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Was passiert mit dem Munitionsdepot?

Aufreger Seit Jahren ist klar, dass das Gelände zwischen Beuren und Nürtingen bis zum Jahr 2029 renaturiert wird. Doch das stößt auf Unverständnis. Von Kai Müller

Das Areal im Tiefenbachtal ist nicht öffentlich zugänglich. Es ist ein Ort mit vielen Geheimnissen. Hier lagerte die Bundeswehr in einem weitläufigen Munitionsdepot Waffen, um für einen Ausbruch des Dritten Weltkriegs gerüs­tet zu sein. Die massiven Bunker, die selbst eine Sprengung überstehen würden, und die Natur bilden einen reizvollen Kontrast. Dieser wird aber in den nächsten Jahren fast gänzlich verschwinden, denn das Gebiet muss bis 2029 komplett renaturiert werden. Fast alle Bunker werden unter einer meterdicken Erdschicht begraben, alle Bäume gefällt. Der Beschluss ist schon vor einigen Jahren gefallen. Die Gemeinde Beuren war damit weniger glücklich, hätte man sich gut eine andere Nutzung des Areals vorstellen können.

Jüngst hatte das Freilichtmuseum auf der Fläche im Tiefenbachtal einen Flohmarkt veranstaltet, um ausgemusterte Stücke zu verkaufen. Schließlich müssen alle einstigen Munitionsbunker im Tiefenbachtal geräumt werden. Da erst fiel es einigen Besuchern wie Schuppen von den Augen, was mit dem Areal passiert. Dies führte zu einer regen Diskussion in den sozialen Netzwerken. „Wo ist der Sinn dieser Aktion?“, fragte ein Nutzer. Andere verstanden nicht, warum die dringend benötigten Lagerräume nicht weiterhin genutzt werden können. Einer fand es „geradezu dämlich“, in diesen unruhigen Zeiten die Bunker aufzugeben.

Eigentümer des Areals ist seit 2013 der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises Esslingen. Von 1971 bis zur Auflösung des „Munitions-Außenlagers Beuren“ am 30. Juni 1999 hatte die Bundeswehr dort das Sagen. Seit 2000 steht es unter der Ägide des Landkreises, erst war es gepachtet, dann wurde es gekauft. Doch was passiert eigentlich auf dem Areal wirklich? Die Arbeiten auf dem Gelände sind schon im Gang. „Die Verfüllungen zum ersten Bauabschnitt laufen derzeit“, teilt Andrea Wangner, Pressesprecherin des Landratsamts in Esslingen, mit. Dieser werde im nächs­ten Jahr abgeschlossen. Wangner ergänzt: „Insgesamt sind fünf Bauabschnitte vorgesehen. Der Abschluss muss bis Ende 2029 vertragsgemäß erfolgen.“ Ob das Areal nach erfolgter Renaturierung der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung stehe, sei noch nicht abschließend zu beantworten.

 

„Wir wollen den Bunker 76 als Erinnerung an die Zeit des Kalten Krieges erhalten.
Daniel Gluiber
Bürgermeister von Beuren

 

Das Gelände hat eine historische Komponente als Relikt des Kalten Krieges. Auch der Luftschutzbunker unter dem Verwaltungsgebäude des Freilichtmuseums fällt in diese Kategorie. „Eine Dokumentation der Geschichte des Depots von seinen Anfängen bis heute könnte ein interessantes Projekt für eine historisch interessierte Person sein“, teilt Wangner mit. Der Landkreis Esslingen sei hier bei Bedarf gerne beratend tätig. Das Museum plane kurz- und mittelfristig keine Führungen durch den Luftschutzbunker. Warum muss die Fläche eigentlich unbedingt renaturiert werden? Dazu heißt es vom Landratsamt: „Der Landkreis hatte die Verlängerung des Mietvertrags mit dem Land Baden-Württemberg intensiv verhandelt. Letztlich bestanden das Land und die Forstverwaltung aber auf die gesetzliche Verpflichtung zur Wiederaufforstung.“ Diese Verpflichtung sei damit ein Bestandteil des Kaufvertrags geworden, sodass eine Rekultivierung und Wiederbewaldung unumgänglich ist.

Der Abfallwirtschaftsbetrieb hat das Areal im Jahr 2013 für 1,3 Millionen Euro gekauft. Die angelieferte Erde stellt die Behörde in Rechnung. In Summe bedeutet dies, dass Einnahmen in Höhe mehrerer Millionen Euro zu erwarten sind. Bürger mutmaßen, dass sich da der Landkreis eine goldene Nase verdient. Dem ist nicht so, teilt die Pressesprecherin mit. Demnach geht der Abfallwirtschaftsbetrieb wirtschaftlich von einer „schwarzen Null“ aus. „Außer dem Kaufbetrag fallen laufende Kosten für Maschinentechnik, Personal und Gutachten an. Der Erlös wird daher zur Deckung der Kosten benötigt“, heißt es in einer Stellungnahme.

 

Große Eingriffe in die Natur

Der Naturschutz wurde im Genehmigungsverfahren intensiv gutachterlich betrachtet, heißt es dazu aus dem Landratsamt. Vor jedem Bauabschnitt werden die Zauneidechsen umgesiedelt. Für Fledermäuse sollen die Bunker 5, 24 und 25 hergerichtet und bestehen bleiben. Auch auf geschützte Pflanzenarten wird Rücksicht genommen. „Magerrasen und Güldenkraut wurden entnommen, zwischengelagert und wieder eingebracht“, teilt Andrea Wangner mit.

Sämtliche Straßen und andere versiegelte Flächen werden verschwinden. In der Summe sind das zwei Hektar, erläutert das Landratsamt. Das Verwaltungsgebäude des Freilichtmuseums und das Werkstattgebäude bleiben aber erhalten. Die Behörde weist zudem darauf hin, dass die geplante Aufforstung den Zustand der Fläche nachhaltig verbessert.

Alle Bäume, die seit 1971 auf dem Areal gewachsen sind, werden gefällt. Ist das wirklich notwendig? „Damit hochwertig aufgeforstet werden kann, müssen fast alle Bunker mit mindestens zwei Meter Rekultivierungserde überdeckt werden“, lautet die Auskunft des Landratsamts. Der Baumbestand stelle Schwachholz dar. Laut Definition sind das Bäume, deren Stämme einen Brusthöhendurchmesser von weniger als 48 Zentimeter aufweisen. Die Behörde ist sicher: „Die Wiederaufforstung erhöht die Qualität des Bestandes langfristig.“ km