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Was tun, wenn der Partner zum Peiniger wird?

Gewalt Beleidigungen, Bedrohungen, Schläge – Gewalt gegen Frauen in den eigenen vier Wänden hat viele Facetten.

Kirchheim. Gewalt an Frauen wird meist hinter geschlossenen Türen verübt, in den eigenen vier Wänden, keiner bemerkt sie, niemand unternimmt etwas dagegen. Häufig leiden die Opfer im Stillen. Statistisch betrachtet wird in Deutschland jede vierte Frau im Verlauf ihres Lebens mit gewalttätigen Übergriffen in der Partnerschaft konfrontiert. Ohne es zu wissen, kennt jeder theoretisch mindestens zwei oder drei Betroffene.

Oft ist es laut Irmgard Pfleiderer ein langer und steiniger Weg, bis Opfer den Entschluss fassen, sich von ihrem Peiniger zu trennen. Ein Prozess, der nicht selten mit mehreren Anläufen verbunden ist, wie die Sozialpädagogin vom Kirchheimer Verein „Frauen helfen Frauen“ berichtet. Die Angst, nach der Trennung in ein tiefes finanzielles Loch zu fallen, der Wunsch, den Kindern die Familie zu erhalten oder die Hoffnung, dass sich der Partner doch noch ändert – das sind nur einige Beispiele aus einer Vielzahl von Gründen, die Frauen dazu bewegen an einer Gewaltbeziehung festzuhalten, wie Susanne Lorch ausführt.

Wenn Frauen den Mut fassen, über die Gewalt zu sprechen, die ihnen in ihrem häuslichen Umfeld angetan wird, vertrauen sie sich in den meisten Fällen zuerst Freunden und Familienangehörigen an. Die sollten Irmgard Pfleiderer zufolge mit Verständnis und Geduld reagieren, aber auch ihre Unterstützung anbieten und den Opfern ein offenes Ohr schenken. „Für Frauen, die in einer Gewaltbeziehung leben, ist es“, Pfleiderer zufolge, „wichtig, Kontakte in ihrem Umfeld zu haben, mit denen sie über das, was ihnen widerfährt, sprechen können.“ Kontraproduktiv wäre es, die Betroffenen dazu zu drängen, ihren Partner zu verlassen oder ihnen Vorwürfe zu machen, weil kein endgültiger Schlussstrich gezogen wird.

Mitzuerleben, wie eine nahestehende Person physisch und psychisch misshandelt wird, ist für Freunde und Angehörige häufig belastend. Überforderung, Hilflosigkeit, Ohnmacht oder Frustration – Gefühle, die bei Vertrauenspersonen durchaus auftreten können, wenn sie immer wieder mit den Schilderungen der Opfer konfrontiert sind und gleichzeitig keine Veränderung feststellen. „Daher ist es sinnvoll, die Betroffenen zu ermutigen, sich an Beratungsstellen zu wenden“, rät Susanne Lorch und betont: „Die können auch über finanzielle Hilfen informieren oder über die Beantragung einer Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt, wenn eine Bedrohung durch den Ex-Partner zu befürchten ist.“

Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, können sich auf der Homepage von „Frauen helfen Frauen“ einen Sicherheitsplan mit Tipps herunterladen. „Er hilft den Opfern, sich auf künftige Krisensituationen vorzubereiten“, erklärt Irmgard Pfleiderer. „Er soll sie dabei unterstützen, mehr Sicherheit und Kontrolle über ihre Situation zu erhalten.“ Dazu zählt, einen Ersatzschlüssel an sich zu nehmen und die wichtigsten Notfallnummern zu notieren. Kleidungsstücke und Kindersachen in einer Tasche beiseitezulegen ist hilfreich, wenn Betroffene mit ihren Kindern unvorhergesehen aus den eigenen vier Wänden flüchten müssen, wie Susanne Lorch empfiehlt. Das Gepäckstück sollte aber so deponiert werden, dass der Partner es nicht findet.

Möglichst viele wichtige Unterlagen und Papiere mitzunehmen, erleichtert im Fall der Trennung den Neustart ungemein. Dazu zählen laut Lorch Dinge wie Krankenkassenkarte, Pass, Ausweis, Heirats- und Geburtsurkunde, Gehaltsnachweise des Partners, Bankunterlagen, Miet- und Arbeitsvertrag, aber auch eventuell vorhandene Sorgerechtsentscheide. Mit Blick auf den Krisenfall sollten Opfer im Vorfeld abklären, ob Personen in ihrem persönlichen Umfeld bereit sind, sie aufzunehmen. Besteht diese Möglichkeit nicht, finden die Betroffenen im Frauenhaus eine Bleibe auf Zeit und professionelle Unterstützung.Daniela Haußmann