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Wie geht eigentlich gute Bildung?

Politik Missstände an den Schulen des Landes, empörte Lehrer und Eltern: Die SPD lotet in der Kirchheimer Linde aus, wo der Schuh drückt. Von Andrea Barner

In der Kirchheimer Linde haben Lehrer und Politiker das Schulsystem mit dem bildungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktio
In der Kirchheimer Linde haben Lehrer und Politiker das Schulsystem mit dem bildungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Dr. Stefan Fulst-Blei (links) diskutiert.Foto: Günter Kahlert

Die Kritik reicht von „völlig überlasteten Lehrern“ über „Kinder mit gestörtem Sozialverhalten“ bis hin zu „ungesundem Essen in der Schul-Mensa“. Einigen Pädagogen aus Kirchheim und Umgebung brennt die Schulpolitik des Landes Baden-Württemberg unter den Nägeln. Nicht allzu vielen allerdings, denn die SPD-Landtagsfraktion hatte zwar alle Schulen im Raum Kirchheim zur Diskussion eingeladen, gekommen war aber nur ein gutes Dutzend Lehrkräfte. Die allerdings hielten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg.

Die Parteien im Land sind sich in vielen bildungspolitischen Themen uneinig. Gemeinschaftsschulen, Inklusion, G8 oder doch lieber wieder neun Jahrgangsstufen am Gymnasium, Grundschulempfehlung ja oder nein? Neueste Studien besagen, dass es um die Bildung im Lande nicht rosig steht.

Eine Lehrerin aus Dettingen sagt: „Viele Kinder haben die Grundvoraussetzungen für einen normalen Lernbetrieb nicht mehr, sie können nicht mehr zuhören, sind gewalttätig und leiden unter Realitätsverlust.“ Ein Kollege bestätigt: „Manche Kinder können nach vier Jahren immer noch nicht lesen.“ Laut IGLU-Studien beträgt die Quote bis zu 20 Prozent. Viele Schulen sind zwar mit Computern und Programmen gut ausgestattet, doch die Internetanbindung ist schlecht.

Das Thema „Grundschulempfehlung“ ist auch noch nicht vom Tisch. Es gibt sie wieder, aber sie ist nicht verbindlich. „Dadurch werden die Kinder zum Spielball ihrer Eltern“, klagt ein Diskussionsteilnehmer, „die Schüler baden das aus.“ Manche Eltern wollen ihr Kind partout aufs Gymnasium bringen und zeigen sich gegenüber jeglicher Beratung resistent.

Jede Schule braucht eine Küche

Auch in Kirchheim ist das Mittagessen in der Schulmensa ein heikles Thema gewesen, in der Linde wurde es noch einmal aufgewärmt. Fernküchen mit stundenlangen Transportwegen sind nicht das Gelbe vom Ei. „In jede Schule gehört eine Küche mit Fachpersonal“, fordert Barbara Fröhlich, ehemaliges Mitglied im Landeselternbeirat und früher Leiterin einer großen Schulküche in Wendlingen. Bei all den Vorschriften bezüglich Nahrungsmittelinhalten und Allergien sind ehrenamtliche Helfer heillos überfordert. Und Essen aus der Alufolie kann doch keine gesunde Dauerlösung sein, meint sie.

Auch mehrere Mitglieder des Gemeinderats besuchen den Diskussionsabend in der Linde. Der Kirchheimer CDU-Stadtrat Klaus Buck stellt eine Kernfrage: „Wieso wird heutzutage noch jemand Lehrer?“ Der Referent des Abends in der Linde, Dr. Stefan Fulst-Blei, zitiert folgenden Satz eines Lehrers zu seiner Schülerin „Du willst Lehrerin werden? Bloß nicht . . .“ Das kann so nicht sein, meint der bildungspolitische Sprecher der SPD im Landtag. Baden-Württemberg braucht gut ausgestattete, moderne Schulen mit guten Arbeitsbedingungen und qualifizierten Pädagogen. Die Streichung von Lehrerstellen durch die ehemalige grün-rote Regierung hat sich als Fehler herausgestellt, Fulst-Blei würde das zurücknehmen. Er schlägt auch vor, Studienkapazitäten für Lehrer zu erhöhen. Eins ist der SPD klar: Zukunftsorientierte Schulpolitik kostet viel Geld. Schulgebäude müssen saniert und ausgebaut sowie eine digitale Infrastruktur geschaffen werden. Schüler in allen Bildungsstufen sollen individuell gefördert werden. Sprich: Die Sozialdemokraten fordern bessere Qualität in allen Bereichen.

Der bildungspolitische Abend in der Linde stand im Rahmen einer landesweiten SPD-Kampagne mit dem Titel „BildungsMUT - weil Schule mehr kann“. Die Oppositionspartei, die in der vorherigen Legislaturperiode selbst in politischer Verantwortung war, tourt mit Sachverständigen durchs Land und will „einen roten Faden in die Bildung bringen“, so der Kirchheimer Landtagsabgeordnete und Stadtrat Andreas Kenner. Die Erkenntnisse aus Kirchheim und von weiteren Veranstaltungen nimmt Stefan Fulst-Blei nun mit nach Stuttgart und will sie Kultusministerin Susanne Eisenmann nahebringen.