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Wie kommt Weihnachten in die Wurst?

Teamwork Das Geschmacksgeheimnis der weihnachtlichen Wurst mit Orangen- und Zimtgeschmack verrät Metzgermeisterin Anette Frik-Dietrich einigen interessierten Hobbywurstern bei einem Workshop. Text und Fotos von Thomas Krytzner

Foto: Thomas Krytzner

Bald ist Weihnachten. Die Innenstadt liegt bereits im festlichen Glanz, und langsam macht sich überall festliche Atmosphäre breit. Grund genug, sich über das Festtagsmenü Gedanken zu machen. Wer einmal etwas ganz Besonderes ausprobieren will, konnte kürzlich der Einladung zum Workshop von Anette Frik-Dietrich folgen. Die Metzgermeisterin verriet im Rahmen der „Weihnachtstuben“ bei Möbel Rau in Kirchheim, wie auch die gewöhnliche Bratwurst in den Weihnachtsmodus kommt. Schnell waren die freien Plätze belegt, und eine Gruppe aus Frauen und Männern wollte direkt bei der Herstellung der Weihnachtsbratwurst dabei sein.

Reist man in der Geschichte der Wurst zurück, muss man über 7 000 Jahre zurückspulen. Es steht nämlich fest, dass die Wurst - deren Begriff vom Vermengen, Rollen und Drehen stammt - bereits 5 000 vor Christus auf Zeichnungen und Malereien aus Ägypten, Syrien und China abgebildet war. Schon damals wussten die Fleischer, dass Salz der wichtigste Bestandteil beim Wursten ist. Ohne Salz entsteht keine Bindung der Masse und die Wurst hält nicht und ist auch nicht schnittfest. Dies gilt auch heute noch, wie Anette Frik-Dietrich der gespannt lauschenden Teilnehmerschar verriet.

Aller Anfang ist schwer. Das gilt auch für den Wurstworkshop. Denn: Gleich zu Beginn durften die Workshop-Teilnehmer entweder mit sterilen, bloßen Händen oder mit dünnen Plastikhandschuhen das Fleisch kneten. Die Metzgermeisterin hatte dazu Schweinefleisch vom Bauch und der Schulter bereits zerkleinert und durch den Fleischwolf gedreht. Nun galt es für die Hobbywurster, die Masse mit Salz zu binden und mit den weihnachtlichen Geschmacksnoten zu versehen. Neben Paprika, Pfeffer, Chili kamen da zusätzlich noch Orangenabrieb, Zimt und Kardamom mit in die Knetschale. Mit gekonnten und beherzten Handgriffen gelang es den Besuchern schnell, die Fleischmasse wurstbereit zu kneten.

Teamwork war beim eigentlichen Wurstproduktionsprozess gefragt. Anette Frik-Dietrich hatte eine kleine handbetriebene Wurstpresse dabei. Zuerst füllten die Hobbywurster die weihnachtlich gewürzte Fleischmasse komplett in einen zylinderförmigen Stahlbehälter ein. Dieser wurde danach in die Wurstmaschine eingehängt, und dann war erstmal Muskelkraft gefragt. Mit einer Handkurbel presste einer der Teilnehmer den Inhalt energisch nach unten, während eine andere Kursbesucherin die im warmen Wasser eingelegten Saitlinge - die Haut der Wurst - fingerfertig auf den Füller zog. In Kürze konnte nun mit dem Abfüllen begonnen werden. Das Ganze wiederholte sich mehrfach: Sobald die Kurbel weitergedreht wurde, dehnte sich einfach erneut Wurstmasse in die Haut.

Wahrscheinlich brauchen Metzgermeister weniger helfende Hände und sind deutlich schneller in der Produktion. Die Teilnehmer bewiesen jedoch Teamgeist und arbeiteten sprichwörtlich Hand in Hand. Während eine langsam kurbelte, passten zwei andere Hände auf, dass die Wurst nicht zu dick wurde und am Schluss der Produktionskette banden zwei weitere Hände die Würste in gleichlange Stücke ab. Um die zwölf Zentimeter sollten die rohen Würste lang sein. Dies gelang im Lauf der Zeit immer besser und schon bald konnten auf einer Platte die ersten rohen Resultate besichtigt werden. Die Metzgermeisterin zeigte sich von ihren Kurzzeitgesellen begeistert.

Unzählig sind die Rezepte für eine Weihnachtsbratwurst, die man im Internet findet. Auch in Kirchheim entstand solch eine Wurstsorte, allerdings mit original schlesischer Rezeptur. Am Workshop waren nun alle gespannt, wie die selbst hergestellte Bratwurst denn schließlich schmeckt. Schnell kamen die Rohlinge in die Bratpfanne, und es gab gleich einen nützlichen Tipp von der Expertin: „Langsam anbraten und nicht zu große Hitze, so platzt die Wurst nicht.“ Schon beim Zusehen, wie die Bratwürste langsam dunkler wurden, lief vielen das Wasser im Mund zusammen. Immer wieder prüfte Anette Frik-Dietrich, ob die Wurst denn schon durch ist.

Regelmäßiges Drehen und Wenden in der Bratpfanne gibt den Würsten das zum Reinbeißen verlockende Aussehen. „Man muss einfach Geduld haben“, pflichtete die Metzgermeisterin während des Bratens den hungrigen Zuschauern bei. Schließlich war es soweit: Keine der Würste war aufgeplatzt und Anette Frik-Dietrich prüfte die Schnittfestigkeit der soeben hergestellten Weihnachtsbratwurst. Sie schnitt die herrlich duftenden Würste in Scheiben und die Teilnehmer konnten ihre eigene Produktion kosten. Da wurden einige zu richtigen Gourmets und genossen ihre Wurst mit der weihnachtlichen Note sichtlich.

Schnell war denn auch die Lehrstunde in Sachen Weihnachtsbratwurst vorbei. Für manche viel zu schnell. Die Teilnehmer hatten Spaß daran, einmal selbst Hand anzulegen und Würste zu produzieren. Aus diesem Grund hatte Anette Frik-Dietrich eine Zugabe parat. Die Genießer konnten quasi als Kür nochmals in die Wursterei einsteigen. Dieses Mal gab es Salsiccia mit Fenchel. Salsiccia bedeutet im Italienischen auch nichts anderes, als pikant gewürzte Wurst. Fenchel ist dabei, wie die Wurstexpertin verriet, ein beliebter Wurstgeschmack in mediterranen Ländern. „Hier bei uns in Schwaben polarisiert Fenchel eher, manche mögen ihn, andere nicht.“

Tausendfach liegen Bratwürste und andere Köstlichkeiten im Sommer auf dem Grill. Jetzt zieht die traditionelle Bratwurst auch in die Advents- und Weihnachtszeit ein. Für die Teilnehmer des Workshops im Küchenhaus war es eine einmalige Erfahrung, zu kneten und pressen, um danach eine selbst produzierte Wurst in den Händen zu halten. Vielen wurde bei dem Kurs auch bewusst, wie vielfältig die Würzmöglichkeiten sind. Und sie kennen jetzt alle das Geheimnis der Weihnachtsbratwurst.

Foto: Thomas Krytzner
Foto: Thomas Krytzner
Foto: Thomas Krytzner
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