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Weilheimer Kirchenskandal in YouTube

Eigentlich sollte die Beurlaubung von Weilheims Pfarrer Hermann Ehrensperger Ruhe in die katholische Kirchengemeinde Sankt Franziskus bringen. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Seit gestern ist die Gemeinde gewissermaßen zum YouTube-Star avanciert.

Weilheim. Wer YouTube im Internet aufruft und als Stichwort „Freiheit im Protest“ angibt, der findet dort nicht nur Videos zur Homo-Ehe oder zur Islam-Propaganda. Mittendrin steckt ein 45 Sekunden langes Video, das gestern in Weilheim aufgenommen wurde und kurz darauf online ging. Der Text dazu ist spärlich: „Die Sankt-Franziskus-Kirchengemeinde Weilheim protestiert gegen den Rufmord und die Absetzung ihres Pfarrers.“ ist zu lesen. Und weiter: „Kirchenfürst Paul Magino interessiert das offensichtlich nicht - er entscheidet lieber im Stillen. Öffentlichkeit ist ihm sichtlich unangenehm.“

Das Video selbst zeigt Dekan Paul Magino, wie er die Kirche verlässt. Er muss eine Menschengruppe durchqueren, die „Die Gedanken sind frei“ singt. Darunter sind eine ganze Reihe jüngerer Menschen und viele Ministranten, erkennbar durch ihre Gewänder. „Herr Magino, was sagen Sie dazu?“ stellt eine Stimme aus dem Off eine Frage, die unbeantwortet bleibt.

Wie der Teckbote berichtete, wird dem katholischen Pfarrer Ehrensperger die Vernachlässigung dienstlicher Pflichten und fragwürdiges persönliches Verhalten vorgeworfen. Um die Anschuldigungen in Ruhe klären zu können, wurde der Pfarrer beurlaubt. Dekan Paul Magino, der die gestrigen Sonntagsmessen in Weilheim und Zell unter Aichelberg übernahm, wurde seine Arbeit nicht leicht gemacht. Kirchgänger berichteten von Ministrantenstreiks an beiden Orten.

Was ist bloß los im Städtle?

Kaum sind die Wogen abgeflacht, die vergangenes Jahr hoch schlugen um das Privatleben eines evangelischen Pfarrers in Weilheim, da sorgen handfeste Vorwürfe gegen einen langjährigen katholischen Kirchenmann für Aufregung. Ministrantenstreiks und vor allem das YouTube-Video garantieren dem Skandal nun eine noch breitere Öffentlichkeit.

Mit „Die Gedanken sind frei“ greifen die Anhänger des Pfarrers sehr aussagekräftig auf ein Lied zurück, das wie kein anderes für den Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit steht. – Ein Lied, das nicht gerade zum täglichen Repertoire heutiger Teenager gehört. Dass im Hintergrund entsprechende Strippenzieher agieren könnten, die auch gewieft im Umgang mit modernen Medienportalen sind, ist daher ein Vorwurf, den man vielerorts in Weilheim hört.

Sicher ist nur eines: Der sachlichen Aufklärung dienen derlei Aktionen nicht. Die Kluft, die die Kirchengemeinde spaltet, wird mit jedem Tag tiefer.IRENE STRIFLER