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Von wegen schwaches Geschlecht

Zirkus Die Pflaster-Akrobaten beeindrucken mit ihrem Können in der ausverkauften Waldorfschule Kirchheim. Von Sabine Ackermann

Höhenangst? Den Künstlerinnen der Pflaster-Akrobaten sieht man auch in der Luft nicht an, dass sie keine Profis sind. Fotos: Sab
Höhenangst? Den Künstlerinnen der Pflaster-Akrobaten sieht man auch in der Luft nicht an, dass sie keine Profis sind. Fotos: Sabine Ackermann

Einen wunderschönen guten Abend“, begrüßen „Fidi und Jule“ die Gäste, und die Freude über ihre erste große Dinner-Show steht den zwei „Moderatoren“ förmlich ins Gesicht geschrieben. Wobei, genaugenommen haben sich die beiden Trainerbrüder Fridolin und Julian Mischner schon zum zweiten Mal so in Schale geschmissen, die „Premiere in dieser Konstellation“ wurde letzte Woche in der Gemeindehalle Wangen gefeiert. Kaum ausgesprochen, zeigen vier Mädels via Ball-Jonglage, dass die runden Kugeln nicht nur Fußballern vorbehalten sind. Keck, die pinkfarbenen Bommeln auf Kopf und schwarzem Samtkleid, verraten diese schon bei der ersten Nummer: „Bei uns kommt nichts von der Stange“.

Kostüme mit Liebe zum Detail

Hinter den durchweg kreativen Kostümen steckt Verena Mischner, die mit Nadel und Faden und viel Liebe zum Detail jeden der talentierten Zirkuskünstler in Szene setzt. Besonders die Ganzkörperanzüge sind Hingucker, unterstreichen die grazile Geschmeidigkeit der Akrobatinnen. Von wegen „schwaches Geschlecht“, die Mädchen waren nicht nur in der Überzahl, sie trauten sich auch richtig was zu. Höhenangst? Wir doch nicht! Respekt für die Übungen in der Schlaufe, am Vertikal-Tuch oder Trapez, die allesamt vergessen ließen, dass hier keine Profis „in den Seilen hängen“.

Aber auch am Boden beweisen die jungen Damen ihr Können, sind gelenkig und verbiegen sich, als wenn ihre Knochen aus Gummi wären. Und obendrauf gibt‘s am Ende stets ein strahlendes Lächeln.

Jedes Kunststück wurde von den Gebrüdern Mischner angekündigt, so auch Julius und Sigurd, die nicht nur ihre Diabolos zu spanischer Musik zum Schwingen brachten, sondern auch als Clowns zu begeistern wussten. Richtig Farbe ins Spiel brachten die schwingenden Pois sowie die witzigen Wesen im geheimnisvollen Tanzsack. „Ganz sicher geht es weiter“, verspricht Elke Thumm, die von Levin auf die Bühne gerufen wurde. Die Gründerin der Zirkusmacher zog ein kurzes Resümee über die vergangenen zwei Jahre, freut sich über die ausverkauften Abschlussveranstaltungen und blickt hoffnungsvoll in die Zukunft. „Vielen Dank, dann kannst du jetzt wieder in die Küche“, verabschiedet der Nachwuchsmoderator keck die gute Seele des Vereins.

Keulen-Jonglage im Fünferpack

Apropos Küche: Sogar das Essen eines Caterers wurde pfiffig serviert: „Guten Abend, liebe Leute, ein Salat mit Freude heute, und jetzt noch einen Schritt, guten Appetit.“ Die Jugendlichen brachten in schicken Uniformen das Hauptgericht und Dessert an den Tisch.

Weitere Programmpunkte waren Kunststücke beim Seilspringen, Keulen-Jonglage im Fünferpack sowie Akrobatik auf dem Einrad oder Ultimate, ein schwer beherrschbares Gefährt, das nicht einmal einen Sattel besitzt. Das stimmige Programm der Zirkusmacher kam super beim Publikum an: Ob die Diskokugel, die dem Saal der Waldorfschule tausende von Sternchen bescherte, das schöne Klavierspiel von Elena beim Einlass oder Jaroslaw Wakarecys angenehme Unterhaltungsmusik in der Dinnerpause.

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Wie entstanden die Pflaster-Akrobaten?

Von der Uhingerin Elke Thumm stammt die 2015 geborene Idee, zirkusbegeisterten Mädchen und Jungen ab 12 Jahren in dem Verein „Die Zirkusmacher“ eine neue oder zusätzliche Plattform anzubieten.

Daraus entstand das von der Baden-Württemberg Stiftung geförderte Projekt „Pflaster-Akrobaten“, das mit regelmäßigem Training in Kirchheim und Wangen, Trainingslager, Workshops, Aufführungen in Fußgängerzonen, auf Straßenfesten oder diversen Veranstaltungen für Abwechslung sorgt.

Logisch, dass da die beiden erfahrenen Trainer Julian und Fridolin Mischner sprichwörtlich mitmischen. Bekannt als „Jule und Fidi“ der Zirkusse Caristello, Kirchheim, sowie Wangoni, Wangen, betreuen die Brüder rund 40 Jugendliche und Heranwachsende aus der Region. ack