
Die Pfarrerin über die wie auf sie zugeschnittene Professur
 

Im Bereich „Ästhetische Praxis“ hat Corinna Schubert bisher zwar nicht wissenschaftlich gearbeitet, die Anwendung ist aber ihr nebenberufliches Steckenpferd. Mit sogenannten „Sketchnotes“, die aus Zeichnungen, Symbolen und Grafikelementen bestehen, fasst sie etwa Vorträge zusammen, damit Zuhörerinnen und Zuhörer eine Art Protokoll mit nach Hause nehmen können. Angehende Religions- und Gemeindepädagogen und Studierende der Sozialen Arbeit, die sie dann unterrichtet, könnten von ihrem gestalterischen Know-how profitieren. Auch wenn sie schon länger mit der Erwachsenenbildung geliebäugelt hatte – aktiv gesucht hatte sie die berufliche Veränderung aktuell nicht. „Wenn mir aber die Chance so vor den Füßen liegt, muss ich es probieren“, so schildert die Pfarrerin, was ihr durch den Kopf ging, als sie die Ausschreibung für die 75-Prozent-Stelle gesehen hatte. Dass so eine Bewerbung im ersten Anlauf klappe, sei äußerst selten. Das Aufgehen einiger Türen, wie sie es bildlich beschreibt, erlebt sie als Gottes Führung.

Traditionen zu kennen, findet die gebürtige Ostfriesin, die in Tübingen, Rom und Leipzig studiert hat, wichtig. Doch sei jede Generation gefordert, Kirche und Glauben für die jeweilige Zeit zu gestalten und immer wieder neue Formen zu finden. Erkenntnisse aus Psychologie und Soziologie einfließen zu lassen und zu überlegen, was Glaube mit dem Alltag zu tun hat, ist ihr ein Anliegen. Sie möchte eine Perspektive vermitteln, die über die sichtbare Welt hinausgeht. „Kirche wird dort Bestand haben, wo Menschen spüren, dass sie etwas für ihr Leben bekommen, das sie trägt“, so lautet eine Überzeugung der Theologin.

Pfarrdienst auf Lebenszeit

Was seltsam anmutet, hat dennoch seine Berechtigung: Am Sonntag wurde in der Oberlenninger St. Martinskirche der Investiturgottesdienst gefeiert, den Corinna Schubert gemeinsam mit dem Kirchheimer Dekan Christian Tsalos hielt. Die Investitur markiert den Übergang von der Probezeit in den Pfarrdienst auf Lebenszeit. Und da die Probezeit Ende Februar ausgelaufen ist, wurde nun in einem Festgottesdienst mit viel Musik Investitur gefeiert. Tsalos beschrieb Corinna Schubert als engagierte und kreative Pfarrerin. Die erste Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Martina Eberle, hatte zusammengetragen, was das Gremium mit Corinna Schubert verbindet. „Freundlich zugewandt“, „lebendige, inspirierende Predigten“, „ein offenes Ohr und ein weites Herz“ – all das gehört zu dem bunten Strauß an Attributen.

In Anlehnung an den Sonntag „Laetare“ bezeichnete ihr Mann und Kollege Christoph Schubert den Tag als „Tag der Freude“. Er plauderte aus dem Nähkästchen, als er die Freude seiner Frau beschrieb, wenn die Predigt rund und das letzte Satzzeichen gesetzt ist. In ihrer Predigt an diesem Sonntag thematisierte Corinna Schubert unter anderem ihre gemischten Gefühle. So lala, das französische „Comme ci comme ça“, würde wohl am besten ausdrücken, wie es ihr gehe.

 

Es ist ein Unterschied, ob man online ins ,Nichts’ spricht oder ob die Kirchenbesucher vor einem sitzen.
Corinna Schubert
Die Pfarrerin hat die Coronazeit als lange Durststrecke empfunden.

 

Im Lenninger Tal hat die Theologin bereits 2016 Wurzeln geschlagen. Damals begann sie ihr Vikariat in der Kirchengemeinde Oberlenningen. Vor drei Jahren erfolgte die Ordination. Seitdem teilt sie sich mit ihrem Mann eine der beiden Stellen in der Julius-von-Jan-Kirchengemeinde, die inzwischen von Brucken bis hinauf nach Schopfloch reicht. Als fordernd erlebte und erlebt die Seelsorgerin das Zusammenwachsen. Noch weitgehend offen ist, wie mit den zehn gemeindeeigenen Immobilien umzugehen ist, wenn die Landeskirche die Finanzmittel deutlich kürzt. Dass Corona das Leben in der gerade vereinten Kirchengemeinde fast komplett zum Erliegen brachte, sei eine besondere Herausforderung gewesen. Die Pfarrerin ist froh darüber, dass nach einer langen Durststrecke wieder Präsenz-Gottesdienste gefeiert werden können. „Es ist einfach ein Unterschied, ob man online ins ,Nichts’ spricht oder ob die Kirchenbesucherinnen und -besucher vor einem sitzen“, sagt sie. Beziehungen aufzubauen, sei so viel eher möglich. Gerade um diese Beziehungen tut es ihr leid, wenn sie an den im September beginnenden Lebensabschnitt denkt. Als persönliches Highlight bezeichnet sie die alljährlichen Familienfreizeiten und die Arbeit an einem Leitbild für die Gemeinde mit dem Kirchengemeinderat.

Die Sorge von Mitgliedern der Kirchengemeinde, dass nun eine weitere halbe Stelle wegfällt, sei unbegründet, betont Corinna Schubert. Sie und ihr Mann suchten noch nach einer guten Lösung. Das Ehepaar hat eine achtjährige Tochter und einen elfjährigen Sohn.