Weilheim · Lenningen · Umland

Wenn die Schote mit dem Sellerie . . .

Gastronomie Beim „Valentinskochen“ in Kirchheims neuer Eventlocation „Kitchen Confidential“ bringt Koch Tobias Scheu zusammen, was die Teilnehmer nicht für möglich hielten, aber begeistert hat. Von Thomas Zapp

Valentinstag Kitchen Confidental mit Thomas ZappKoch Tobias Scheu Kochen Event
Valentinstag Kitchen Confidental mit Thomas ZappKoch Tobias Scheu Kochen Event

Valentinstag, das ist doch Kommerz, eine gemeine Erfindung der Geschenke-Industrie. Seinem Herzblatt kann man auch mal zwischendurch etwas schenken, wozu auf einen bestimmten Tag warten? Diese Ausreden haben bislang immer ganz gut gewirkt, um fehlende Valentinsgeschenke zu entschuldigen. Erstaunlich ist dann aber doch, mit welcher Begeisterung von Partnerseite ein gemeinsamer Kochkurs zu eben diesem ominösen Tag aufgenommen wird.

Schwebende Herz-Luftballons im Erdgeschoss des ehemaligen Showrooms eines Küchengeschäfts in Kirchheim und liebevolle Tischdekoration auf rustikalen Holztischen zeigen die Richtung an: Love is in the kitchen. Dennoch bleibt die Frage: Was ist von einem Valentins-Kochkus zu erwarten? Überkandidelte Liebesrezepte, die man nie wieder nachkochen kann? Koch und Kursleiter Tobias Scheu nimmt einem gleich zu Beginn dieselbige, mit viel Humor und einem kleinen Schuss Flapsigkeit - wohl dosiert wie bei seinem Umgang mit Salz und Butter. Eine seiner einfachen Regeln: Das Salz kommt beim Fleisch immer erst zum Schluss, und die Butter ist selten zu viel. „Fett ist nicht das Problem in unserer Nahrung, sondern Zucker“, sagt er. Ansonsten will er es einfach halten und vor allem Spaß mit seinen Gästen haben.

Der Owener stammt aus einer Metzger- und Gastronomenfamilie, hat aber nach der Schule zwei Semester Sprachwissenschaften studiert, um dann festzustellen, dass es ihn langweilt. Fasziniert haben ihn dagegen die „Geständnisse eines Küchenchefs“, das legendäre Buch des Autors und Kochs Anthony Bourdain. Die Faszination für das Kochen und die Produkte haben ihn bis heute nicht losgelassen. Über Stationen in der „Traube-Tonbach“ des damaligen Drei-Sterne-Kochs Harald Wohlfahrt, dem ehemaligen Kirchheimer Restaurant „Le Rendez-Vous“, dem „Top Air“ im Stuttgarter Flughafen und dem Feinkostmarkt Frischeparadies sowie der Ludwigsburger Kochschule Lange ist Tobias Scheu zum Gründer eines Start-ups geworden. Mit „Kitchen Confidential“ bietet er Kochkurse und Events in dem stilvollen Raum an der Dettinger Straße an.

Der schlaksige Mittdreißiger hat bewusst diesen Weg gewählt. „Als Koch im Restaurant verlierst du meiner Meinung nach den Bezug zum Gast und erlebst eine Entfremdung vom Lebensmittel“, glaubt er. Er mag es, die Leute an die Hand zu nehmen und zu gutem und bewusstem Essen zu führen. Der Deutsche gebe elf Prozent seines Einkommens für Essen aus und sei damit weltweit einer der Geizigsten, wenn es ums Essen geht, sagt er.

Darum geht es an diesem Valentins-Abend: Die Begeisterung für das Produkt wecken und sorgsam zubereiten. Das Kochen erlernen und mit fünf Rezepten nach Hause gehen: Fehlanzeige. „Rezepte bringen nichts“, ist Tobias Scheu überzeugt. Wie viel Salz hinzukommt, hänge immer auch von der Qualität des Produktes ab.

Wer beim Owener Jungunternehmer kocht, sollte keine Vorbehalte haben. „Mog i net, gibt‘s bei mir net“, sagt er. Außer Allergien oder Unverträglichkeiten gibt es keine Ausreden. Da wird die Runde gleich bei der glibberigen Vorspeise auf die Probe gestellt. Austern haben die wenigsten zuvor gegessen. Aber Tobias Scheu hat eine einfache Philosophie: Frittiert geht alles. Nach dem Öffnen der Schale und dem Check, ob noch Wasser enthalten war - „sonst ist sie tot“ - werden die Meeresfrüchte über die „Panierstraße“ geleitet: Mehl, Ei und Panko, eine japanische Panade. Dazu gibt‘s „Salty Fingers“, ein salziges Grün und Heringskaviar - das geht gut los.

Wer sich etwas Luxus für die heimische Küche leisten will, dem sei der Vakuumierer empfohlen. Die Barbarie-Ente wird dort mit Öl luftdicht verpackt und im Ofen bei 62 Grad vorgegart. Danach wird sie kreuzweise in die Haut geschnitten, angebraten und im Räuchertopf nachgegart: Erstaunlich wie schnell Räucheraromen entstehen. Dann kommt ein Gerät zum Einsatz, das einer der Gäste als Verlegenheitsgeschenk zu Hause stehen, aber noch nie benutzt hat: Der „Espumador“ sieht aus wie eine Thermoskanne mit Pistole und wird völlig zu unrecht vernachlässigt. Unter Anleitung von Tobias Scheu wird damit aus Sahne und Ziegenkäse ein Schaum gezaubert, der als Beilage mit karamellisierter Feige hervorragend harmoniert.

Das Hauptgericht, das von Tobias Scheu selbst im Schrank trocken gereifte (dry aged) Roastbeef vom Rind aus der Region wird auf der Teppanyaki, einer heißen Platte, die man aus japanischen Restaurants kennt, mit Butter oder Butteröl angebraten. Danach wird das Fleisch bei 54 Grad Kerntemperatur medium gegart. Die 54 gehört zu den Gradzahlen, die man sich in der Küche merken muss, so Tobias Scheu. Das Gute: Man muss sich im Wesentlichen nicht mehr kümmern und holt es aus dem Ofen, wenn es serviert wird: Es schmeckt wie Butter. Dazu gedämpfter Sellerie, mit Sahne und einer Vanilleschote püriert: ebenso einfach wie genial lecker. Sowieso die Vanille: Kann kaum hoch genug geschätzt werden, sagt der Koch.

Austern, rotes Fleisch, Sellerie, Artischocken, Chili? Richtig, hier geht es um Gerichte mit aphrodisierender Wirkung, es ist ja Valentinstag. Und wie das Geschenk ankam? Spaß, Geschmack und ein wenig Kochphilosophie haben fünf Stunden genussvoll zergehen lassen wie Butter. Es stimmt: Davon kann es eigentlich nie genug geben.

Valentinstag Kitchen Confidental mit Thomas ZappKoch Tobias Scheu Kochen Event
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Sarah Wiender plädiert dafür, möglichst nur das zu essen, was man auch selbst kochen kann. Foto: pr
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Valentinstag Kitchen Confidental mit Thomas ZappKoch Tobias Scheu Kochen Event
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