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Wenn der Whisky einfach weniger wird

Destillate Nicht nur Schotten und Owener können das „Wasser des Lebens“ herstellen. Dietmar Sigel brennt in Dettingen Korn aus der Region und baut die hochprozentige Spezialität im Gewölbekeller aus. Von Iris Häfner

Dietmar Sigel nimmt eine Probe von seinem Whisky. Fotos: Lena Sigel und Andreas Moosmann
Foto: privat
Dietmar Sigel nimmt eine Probe von seinem Whisky. Fotos: Lena Sigel und Andreas Moosmann
Dietmar Sigel nimmt eine Probe von seinem Whisky. Foto: privat

Der Schwabe an sich tüftelt gern, das Rad neu erfinden muss er aber auch nicht. Ein bekanntes und dazu noch für viele wohlschmeckendes Beispiel für diese Tatsache: Schwäbischer Whisky. „Korn hat mein Vater in den 70er-Jahren für das Monopol gebrannt. An Whisky hat da noch keiner gedacht“, erzählt Dietmar Sigel aus Dettingen. Doch irgendwann ist bei Erich Sigel die Idee gereift „mit kleinere Fässle“ Versuche bezüglich des hochprozentigen, schottischen Nationalgetränks zu machen. Im Jahr 1990 gab es die erste Abfüllung in Flaschen, nachdem der Korn einige Jahre im Eichenfass zugebracht hat. „Damals hat das aber keinen so richtigen Anklang bei den Kunden gefunden, das Produkt war nicht nachgefragt“, erinnert sich Dietmar Sigel. Das hat sich in den vergangen 15 Jahren jedoch stark geändert. „Seit etwa sechs Jahren kann man sogar von einem Hype sprechen“, sagt der Dettinger Nebenerwerbsbrenner. Vom Vater hat er sowohl die komplette Kleinbrennerei als auch das Wissen übernommen und experimentiert in kleinem Rahmen selbst mit dem Wasser des Lebens - denn nichts anderes bedeutet der Name Whisky. Er leitet sich vom gälischen „uisce beatha“ ab.

Die Experimente sind ganz offensichtlich geglückt. Im Jahr 2012 ist seine Brennerei als eine der besten Whisky-Destillerien vom Whisky Guide Deutschland ausgewählt worden. „Mit den Owenern will ich mich aber nicht vergleichen“, sagt Dietmar Sigel bescheiden. Dass er aber durchaus in der Lage ist, in dieser Liga mitzumischen, zeigen die Auszeichnungen durch den Landesverband der Klein- und Obstbrenner Nord-Württemberg. Bei der aktuellen Landesprämierung wurde er mit Gold und Silber ausgezeichnet. Damit es zu keinerlei Verwechslungen kommen kann - einschließlich der räumlichen Nähe zu Dettingen an der Erms - prangt der Schriftzug „Schlossberg“ auf dem Etikett seiner Flaschen. „Das geht auf den früheren Ortsnamen zurück, der bis 1879 Dettingen am Schlossberg hieß“, kennt sich Dietmar Sigel in der Ortsgeschichte aus.

 

Zwei Sorten hat er im Angebot: Single Grain und Single Malt. Den Weizen dafür bezieht er aus den umliegenden Mühlen, denn er legt Wert auf regionale Produkte. „Wenn ich oben auf der Teck stehe und mich umschaue, sehe ich im Sommer die Getreidefelder im Tal und im Hintergrund den bewaldeten Albtrauf. Genau das will ich geschmacklich mit meinem Whisky umsetzen“, sagt er.

Ein Whisky-Brenner braucht einen langen Atem. Das fängt bereits bei der Wahl des richtigen Eichenfasses an. „Man kann das über das Internet bestellen. Mir ist es aber wichtig zu wissen, woher es kommt, welcher Wein tatsächlich darin ausgebaut wurde und bei welchem Winzer“, sagt der hauptberufliche Werkzeugmacher. Zwischenzeitlich hat er den Lieferanten seines Vertrauens gefunden. Neben der Destillieranlage steht die jüngste Anlieferung - mit Wasser gefüllt. Die wichtigste Funktion des Gefäßes ist erfüllt: Es ist dicht.

Jetzt darf sich die Handwerkerseele in Dietmar Sigel austoben. Die Reifen werden gelöst und jede einzelne Fassdaube abgefräst. Das Maß dafür ist die Einfärbung, denn zuvor war in dem 220-Liter-Fass schwerer Rotwein gelagert. Etwa fünf Millimeter tief hat sich das Holz damit vollgesogen und genau diese Stärke wird er entfernen. Dann wird das Ganze wieder zusammengesetzt und der Brenner wirft den „Flammenwerfer“ an, um das Innere zu toasten. „Je mehr man toastet, desto mehr kommen die Tannine des Holzes zur Geltung und der Whisky wird süßlicher“, verrät er. Die Fässer sind dann innen „komplett kohlschwarz“. Dann geht‘s in den naturbelassenen Gewölbekeller und der Korn wird mit 58 Prozent Alkoholgehalt eingelagert. Fünf und mehr Jahre dauert die Reife, wobei pro Jahr das Volumen um vier Prozent abnimmt, denn im Lauf der Zeit findet ein Teil des Hochprozentigen den Weg durch die Maserung des Holzes. Der Brenner hat einen tatsächlichen Verlust zu beklagen. „Das Fassmanagement ist ganz wichtig“, sagt Dietmar Sigel. Vier Jahr währt die Grundreife, dann kommt der Korn in ein neu getoastetes Fass - wie lange, das bestimmt der Brenner mit Gaumen und Nase.