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Wenn die Flucht in die Kunst einfließt

Vernissage Die Werke aus dem Projekt „Resonanz – Menschen mit dem Herzen sehen“ von Kerstin Starkert waren in der Kirchheimer Linde zu sehen. Von Iris Häfner

Der zwölfjährige Mohanad malte zunächst Flüchtlingsboote.
Der zwölfjährige Mohanad malte zunächst Flüchtlingsboote. Foto: Jean-Luc Jacques

Da war Leben in der Bude: Im Mehrgenerationenhaus Linde kamen bei der Vernissage zur Ausstellung „Resonanz - Menschen mit dem Herzen sehen“ nicht nur Jung und Alt zusammen, sondern auch Menschen aus drei Kontinenten. Sie alle waren der Einladung von Kerstin Starkert gefolgt, die die Idee hatte, in ihrem Atelier in Dettingen ein Kunstprojekt für geflüchtete Menschen anzubieten. Die Werke, die dabei entstanden sind, wurden der Öffentlichkeit präsentiert.

Ausstellung Projekt RESONANZAusstellungseröffnung Resonanz in der Linde
Foto: Jean-Luc Jacques

Zum ersten Mal hat sich die Gruppe im August getroffen. „Jeder durfte sich etwas aussuchen: Zeichnen, Malen oder einfach nur in Kunstbüchern blättern. Es ist eine Herausforderung, die eigene Formensprache zu finden“, erklärte Kerstin Starkert. Nur ein Teilnehmer stammt aus einer Steinhandwerker-Familie, die auch künstlerisch tätig war, ein anderer ist in Literatur unterwegs. „Jeder hat etwas nach Deutschland mitgebracht. Das Ankommen war nicht so einfach“, erzählt sie und lobt ihre fleißigen Jungs. Kalligrafie, Malerei, Zeichnung sowie Ton- und Steinarbeiten waren die Genres. Der Spaß ist nicht zu kurz gekommen, trotz der Fluchterlebnisse, die das Projekt geprägt haben.

Mohamad, 19, widmete sich in Hocharabisch der Kalligrafie.
Mohamad, 19, widmete sich in Hocharabisch der Kalligrafie. Foto: Jean-Luc Jacques

 

Der zwölfjährige Mohanad kommt aus Syrien und war mit seinen drei Brüdern im Kurs. Zunächst malte er ein Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer, darauf Schiffe. Dann war dieses Kapitel abgeschlossen und es waren Fische dran. „Die türkischen Kalligrafie-Texte sind vom Sufismus geprägt und handeln davon, wie wir mit miteinander umgehen“, erläutert Kerstin Starkert. Ahmad ist erstaunt, als Ausstellungsgäste seine Arbeiten bewundern. „Das ist doch keine Kunst, das hat Spaß gemacht“, sagt er.

Hatte Spaß beim Malen und Zeichnen: Ahmad, 21 Jahre alt.
Hatte Spaß beim Malen und Zeichnen: Ahmad, 21 Jahre alt. Foto: Jean-Luc Jacques

Die Begrüßung in der Linde hat Tobias Sender übernommen. Ohne ihn wäre das Projekt mit diesen Teilnehmern nicht zustande gekommen, denn Kerstin Starkert war auf ihn zugekommen mit der Frage: Wie kann ich Kontakt zu Geflüchteten aufnehmen? „Das ging über die Beratungsstelle Chai, wo ich einen Männerkreis gehabt habe“, verriet Tobias Sender. Die Wege und Gründe auf und für Flucht ergeben viel Chaos auch im neuen Zuhause, ist seine Erfahrung. „Nicht nur nach außen ist es dramatisch, sondern auch innen. Der Kurs war eine fantastische Möglichkeit, wieder zu sich zu kommen; nach Zeichen und Symbolen zu suchen, um so herauszufinden: Was ist mit mir passiert, was ich so nicht sagen kann?“, sagte er.

Ausstellung Projekt RESONANZAusstellungseröffnung Resonanz in der Linde
Foto: Jean-Luc Jacques

Passend zu den internationalen bildenden Künstlern sorgte die Trommelgruppe „Linde‘s groove“, für die musikalische Umrahmung. Bei dieser Truppe trifft Europa auf Afrika. „Das ist ein Integrationsprojekt für alle“, sagt ein Trommler augenzwinkernd. Hier üben sich Einheimische gemeinsam mit Afrikanern in starken Rhythmen. Die Gruppe ist offen, wer Lust hat, kann dienstags von 18.30 bis 21 Uhr in der Linde vorbeischauen.

Ausstellung Projekt RESONANZAusstellungseröffnung Resonanz in der Linde
Foto: Jean-Luc Jacques
Ausstellung Projekt RESONANZAusstellungseröffnung Resonanz in der Linde
Foto: Jean-Luc Jacques
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Foto: Jean-Luc Jacques