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Willkommen in Dettingen

Blick hinter die Zeltwand: Gestern kamen im Gewerbegebiet 116 Flüchtlinge an, nur 35 bleiben

Der Landkreis bekommt derzeit 270 Flüchtlinge in der Woche zugewiesen. 116 davon wurden gestern in der Dettinger Zeltstadt aufgenommen. Ein Besuch bei der Aufnahme zeigt: Pausen sind nicht immer erholsam.

In der Dettinger Zeltstadt gibt es wenig Privatsphäre. Dolmetscher wie Jamal Chaaban helfen bei der Aufnahme, dass der Start im
In der Dettinger Zeltstadt gibt es wenig Privatsphäre. Dolmetscher wie Jamal Chaaban helfen bei der Aufnahme, dass der Start im neuen Heim ein bisschen leichter fällt.Fotos: Carsten Riedl

Dettingen. „Der zweite Bus kommt“, ruft ein Mitarbeiter der Landkreises. Draußen im Sonnenschein bleibt er 30 Meter vor dem großen Zelt stehen. Endstation. Als die Türen aufgehen, steigen nur fünf Menschen aus. Der Rest wurde schon in anderen Unterkünften abgeliefert.

Es ist 12.15 Uhr. In der neuen Zelthalle im Dettinger Gewerbegebiet sitzen schon längst die ersten Flüchtlinge und füllen ihre Formulare aus. An drei Tischen sprechen sie mit Mitarbeitern vom Landkreis, ein Dolmetscher ist immer dabei. In der Dettinger Zelthalle werden Männer wohnen: Aus Syrien, dem Iran, Irak, Afghanistan und Gambia. Jeder von ihnen hat einen Zulassungsbescheid in der Hand: Darauf steht, wo die Reise hingeht. Die anderen Papiere aus der Erstaufnahmestelle hat der Busfahrer im Gepäck.

Über den Tag verteilt werden noch vier weitere Busse erwartet, doch nicht alle der Flüchtlinge werden in Dettingen wohnen bleiben: Ein Teil davon wird in andere Unterkünfte weiter kutschiert. Die aktuellen Zahlen sind vage: Innerhalb von 24 Stunden hat sich die Prognose, wieviele ankommen, schon dreimal geändert. Auch wann der letzte Bus in Dettingen sein wird, kann keiner sagen: Es sei auch schon vorgekommen, dass der letzte erst um Mitternacht da war, sagt Peter Keck vom Landratsamt. Es sind stürmische Zeiten.

Im Zelt hingegen geht es ruhig zu, die wenigen Angekommenen hat das Team schnell unter Dach und Fach gebracht. „Hier funktioniert der Ablauf reibungslos“, sagt Manfred Wilmsch, der die Aufnahme koordinierte. Zur Zeit passieren Aufnahmen in dieser Größenordnung jede Woche im Landkreis. Sobald die Formulare ausgefüllt sind, bekommen die Flüchtlinge einen Papierschnipsel. Damit können sie sich fürs Erste 200 Euro abholen. Wenn alle ihr Geld haben und die ersten Flüchtlinge schon auf dem Weg in die anderen Unterkünfte sind, heißt es für die Mitarbeiter warten. Glücklich über die Pause sind die wenigsten, im Gegenteil: „Die Leerläufe sind das Schlimmste“, findet Manfred Wilmsch. „Das zermürbt einen richtig.“ Er erntet zustimmendes Nicken von allen Seiten.

Zum Glück findet die Ruhe bald ihr Ende: Um 13 Uhr kommt die nächste Schwung an. Diesmal sind es zwei vollbesetzte Reisebusse aus Karlsruhe. Von Menschen in roten Kitteln werden die Flüchtlinge ins Zelt gelotst. Im Eingang bildet sich bald eine Menschentraube. Wilmsch begrüßt sie: „Willkommen in Dettingen!“ Mithilfe eines Dolmetschers erklärt er, was jetzt passiert. Dann rufen die Mitarbeiter die Flüchtlinge zu sich – Name für Name.

Als sein Bruder zu einem der Tische zitiert wird, bekommt ein Syrer Angst, sie würden getrennt werden und läuft hinterher. Viele der Männer sind mit Verwandten oder Freunden da: Ein Vater ist zum Beispiel mit seinen beiden Söhnen unterwegs, auch Geschwister oder Cousins sind dabei. „Wir achten bei der Verteilung darauf, dass die zusammen bleiben“, sagt Wilmsch. Bei manchen könne man das bei der Planung aber nicht wissen: Cousins haben zum Beispiel nicht immer den gleichen Nachnamen. In solchen Fällen wird spontan bei der Aufnahme reagiert. Mit den Flüchtlingen wird trotzdem einzeln gesprochen: Wo sind sie registriert, gab es schon eine Behandlung, sind Fingerabdrücke hinterlegt? Der besorgte Bruder muss sich noch ein paar Minuten gedulden, bis er dran ist.

Währenddessen beziehen einige schon ihre Betten: In 25 Abschnitten stehen in der Zelthalle jeweils vier Betten. Abgetrennt sind die Bereiche nur durch abgedeckte Zäune. „Diese Unterkünfte sind der Not geschuldet“, betont Peter Keck. Am Ende des Tages landen statt geplanten 80 nur 35 Flüchtlinge in Dettingen. Den Rest erwartet Manfred Wilmsch in den kommenden Tagen.

Flüchtlinge in Dettingen ein. Notunterkunft Zelt
Flüchtlinge in Dettingen ein. Notunterkunft Zelt
Arif JafariDolmetcher  für das Landratsamt (Rentner)Flüchtlinge in Dettingen ein. Notunterkunft Zelt
Arif JafariDolmetcher für das Landratsamt (Rentner)Flüchtlinge in Dettingen ein. Notunterkunft Zelt