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Warum laufen hier so oft die Keller voll?

Naturphänomen In Roßwälden gab es im Juni gleich zwei Jahrhunderthochwasser. Die Bewohner vermuten, dass das neue Gewerbegebiet Schuld ist. Von Werner Schmidt

Das neue Gewerbegebiet am Ortsrand von Roßwälden: Es soll schuld daran sein, dass in dem Ebersbacher Teilort immer öfter Wasser
Das neue Gewerbegebiet am Ortsrand von Roßwälden: Es soll schuld daran sein, dass in dem Ebersbacher Teilort immer öfter Wasser in die Keller läuft.Foto: Carsten Riedl

Teile Roßwäldens sind zu nah am Wasser gebaut. Am Grundwasser. Das kam während der jüngsten Ort­schaftsratssitzung heraus, als es um die Überflutungen im Ort am 7. und am 11. Juni ging. Beide Male handelte es sich um „Jahrhundertereignisse“, betonte Michael Kuckluck-Rothfuß vom Planungsbüro SI in Weilheim. Ausgelegt seien die Kanäle im Ort aber lediglich für Starkregenereignisse, wie sie statistisch alle drei bis fünf Jahre aufträten.

Diese Aussage wiederholte der Ingenieur immer wieder und brachte so die vielen Einwohner und Betroffenen auf die Palme, die mit diesen statistischen Werten nichts anfangen konnten. Dafür stellten sie das Rohrsystem im Ort auf den Prüfstand: Es habe im selben Strang unterschiedliche Durchmesser, und damit könne das Wasser nicht gleichmäßig ablaufen, argumentierten die Betroffenen, die zudem mehrheitlich feststellten, dass die Überflutungen zugenommen hätten, seit das Gewerbegebiet mit dem Netto-Markt bestehe: „Seither gluckert es bei mir ständig bei Regen“, stellte ein Zuhörer fest. Ortsvorsteher Klaus Herrmann hatte zu Beginn der Sitzung die Ereignisse der beiden Tage im Juni zusammengefasst: Rund 50 Keller seien am 7. Juni vollgelaufen, in 20 Fällen sei die Feuerwehr gerufen worden, am 11. Juni sei eine nicht bekannte Zahl von Gebäuden erneut betroffen gewesen.

Insbesondere waren Häuser im Bereich der Brühl-, Dorf- und Talstraße betroffen. Der Ebersbacher Stadtbaumeister Markus Ludwig versprach, man werde die Anschlüsse an das Mischwassernetz im Bereich des Gewerbegebiets auf mögliche Fehler überprüfen und sagte zu, mit Betroffenen in individuellen Gesprächen die Möglichkeit des Hochwasserschutzes für ihre Häuser zu erörtern.

Er sagte aber auch, dass Baden-Württemberg vom Klimawandel besonders stark betroffen sei. Von Starkregen, wie er rechnerisch alle 1 000 Jahre zu erwarten sei, sei rein statistisch jedes Jahr ein Ort im Land mit seinen 1 100 Gemeinden betroffen.

Planungsfehler oder Ausnahme

Davon abgesehen gebe es in Ebersbach mehrere neuralgische Punkte: „Wir müssen den Kanalplan neu berechnen lassen“, so Ludwig. Das sei allerdings ein Thema, das die Gemeinde viele Jahre beschäftigen werde. Für die Bürger gibt es bald einen Informationsabend zum Thema „Wie kann ich mich selbst schützen“.

Tatsache jedenfalls sei, dass Teile von Roßwälden auf einem „Felshorizont“ errichtet seien, der sich zwischen drei Meter und 3,50 Meter Tiefe hinzieht, über dem das Grundwasser entlang fließe. Dadurch sei es wahrscheinlich, dass bei starkem Regen sich das Grundwasser auch mal auf nur zwei Meter staue, was sich auf Keller und Bodenplatten auswirken könne.

Immer wieder wurde kritisiert, dass insbesondere Wasser in die Häuser dringe, seit das neue Gewerbegebiet entstanden sei: „Der Kanal ist eindeutig zu klein. Da läuft das gesamte Wasser vom Gewerbegebiet rein. Da brauch ich kein Ingenieur zu sein, um zu erkennen, dass das Sch . . . ist“, stellte ein Anwohner aus der Brühlstraße erbost fest.

Die Argumentation der Mitarbeiter der Ebersbacher Verwaltung und der externen Ingenieure rief bei den Besuchern der Ortschaftsratssitzung das Gefühl hervor: „Wir sind selber Schuld, dass wir Wasser im Keller haben.“ Die Verwaltung befiel das Gefühl, sich vor einem Tribunal verantworten zu müssen.

Das schlug in Ratlosigkeit um, als einige Zuhörer anmerkten, dass die vorhandenen beiden Regenwasserrückhaltebecken an beiden Tagen trocken gewesen seien. Da tauchte der Verdacht auf, die Anschlüsse könnten falsch installiert worden sein. Man werde das prüfen, versprach Michael Kuckluck-Rothfuß. Er erntete aber Kritik, als er den geplanten Bau eines weiteren Regenwasserrückhaltebeckens im Bereich des Klingenbrunnenbachs ansprach. Das sei mit 6 000 Kubikmeter zu klein dimensioniert.

Ortsvorsteher Klaus Herrmann machte den Vertretern der Stadtverwaltung klar: „Sie reden von statistischen Größen. Wir reden von der Wirklichkeit.“ Das veranlasste Stadtbaumeister Markus Ludwig dazu, festzustellen: „Bei so einem Ereignis hätte es kein Kanal der Welt geschafft!“ Hier in Roßwälden träfen einige ungünstige Faktoren aufeinander - hoher Grundwasserspiegel, dazu unterschiedliche Durchmesser der Kanäle: „Wir schauen danach und tun alles, was möglich ist“, versprach Ludwig.